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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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riecht nach Kaffee, stimmt’s?«, sagt die Frau, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Dabei weiß ich eigentlich gar nicht genau, was Kaffee ist. Weißt du’s?«
    »Nein, bisher nicht.«
    Ich bin vor allem froh, mit der Gruppe zusammen zu sein und wieder Begleitung zu haben, aber ich habe auch Angst. Bestimmt wird mir das, was die drei mir zeigen wollen, überhaupt nicht gefallen. Das schließe ich daraus, dass die Frau jetzt noch deprimierter wirkt
als vorhin. Und der Junge noch nervöser und aufgedrehter – so, als erwartete er etwas Schlimmes, das für ihn zugleich einen angenehmen Nervenkitzel darstellt.
    »Wie lange bist du schon wach?«, fragt er mich.
    »Ein paar Tage. Noch nicht lange.«
    Als wir die andere Seite des Dschungels erreichen, sehe ich, dass dort eine Tür offen steht.
    »Die hier schließt sich nie«, erklärt der Junge. »Sie leitet die Gartendüfte in unsere Räume.«
    »Riecht zwar lieblich, aber mittlerweile geht mir dieser süßliche Gestank auf die Nerven. Muss wohl irgendwann weiterziehen«, bemerkt die Frau und schlingt einen Arm um das Mädchen, dem das offensichtlich nicht gefällt. Wahrscheinlich ist es einfach zu erschöpft, um sich dagegen zu wehren.
    »Diesmal bist du mit der Führung dran«, sagt der Junge. Es klingt so, als wäre das ein ständiger Streitpunkt zwischen ihm und der Frau.
    Sie tritt als Erste durch die Tür und fordert mich mit einer Geste auf, ihr zu folgen.

Zu viel Lernstoff für den Lehrer
    D ie Tür führt zu einem kurzen Gang, der sich mit einem anderen kreuzt. An der Kreuzung bleibt der Junge kurz stehen und breitet die Arme zum Willkommensgruß aus. »Hier sind wir zu Hause!«
    Die in die Wände eingelassenen Lämpchen spenden, verglichen mit der Gartenbeleuchtung, zwar nur schwaches Licht, aber es ist trotzdem deutlich zu sehen, dass der längere Gang, der sich über viele Hundert Meter erstreckt, von zahllosen Türen gesäumt wird. Liegen hinter all diesen Türen Zimmer? Die Decke oder – je nach Perspektive – Innenwand ist zwar lichtdurchlässig, gibt aber nichts preis, da die inneren Räume des Schiffskörpers im Schatten verborgen sind. Ich kann lediglich einige trübe Lichter und vage Umrisse erkennen. Sind das hier die Räume, in denen die Siedler untergebracht werden, wenn alle wach sind und sich auf die Landung vorbereiten?
    Der Junge stolziert voran, während das Mädchen fünf, sechs Schritte hinter ihm zurückbleibt. Die Frau geht unmittelbar hinter mir (und rückt mir meinem Empfinden nach allzu sehr auf den Leib). Nach etwa vierzig Metern – wir sind an jeweils sechs Zimmern rechts
und links vorbeigelaufen – kühlt die Luft unvermittelt ab. Hier ist es eiskalt. Und ich habe das seltsame Gefühl, dass es hier immer kalt ist.
    Eine der Türen ist größer als die anderen und führt zu einem weiteren langen Gang, der am Ende bläulich ausgeleuchtet ist. Die Frau bleibt kurz stehen, streckt einen Arm aus, schnalzt mit den Fingern und wendet sich nach links, um entgegen dem Uhrzeigersinn weiterzugehen. Unsere neue Welt dreht sich um ihre eigene Achse, entgegengesetzt zur Rotationsrichtung um ihre Sonne – das Beste, was uns passieren konnte. Wo kommt das jetzt her? Zweifellos aus der Traumzeit. Aber vielleicht sind meine Erinnerungen an diesen Teil falsch oder lückenhaft?
    »Hat jemand eine Karte dabei?«, frage ich.
    »Wir brauchen keine«, gibt der Junge scharf zurück. »Wir bleiben ja fast immer hier.«
    »Wo kommen eigentlich all diese Kreaturen her?«, frage ich die Frau. »Ich meine die im Garten, die Reiniger und das Sägezahnmonster?«
    »Manche sind wichtige Elemente«, erwidert sie. »Mehr weiß ich auch nicht.«
    »Sie meint immer, sich an solche Dinge erinnern zu müssen«, wirft der Junge ein. »Aber es will einfach nicht heraus aus ihr.« Zur Verdeutlichung steckt er einen Finger in den Hals und tut so, als müsste er kotzen. Dann legt er den nassen Finger an die Stirn und zieht eine Grimasse. »All das bringt sie völlig durcheinander.«
    »Tja, das ist bestimmt nicht angenehm«, erwidere ich.

    »Ich weiß überhaupt nichts mehr aus der Traumzeit«, fährt der Junge fort. »Ist wohl auch besser so. Du behauptest also, das hier sei ein Schiff. Ich hab das nie so gesehen. Dieses Ding zieht sich einfach endlos hin, und gewisse Leute sitzen darin fest, basta.«
    Er führt mich in einen weiteren Gang, der in eine breite Röhre übergeht. Der Fußboden setzt sich hier zwar fort, aber wir laufen durch einen langgestreckten

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