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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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weiter und so schwach zu sehen, als wäre dem Maler hier die Farbe – das Blut – ausgegangen, befindet sich ein Handabdruck. Die Signatur des Künstlers, etwa so groß wie die Hand des Mädchens.
    Einen Moment lang hat das unbekannte Wesen, das die Kleine von der Aussichtsplattform entführt hat, hier angehalten und Kratzer und Furchen hinterlassen, während das Mädchen eigene Markierungen an der Wand anbrachte. Gezeichnet mit dem eigenen Blut.
    Es bleibt keine Zeit, sich darüber zu wundern und zu ängstigen oder zu verzweifeln. Ich habe Hunger und
Durst und muss weiterziehen. Muss versuchen, das Nachdenken zu unterlassen und regelmäßig zu atmen. Ehe ich es merke, habe ich bereits das Schachtende erreicht. Fast wäre ich mit dem Kopf gegen den großen Deckel gestoßen, der auf einer Seite so weit angehoben ist, dass ich mich hindurchwinden kann.
    Schätzungsweise bin ich etwa zweihundert Meter Richtung Zentrum gestiegen. Wenn die äußere Schiffshülle so dick ist, wie ich annehme, bin ich trotzdem nicht viel weiter zum Kern des Schiffes vorgedrungen. Doch zumindest habe ich den Schacht jetzt hinter mir. Die Anstrengung hat mich so erschöpft, dass ich mich einen Moment lang nur treiben lassen möchte.
    Irgendwo aus dem Schiffsinnern dringt ein tiefes, rhythmisches Geräusch – so regelmäßig wie das Atmen –, das aus weiter Ferne zu kommen scheint. Ja, es klingt so, als atmete das ganze Schiff, begleitet von leisen, ruhigen Herzschlägen.
    Nachdem ich mich durch die Lücke zwischen Deckel und Schacht nach draußen gezwängt habe, halte ich mich mit einer Hand am Deckelrand fest und drehe mich um die eigene Achse, um die Umgebung zu inspizieren. Erstmals befinde ich mich in einem Raum, der menschliche Größenmaßstäbe zu berücksichtigen scheint. Ein Aufenthaltsraum, ein Zimmer für Menschen meiner Art, für Menschen mit ähnlichem Hintergrund.
    Während ich mich mit einer Hand abbremse, hole ich tief Luft. Dieser Raum oberhalb des Schachts ist langgestreckt, niedrig und schmal. Klobige Umrisse
tauchen weiter hinten auf dem »Fußboden« auf. Da Zwielicht herrscht, kann ich nicht genau sagen, ob es Möbel sind. Wie überall in diesem Schiffskörper sind in die Wände winzige Lampen eingelassen, doch hier strömt das Licht so von einer Stelle zur anderen, als kräuselten sich Wellen auf einem Teich. Wegen dieses hin und her flutenden Lichts kommt es mir so vor, als wäre das Schiff lebendig und hielte ein Auge auf mich …
    Nicht, dass ich mich daran erinnern könnte, jemals an einem Teich gewesen zu sein. Viele Dinge in meinem Gedächtnis haben keine Entsprechung in meinem wirklichen Leben.
    Und das gilt auch für die Gerüche. Hier riecht es, glaube ich, leicht nach Holzkohle. Meine Augen haben sich dem Licht zwar schon angepasst, aber um mich zu orientieren, muss ich den Raum mit allen Sinnen erfassen. Deshalb lasse ich mich langsam von der Decke hinunter, treibe auf die unförmigen Objekte zu und stelle dabei fest, dass dieser Raum tatsächlich ein Unten und Oben hat und für den Zustand der Schwere ausgestattet ist. Als ich die Objekte – Möbel? – abtaste, merke ich, dass sie deshalb so unförmig wirken, weil sie zusammengeschmolzen sind. Oder sind es Möbelstücke, die nicht fertiggestellt wurden? All diese Liegesessel, Stühle und Tische ähneln Büschen oder Bäumen, die teilweise von einem Brand verzehrt wurden. An meinen Fingern bleibt öliger Ruß kleben. Vor einiger Zeit muss eine Feuersbrunst durch diesen Raum gefegt sein. Als ich die Wand mit zusammengekniffenen Augen
mustere und näher heranschwebe, erkenne ich überall große Rußflecken. Bei dem Brand haben sich bestimmt viele der in die Mauer eingelassenen Lämpchen überhitzt. Ich betaste sie so vorsichtig, als wären es vom Feuer versengte Körper, und mustere die winzigen Vertiefungen. Viele Lämpchen sind durchgeschmort.
    Durch die ätzend riechende Luft lasse ich mich auf die hintere Wand zutreiben, denn dort ist mir eine weitere kreisrunde Platte aufgefallen, die leicht herausgefahren ist und sich einen Spalt geöffnet hat. Durch die Hitze hat sie sich verzogen und lässt sich nicht mehr bewegen. Falls es mir gelingt, mich durch den Spalt zu quetschen, kann ich vielleicht zu den benachbarten Räumen vorstoßen, die das Zentrum vermutlich kreisförmig umgeben.
    Doch im Augenblick möchte ich nur ausruhen. Einen Schluck Wasser aus der Flasche trinken. Den Rest des Nährriegels essen und überlegen, ob ich auch das Wasser der

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