Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Titel: Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
Vom Netzwerk:
Hand. Nennst du das vielleicht dich vorsehen?«
»Es ist der einzige Dreh, den ich kenne. Ohne die Trinkerei hätt’ ich mir schon längst den Hals
durchgeschnitten.«
»Das ist doch Quatsch.«
»Wenn mir etwas hilft, ist es kein Quatsch. Die Prediger auf dem Pershing Square haben ihren
Gott, ich hab meinen. Ich trinke sogar sein Blut.«
Ich hob mein Glas und trank es aus.
»Du drückst dich bloß vor der Realität«, sagte Becker.
»Und? Was spricht denn dagegen?«
    »Du wirst niemals ein Schriftsteller, wenn du dich vor der Realität drückst.« »Was redest du denn da? Genau das tun doch Schriftsteller!«
    Becker stand auf. »Schrei mich nicht an, wenn du mit mir redest.« »Was willst du denn? Dass ich dir meinen Schwanz zeige?« »Du hast ja gar keinen!«
    Ich überraschte ihn mit einer rechten Geraden, die ihn hinter dem Ohr traf. Das Glas flog ihm aus der Hand, und er stolperte durchs Zimmer. Becker war ein starker Kerl, viel stärker als ich. Er prallte gegen die Kommode, und als er sich umdrehte, verpasste ich ihm noch eine Rechte, diesmal auf den Backenknochen. Er taumelte auf das offene Fenster zu. Ich setzte nicht nach, weil ich fürchtete, er könnte aus dem Fenster fallen.
    Becker fing sich wieder und schüttelte den Kopf. »Schluss damit«, sagte ich. »Trinken wir noch ein bißchen was. Gewalt ekelt mich an.« »Okay«, sagte Becker.
    Er ging zum Tisch und nahm sein Glas in die Hand. Der billige Wein, den ich trank, hatte keine Korken, nur Schraubverschlüsse. Ich schraubte eine neue Flasche auf. Becker hielt mir sein Glas hin, und ich goss ihm ein. Dann goss ich auch mir etwas ins Glas und stellte die Flasche weg. Wir tranken aus. »Nichts für ungut«, sagte ich.
    »Nee, was soll’s, Kumpel«, sagte Becker und stellte sein Glas hin. Im nächsten Augenblick boxte er mich in den Magen. Ich knickte ein, er drückte mir den Kopf herunter und stieß mir sein Knie ins Gesicht.
    Ich fiel auf die Knie. Das Blut lief mir aus der Nase und verkleckerte mir das ganze Hemd. »Gieß mir ‘n Drink ein, Kumpel«, sagte ich. »Lass uns mal überlegen, ob es nicht auch anders geht.« »Steh auf«, sagte Becker, »das war erst ein Vorgeschmack. «
    Ich stand auf und ging auf ihn los. Ich blockte seine Rechte mit dem Ellbogen ab und setzte ihm meine kurz und trocken auf die Nase. Er zuckte zurück. Jetzt hatten wir beide eine blutige Nase.
    Ich setzte nach. Wir schlugen blind drauflos. Er landete ein paar gute Treffer bei mir und boxte mir noch einmal die Rechte in den Magen. Ich knickte ein, kam aber mit einem Uppercut hoch, der voll traf. Es war ein wunderschöner Schlag. Ein Glückstreffer. Becker taumelte rückwärts an die Kommode. Sein Kopf knallte gegen den Spiegel, der in Scherben ging.
    Becker war benommen. Ich hatte ihn soweit. Ich packte ihn vorne am Hemd und drosch ihm die Rechte hinters Ohr. Er fiel auf die Knie und stützte sich mit den Händen ab. Ich ging an den Tisch und goss mir etwas wackelig einen Drink ein.
    »Becker«, sagte ich, »ich teile hier ungefähr zweimal in der Woche aus. Du hast einen schlechten Tag erwischt. «
    Ich leerte mein Glas. Becker stand auf. Er sah mich eine Weile an. Dann kam er auf mich zu. »Becker«, sagte ich, »hör mal …«
    Er täuschte eine rechte Gerade an, nahm sie zurück und knallte mir die Linke auf den Mund. Wir fingen wieder an. Es wurde nicht viel abgeblockt, nur eisern draufgeschlagen. Er drosch mich rückwärts über einen Stuhl, der unter mir in Stücke ging. Ich stand auf und erwischte ihn, als er nachsetzen wollte. Er prallte mit dem Rücken an die Wand, dass die ganze Bude zitterte. Er federte zurück, seine Rechte traf mich mitten auf die Stirn, und ich sah bunte Blitzlichter: grün, gelb, rot… Dann schlug er mir einen linken Haken auf die kurzen Rippen und eine rechte Gerade ins Gesicht. Ich schlug zurück und verfehlte ihn.
    Verdammt, dachte ich, hört denn niemand diesen Krach? Warum kommen sie nicht rein und machen der Sache ein Ende? Warum rufen sie nicht die Polizei?
    Becker griff schon wieder an. Ich schlug einen rechten Schwinger ins Leere, und dann ging ich k.o.
    Als ich wieder zu mir kam, war es Nacht. Ich lag unter dem Bett. Nur noch mein Kopf ragte heraus. Ich musste mich wohl da unten verkrochen haben. Ich war ein Feigling. Ich hatte mich von oben bis unten vollgekotzt. Ich kroch unter dem Bett hervor.
    Ich sah mir den zerbrochenen Stuhl und die Scherben des Spiegels an. Der Tisch war umgestürzt. Ich versuchte, ihn wieder

Weitere Kostenlose Bücher