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Das Schlangennest

Das Schlangennest

Titel: Das Schlangennest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Alexander
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nicht früher einmal erzählt, daß Joyce schlafwandelt?"
    "Ja, aber damals war sie erst knapp drei Jahre alt. Seitdem ist es nicht mehr vorgekommen. Sie..." Laura schrie leise auf. "Du meinst, sie könnte nachts aufgestanden sein und etwas gesehen haben?"
    "Die Vermutung liegt allerdings nahe."
    "Es wäre furchtbar. Wie soll denn ein siebenjähriges Mädchen mit so etwas fertigwerden?" Lady Hammond schlug die Hände vors Gesicht und begann bitterlich zu weinen. "Ich kann ja noch verstehen, daß Maud Willis sich an Richard rächen wollte, aber wa rum an mir und den Kindern?"
    "Laura, wen immer du in jener Nacht gesehen hast, es war ganz sicher nicht Mauds Geist", beschwor Daphne ihre Schwester.
    "Ich weiß, was ich gesehen habe, Daphne", beharrte Laura. "Der Mond schien ins Zimmer. Für einen Augenblick wandte sich die Gestalt um. Ich konnte deutlich erkennen, daß sie kein Gesicht hatte. In der Hand hielt sie meinen Brieföffner. Sie lachte. Sie lachte so laut, daß es mir noch jetzt in den Ohren schallt."
    Dr. Ralph Gregson erwartete Daphne auf dem Parkplatz der Haftanstalt. Er ging ihr entgegen. "Sieht aus, als könnten Sie eine kleine Aufmunterung vertragen", meinte er mitfühlend. "Dort drüben ist ein Teehaus. Setzen wir uns etwas?"
    Daphne schüttelte den Kopf. "Ich könnte nicht in der Nähe der Haftanstalt ruhig Tee trinken", gestand sie. "Warum gehen wir nicht zum Strand hinunter und setzen uns auf einen der Felsen? Sicher gibt es trotz des Touristenrummels auch dort ein ruhiges Fleckchen, wo man relativ ungestört ist."
    "Ich kenne sogar eines", erwiderte Ralph. "Fahren Sie mir nach." Er brachte sie zu ihrem Wagen. "Als Kind habe ich dort oft g espielt."
    Wenig später parkten sie ihre Wagen vor einem kleinen R estaurant, das etwas außerhalb der Stadt lag, und stiegen die Stufen zum Strand hinunter. Hoch über ihnen türmten sich gigantische Klippen. Daphne mußte immer wieder nach oben schauen. Es sah aus, als würden die Felsen nur darauf warten, sich auf sie zu stürzen.
    Ralph führte sie ein Stückchen am Strand entlang. "Jetzt mü ssen wir die Schuhe ausziehen", sagte er und bückte sich hinunter, um seine Schnürsenkel zu lösen.
    Daphne tat es ihm nach. Das Wasser umspielte kalt ihre Füße. Sie folgte ihm um eine hervorstehende Klippe. Vor ihnen lag ein wi nziger, von hohen Felsen umschlossener Sandstrand.
    "Na, habe ich zuviel versprochen?" fragte der junge Anwalt. Er zog sein Jackett aus und breitete es am Fuß der Fe lsen aus. "Bitte."
    "Danke." Daphne setzte sich. Sie griff in den weichen Sand und ließ ihn durch ihre Finger rinnen. "Es war eine gute Idee hie rherzukommen", meinte sie.
    "Ich habe nur gute Ideen", erklärte Ralph grinsend und ließ sich neben sie in den Sand fallen. Flüchtig berührte er mit zwei Fingern ihre Stirn.
    Daphne empfand die leichte Berührung als angenehm. Für einen Augenblick wünschte sie sich, er würde sie in die Arme nehmen und festhalten. Sie war immer so stolz darauf gewesen, jedem Sturm trotzen zu können, aber nun spürte sie, daß sie auch nur ein Mensch war und daß sie viel für eine Schulter gegeben hätte, an der sie sich ausweinen konnte.
    "Haben Sie etwas Neues erfahren?" fragte er.
    Die junge Frau schüttelte den Kopf. "Nein, leider nicht. Laura beharrt nach wie vor darauf, Maud Willis gesehen zu haben. Ich glaube ihr. Laura konnte schon als Kind nicht lügen, ohne sofort dabei ertappt zu werden. Könnte sich nicht jemand als dieser Geist verkleidet haben?"
    "Möglich wäre es." Ralph blickte auf das Meer hinaus. "Aber dann hatte dieser jemand es bewußt darauf angelegt, von Ihrer Schwester gesehen zu werden. Dann wollte man, daß Lady Ha mmond diese Geisterstory erzählt."
    "So sehe ich es auch." Daphne wandte ihm ihren Blick zu. "Sieht aus, als würden Sie nicht mehr an Lauras Unschuld zwe ifeln", bemerkte sie froh.
    "Ich bin immer noch nicht hundertprozentig überzeugt", gab er zu. "Davon abgesehen, habe ich eine gute Nachricht. Man hat Ihnen das vorläufige Sorgerecht für die Kinder zugesprochen." Er grinste spitzbübisch. "Es ist immer gut, wenn man Freunde an den richtigen Stellen sitzen hat. Der zuständige Sachbearbeiter war mir noch einen Gefallen schuldig."
    "Sie sind ein Engel!" stieß Daphne spontan hervor.
    "Nun, es wird noch ein Weilchen dauern, bis mir Flügel wac hsen." Er drehte ihr den Rücken zu. "Oder sieht man bereits etwas?"
    Daphne strich mit den Fingerspitzen über seinen Rücken. "Nein, es ist weder etwas zu sehen noch

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