Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
griff er nach hinten, nahm die kalte Hand Erikas und ging zu den angebotenen Sesseln ans Bett.
    Lord Rockpourth musterte Haußmann mit grauen, ungemein lebendigen Augen, die gar nicht zur Verfassung seines Körpers paßten. Es waren die Augen eines Mannes, der zeit seines Lebens nur befohlen hatte.
    »Ich hörte, Sie sind Deutscher?« sagte er und nickte dabei Erika zu.
    »Ja, mein Herr.« Haußmann dachte krampfhaft darüber nach, wie man einen Lord anredet. Mylord, das kannte er. Aber da er sich nicht sicher war, ob es hierher paßte, unterließ er es.
    »Nennen Sie mich James«, sagte Lord Rockpourth.
    »Aber ich kann doch nicht …« Haußmann warf einen Seitenblick auf Erika.
    »Wir sitzen nicht nur im gleichen Schiff, sondern auch im gleichen Boot des Schicksals.« Lord Rockpourth lehnte sich etwas zurück. »Man hat mir gesagt, ich sei unrettbar an Krebs erkrankt. Pankreaskrebs, eine gemeine Art des Krebses. Wenn man ihn entdeckt, ist es zu spät. Alle Sprüche von Früherkennung sind Blödsinn. Ich hatte die besten Ärzte, sie haben meinen Bauch jahrelang geröntgt, fotografiert, durchleuchtet. Alles nervös, sagten sie. Sie sind kerngesund, Mylord. Und was bin ich wirklich? Sehen Sie mich an! Ist es denkbar, daß ich einmal zehn Preise im Reitturnier gewonnen habe? Parforcejagden habe ich geritten, wie ein roter Teufel. Nun, wo es zu spät ist, sagen sie die Wahrheit … und heben dumm die Schultern. Aber ich gebe nicht auf, mein Bester. Ein Lord Rockpourth gibt nie auf! Seit einem Jahr fahre ich durch die Welt. Wo ein neues Mittel gegen den Krebs angeboten wird, wo man forscht, wo ein Funken Hoffnung glimmt, bin ich da. Ich habe bisher 200.000 Pfund dafür ausgegeben. Nun geht es nach Sarajewo.« Lord Rockpourth zog den Totenschädel noch weiter in die Kissen hinein. »Glauben Sie an das HTS?«
    »Ja«, sagte Haußmann fest. »Wären wir sonst auf dem Schiff?«
    »Sie sehen blühend aus, Mrs. Haußmann.« Lord Rockpourth schüttelte den Kopf. »Welcher Idiot hat Ihnen einen Krebs angedichtet?«
    »Wir haben die Röntgenbilder gesehen«, sagte Erika ohne Erregung in der Stimme. Für sie war die Krankheit nun eine Tatsache, mit der man fertig werden mußte. Was halfen Klagen und Panik, Angst und Tränen? Sie war noch jung, ihr Körper hatte noch die Kraft, sich gegen die Krankheit zu stemmen, und wenn die Pillen des Dr. Zeijnilagic auch nur eine kleine Wirkung haben würden … vielleicht genügte das als Initialzündung, um den Tod in ihr zu besiegen. Ganz fest glaubte sie nun daran.
    »Es ist lächerlich, aber auch ich glaube an dieses HTS.« Lord Rockpourth klopfte die Bettdecke um sich flach und strich sich dann über den Mumienkopf. »Ein Vermögen habe ich für Scharlatane und Großsprecher ausgegeben. Ich habe Rote-Beten-Saft gesoffen, habe mich magnetisieren lassen, bin bestrahlt worden und habe Tränke geschluckt, die wie Jauche schmeckten. Von den Pillen, Tabletten, Dragees und Pülverchen wollen wir gar nicht sprechen. In Japan war ich und habe Bambusgraspulver gefressen, und ein französischer Arzt kam zu mir und beschien mir 14 Tage lang meine Bauchdecke mit einer blauen Lampe. Dann schmiß ich ihn 'raus! Ja, und nun ist es soweit, daß meine Verwandtschaft, die sich seit drei Jahren versammelt, um meinen Tod zu sehen und auf ihr Erbe zu warten, mich für einen Verrückten hält, der sein Vermögen zum Fenster hinauswirft. Auch mein Neffe Robert, der elegante Robert, Sie kennen ihn. Mein Lieblingsneffe, aber ein Windhund. So windig, wie ich in der Jugend war – darum mag ich ihn. Ich habe den Verdacht, daß er im Auftrage meiner jüngeren Brüder und vor allem deren Frauen handelt und es verhindern will, daß ich Sarajewo erreiche. Er hetzt mir diesen Dr. Mihailovic auf den Hals, der in seinem Suff noch nicht einmal meine Armvene findet! Und er tut alles, um mir klarzumachen, daß ich zu sterben habe, weil ich reif dazu bin. Ha!« Der Totenschädel begann wild zu schwanken. »Ich lebe noch! Und ich werde weiterleben! Sarajewo, ich spüre es, wird mich retten.«
    Lord Rockpourth sah Karl Haußmann und Erika lange an, ehe er weitersprach. Haußmann schwieg. Was sollte man darauf sagen? Ein Sterbender klammert sich an die große Hoffnung. Auch hier war es wieder deutlich: Niemand, außer einem Lungenkranken, glaubt so sehr an eine Gesundung wie ein Krebskranker. Verstohlen sah er zur Seite auf Erika. In ihren Augen las er, daß sie den alten Lord verstand.
    »Können wir Ihnen helfen?« fragte

Weitere Kostenlose Bücher