Das Schiff der Hoffnung
konnte man nirgendwo.
Frank Hellberg war mit einem leisen Satz durch die angelehnte Tür im Ruderhaus und hinter dem Matrosen.
Er drückte ihm den Lauf der Pistole in den Rücken und schlug mit der linken Hand auf die Schulter des Mannes. Der Matrose stieß einen glucksenden Schrei aus, aber dann schwieg er, denn den kleinen Druck in seinem Rücken konnte er genau deuten.
»Nach Dubrovnik!« sagte Hellberg kalt. »Navigare Dubrovnik! Avanti …«
Es war ein schauderhaftes Italienisch, aber der Matrose verstand es. Er schüttelte langsam den Kopf.
»Nix Dubrovnik«, sagte er heiser vor Angst. »Isch nix navigare. Nix weiß … Nix capito navigare …«
Frank Hellberg atmete tief auf. Der Schweiß lief ihm über das Gesicht. Er spürte, wie er am ganzen Körper zu zittern begann.
Die Verständigung im Primitiven klappte vorzüglich. Der Matrose wußte selbst nicht, wo sie sich befanden, wohin sie fuhren. Das wußten nur Saluzzo und sein Kapitän Luigi Foramente.
Frank Hellberg drückte den Pistolenlauf tiefer in den Rücken des Matrosen. Gehorsam ließ er das Steuerrad los und stellte sich, die Hände im Nacken gefaltet, mit dem Gesicht an die Scheibe.
»Bene, bene!« sagte Hellberg gepreßt. Er trat an das Ruder, blickte auf den für ihn völlig sinnlosen Kreiselkompaß und den glitzernden, wandernden Finger des Radarstrahles auf dem Schirm. Dann drehte er an dem Steuerrad so lange, bis die schnelle, weiße Jacht einen weiten Bogen fuhr und Hellberg meinte, das Schiff gedreht zu haben, so daß es nun dorthin zurückkehren würde, von wo sie gekommen waren. Zurück nach Italien.
Hellberg warf einen Blick über das unendliche Meer. Nach allen Himmelsrichtungen sah es gleich aus, eine herrliche Bläue, die an den Himmel stieß. Nach der Sonne sich zu orientieren, war im Augenblick nicht möglich; sie stand direkt über ihnen.
Mit schäumendem Kiel raste die weiße Jacht durchs Meer. Unten im Maschinenraum schien man nicht bemerkt zu haben, daß die Richtung sich völlig geändert hatte. Hellberg umklammerte das Ruder und sah hinunter auf Deck, ob sich dort etwas rührte. Die Pistole lag schußbereit auf dem Kreiselkompaßgehäuse. Aus dem Kabinengang kam Juanita Escorbal. Sie hatte einen Spitzenschal um die Schultern geworfen und rannte nun die Treppe zum Ruderhaus hinauf. Claudia folgte ihr, und dann stürzten die anderen Mädchen an Deck. Sie hatten in den Händen, was sie gerade gefunden hatten: Eisenstangen, eine Axt, ein Stück dickes Drahtseil, eine Holzstange.
»Wohin fahren wir?« rief Juanita schon auf der Treppe zur Kommandobrücke.
»Ich weiß es nicht.« Frank Hellberg zeigte mit einer weiten Handbewegung über das Meer. »Ich habe noch nie ein Schiff gesteuert. Aber irgendwie werden wir schon ankommen.«
»Lassen Sie mich, Frank.« Juanita beugte sich über den Kreiselkompaß. »Mein Bruder hatte eine Jacht, Sie wissen es ja. Ich habe manches von ihm gelernt. Geben Sie mir das Ruder. Kümmern Sie sich um die andere Besatzung. Die Leute im Maschinenraum und in den Mannschaftskojen haben wir eingeschlossen. Aber zwei Stewards sind noch in der Kombüse …«
Hellberg ließ das Ruder los und rannte die Treppe hinunter an Deck. Und zum Beweis, daß der Kampf erst begonnen hatte, schwiegen plötzlich alle Maschinen. Rauschend bohrte sich der Kiel noch einmal durch das blaue Wasser, dann glitt die weiße Jacht lautlos auf dem spiegelnden Meer. Die Männer im Maschinenraum streikten. Von der Kombüse rannten die beiden Stewards herbei.
Frank Hellberg zog die Pistole und ging hinter dem Ruderhaus in Deckung.
»Stop!« schrie Hellberg. »Hands up!« Das war ein Ausdruck, den jeder verstand, ob Italiener oder Kroate. Die Stewards blieben stehen, sprangen dann zur Seite und nahmen Deckung hinter der aufgeklappten Tür des Kabinenganges. Auf der Brücke stand Juanita Escorbal und unterhielt sich durch das Sprachrohr mit dem Maschinisten im Maschinenraum.
»Ich würde raten«, sagte sie ruhig, aber mit großem Nachdruck, »daß ihr die Maschinen wieder laufen laßt. Es hat doch keinen Sinn, toter Mann zu spielen. Wollt ihr hier herumtreiben, bis ihr verhungert?«
»Verdammtes Weibsbild!« Der Maschinist spuckte in das Sprachrohr. Ohnmächtiger Zorn war es, und Juanita lachte laut. »Ich zerschlage alle elektrischen Verteiler.«
»Und dann? Willst du über Bord zu den Haien, du Idiot?« Juanita steckte den Pfropfen auf das Sprachrohr und blickte hinunter auf das Deck.
Dort hatte sich in wenigen Minuten
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