Das Schlangennest
Szene."
"Immerhin ist bekannt, daß Ihre Schwester meinen Cousin nur wegen seines Titels und vor allen Dingen wegen seines Vermögens geheiratet hat", meldete sich Mortimer Hammond zu Wort. "Ihre Schwester hatte Richard regelrecht verhext."
"Selbst der alte Gregson glaubt an Lauras Schuld", bemerkte Earl Forest. "Er hat sich geweigert, ihre Verteidigung zu überne hmen."
"Doktor Gregson?" Daphne kannte den alten Anwalt. Sie hatte bisher sehr viel von ihm gehalten. Wie sie von Laura wußte, vertrat seine Kanzlei die Familie seit Jah rzehnten.
"Ja, leider ist es so, Daphne", bestätigte Claudine. "Ich habe mich vergeblich bemüht, ihn umzustimmen." Sie hob die Schultern. "Nun, man kann ihn schließlich nicht zwingen, gegen seine Übe rzeugung zu handeln. Richard und Charles Gregson sind gute Freunde gewesen. Wenn Charles an Lauras Schuld glaubt, kann er ihr ohnehin nicht helfen. Sein Sohn Ralph hat die Verteidigung Ihrer Schwester übernommen."
"Dann werde ich mich mit ihm in Verbindung setzen", sagte D aphne. Sie trank ihren Tee aus. Gegessen hatte sie kaum etwas. Unauffällig ließ sie ihren Blick über die Gesichter der anderen gleiten. Ob sich Richards Mörder unter ihnen befand? Wer von seinen Verwandten hatte ihn wohl so gehaßt, daß er sich nicht gescheut hatte, ihn zu erstechen.
"Ich gebe Ihnen nachher seine Telefonnummer", versprach Claud ine.
"Gut, dann werde ich jetzt nach den Kindern sehen." Daphne stand auf. "Ich mache mir Sorgen um Joyce. Wir sollten mit ihr einen Arzt aufsuchen."
"Glauben Sie mir, dazu besteht keine Notwendigkeit, Daphne", ergriff Bruno Forest wieder das Wort, während er sich ein zweites Mal mit Eiern und Schinken bediente. "Dem Kind fehlt nichts, was die Zeit nicht heilen wird. Im Moment sind ohnehin Ferien. Also, warum lassen wir der Natur nicht einfach ihren Lauf?"
Die junge Frau sah ein, daß sie im Moment nichts ausrichten konnte. Bevor sie mit Joyce zum Arzt ging, mußte erst einmal geklärt werden, wer für das Wohl der Kinder verantwortlich war. Auch wenn Claudine nichts gegen ihre Anwesenheit zu haben schien, sie würde ihr sicher nicht ohne weiteres die Kinder überla ssen.
"Die Kinder sind bisher ohne Sie ausgekommen und werden es auch in Zukunft", meinte Isabel ärgerlich. "Wir brauchen Sie nicht auf Hammond Hall. Wir haben auch ohne Sie genug Probleme."
Daphne ging zur Tür, wandte sich dort jedoch noch einmal um. "Ich werde solange auf Hammond Hall bleiben, wie ich es für nötig halte", sagte sie. "Sie können mich nicht aus dem Haus meiner Schwester vertreiben."
"Wer glauben Sie denn, daß Sie sind?" fragte Isabel mit sich übe rschlagender Stimme. "Earl, hör dir das an. Kommt..."
Die junge Frau beachtete sie nicht. Sie trat in die Halle und schloß die Tür hinter sich. Laura hatte stets nachgegeben, war allen Schwierigkeiten aus dem Weg gegangen. Daphne nahm sich vor, diesen Leuten zu beweisen, daß sie aus einem anderen Holz g eschnitzt war als ihre Schwester. Sie konnte man nicht so leicht in die Knie zwingen.
7.
"Ich war schon sehr darauf gespannt, Sie kennenzulernen, Miß Baker", sagte Dr. Ralph Gregson, als Daphne ihm nach Nachmittag in seinem Arbeitszimmer gegenüberstand. Er führte sie zu einem Sessel. "Bitte, nehmen Sie doch Platz."
"Danke, Doktor Gregson." Daphne setzte sich. "Was kann ich tun, um meiner Schwester zu helfen?" fragte sie.
Er lachte leise auf. "Mistreß Forest sagte mir bereits, daß Sie immer sofort auf das Ziel losschießen." Er trat an einen der Schrä nke, die u-förmig den Schreibtisch umstanden. "Darf ich Ihnen etwas anbieten? Vielleicht ein Glas Sherry?"
Daphne schüttelte den Kopf. "Wenn, dann eine Tasse Tee", e rwiderte sie.
"Gerne." Er schaltete den Wechselsprecher ein und bat seine S ekretärin, Tee zu bringen. "Erst einmal möchte ich Sie bitten, mir einiges über Ihre Schwester zu erzählen, so daß ich mir ein genaueres Bild von ihr machen kann", wandte er sich dann wieder an Daphne.
"Aber Sie kennen Laura." Die junge Frau hob überrascht die Augenbrauen. "Immerhin haben Sie Ihre Vertretung übe rnommen."
Er setzte sich ihr gegenüber. "Ja, ich kenne Ihre Schwester, Miß Baker. Ich bin ihr auch schon früher mehrmals begegnet, aber dennoch ist sie mir fremd geblieben." Er sah sie an. "Bitte, verze ihen Sie mir, wenn ich das sage, aber Ihre Schwester ist nicht gerade eine dominierende Persönlichkeit. Sie stand stets im Schatten der anderen. Lady Hammond..." Er schüttelte den Kopf. "Ich will ehrlich
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