Das Schiff der Hoffnung
Policia!«
Und weiter rasten sie durch das nächtlich erleuchtete, elegante, aus Tausenden Lichtern glitzernde, reiche Bari. Corso Vittore Emanuel II … um die Ecke wie ein Irrer in die Via Sparano … hinunter zur Piazza Umberto.
Das Haus der Kriminalpolizei. Unscheinbar. Eine Toreinfahrt. Falcioni hupte, bog in vollem Tempo auf das Haus, durchraste die Toreinfahrt, es gab einen Schlag, als das Gepäck vom Dach gerissen wurde, denn die zweiteiligen Tore waren nur unten geöffnet worden, dann flogen Erika und Karl nach vorn gegen die Sitze und stellten erschöpft und in den Knien zitternd fest, daß die Fahrt endlich ein Ende hatte.
»Ich sage nie mehr was, Karli …«, stammelte Erika, als sie auf sicherem Boden im Hof des Hauses stand. »So etwas könnte ich nicht noch einmal ertragen.«
»Und dabei ist die Unfallziffer in Italien geringer als bei uns.« Haußmann streckte sich. »Ich komme mir vor wie ein vom Schafott Geretteter.«
»Bitte mitkommen!« sagte ein Beamter, der aus einer Seitentür in den Hof kam. »Der Capitano erwartet Sie schon.«
»Die Situation hat sich geändert«, sagte der Leiter der Mordkommission von Bari, als Erika und Karl ihm in dem engen, muffigen Büro gegenübersaßen und bestätigt hatten, daß die Bilder in den Pässen wirklich stimmten und Hellberg, Marion und Claudia vorausgefahren waren, um Schiffskarten zu besorgen. »Vor einer Stunde ist ein neuer Mord verübt worden. Wieder an einem Mann, der 20 Kapseln HTS aus Sarajewo mitgebracht hatte. Die gleiche Tötungsart. Mit einem scharfen, großen Messer die Kehle durchschnitten. In einer Pension in der Nähe der Molo S. Nicola. Wir haben auch eine Spur. Ein Mann mit einem struppigen Bart, der natürlich falsch ist. Aber es steht nun fest, daß Signore Hellberg und die beiden Signorinas nicht als Täter in Betracht kommen.«
»Welches Glück, daß der Mörder wieder mordete.« Haußmann sah den Capitano wütend an. »Man hätte sonst unseren Freunden wirklich den Prozeß gemacht.«
»Wem kann man noch trauen, Signore?« Der Capitano erhob sich, küßte Erika vollendet die Hand und klopfte Karl freundschaftlich die Schulter. »Vor sich selbst hat man ja bald Angst. Gute Fahrt nach Dubrovnik und viel Glück in Sarajewo.« Und als Erika schon vorausgegangen war, hielt er Karl noch einmal zurück. »Glauben Sie an diese Pillen, Signore?«
»Nein. Aber man soll einem Kranken nie die letzte Hoffnung nehmen. Die Hoffnung ist das letzte menschliche Gefühl, das stirbt.«
»Viel Glück!« Noch einmal gab der Capitano Haußmann die Hand. In seiner Stimme lag ehrliche Teilnahme.
Im Hof warteten schon Hellberg, Claudia und Marion. Man hatte sie aus dem Untersuchungsgefängnis gebracht. In zwei dunklen Zellen der Carabinieri-Kommando-Zentrale in der Lungomare Nazario Sauro hatten sie nun 96 Stunden wartend verbracht, waren vorzüglich verpflegt worden, aber niemand hatte ihnen gesagt, was nun geschehen würde. Plötzlich hatte man sie abgeholt, und nun standen sie im Hof der Kriminalpolizei auf dem Corso Italia.
Das Wiedersehen war herzlich. Man umarmte sich; sogar Erika gab Marion die Hand und sagte: »Mein Mann hat mir alles erzählt. Ich muß Ihnen wohl danken …«
Alles erzählt? Marion warf einen Seitenblick auf Karl, der mit Hellberg eine laute Debatte über die italienische Polizei führte und vorschlug, eine dicke Beschwerde beim Konsulat, ja bei der Botschaft in Rom loszulassen. Alles! Was hatte er erzählt?
Dann standen sie alle auf der Straße, dem breiten Corso Italia, gingen hinunter zur Piazza Roma und zum Hauptbahnhof und setzten sich auf die Terrasse eines der vielen Cafés.
»Nun fangen die Probleme erst an«, sagte Frank Hellberg, als sich Karl und Erika durch einen Fruchtsaft und Cassata-Eis von der Fahrt mit Falcioni gestärkt hatten. »Wir haben keine Wohnung mehr, keine Schiffskarten und einen Paß zu wenig. Claudias Tasche, die der Mörder aus unserem Zimmer gestohlen hat, um den Verdacht auf uns zu lenken, ist zwar da, aber ohne Inhalt. Der Paß fehlt mit allen anderen Sachen. Wer weiß, wo der Kerl alles hingeschüttet hat. Verdammt, ich werde das Gefühl nicht los, daß der Hausdiener auch der Mörder ist!«
»Um Gottes willen, bloß kein Sherlock-Holmes-Spiel!« Haußmann hob abwehrend beide Hände. »Wir haben schon genug Ärger. Wir wollen froh sein, daß wir hier gemütlich sitzen können. Und was die Zimmer betrifft – das macht Karl Haußmann schon!«
Er breitete einen Stadtplan von Bari aus,
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