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Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Titel: Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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männlich, die Verkäufer waren alle gleich. Jeden vertraulichen Ton fassten sie als Beleidigung auf. »Ich hätte gute Lust, Mr. Ferris anzurufen.« »Nächstes Mal streng ich mich mehr an, Miss Meadows.«
    Ich packte ihr die Sachen auf den Tisch und gab ihr den Zettel zum Unterschreiben. Sie kritzelte wütend ihren Namen auf das Papier. Statt es mir zurückzugeben, warf sie es in meine grüne Karre.
    »Mein Gott, ich weiß nicht, wo sie Leute wie Sie immer finden!«
    Ich schob meine Karre zum Lift, drückte auf den Knopf und wartete. Die Tür ging auf, und ich
walzte hinein.
»Wie isses gelaufen?« fragte mich der Albino.
»Ich fühl mich dreißig Pfund schwerer«, sagte ich.
Er grinste, die Tür ging zu, und wir fuhren abwärts.
    Nach meinem ersten Arbeitstag sagte meine Mutter beim Abendessen: »Henry, ich bin ja so
stolz auf dich, dass du jetzt einen Job hast!«
Ich sagte nichts.
    »Was ist«, fragte mein Vater, »bist du nicht froh, dass du einen Job hast?« »Yeah.«
    »>Yeahheute arbeitslos sind?«
»Ne Menge, schätze ich.«
»Dann solltest du dankbar sein.«
»Schau her, können wir nicht einfach essen?«
    »Für dein Essen solltest du auch dankbar sein! Weißt du, wie viel dieses Essen gekostet hat?« Ich schob meinen Teller weg. »Scheiße! Ich kann das Zeug nicht essen!« Ich stand auf und ging zu meinem Zimmer.
    »Am liebsten würde ich dahinten reinkommen und dir beibringen, wo’s lang geht!« Ich blieb stehen. »Ich werd’ auf dich warten, Alter.«
    Dann ging ich ins Zimmer und wartete ab. Aber ich wusste, dass er mir nicht nachkommen würde. Ich stellte den Wecker, um rechtzeitig wieder bei Sears-Roebuck zu sein. Ich knipste das Licht aus und lag im Dunkeln da. Es gab nichts zu tun, ich konnte nirgends hin. Bald würden auch meine Eltern die Lichter ausmachen und zu Bett gehen.
    Mein Vater hielt es mit dem Spruch: »Früh zu Bett und früh aus den Federn, das hält gesund, macht dich wohlhabend und weise.«
    Doch für ihn hatte es nichts dergleichen bewirkt. Ich entschied, dass ich vielleicht das Gegenteil versuchen sollte.
    Ich konnte nicht einschlafen. Sollte ich erst noch onanieren und dabei an Miss Meadows denken? Nein. Zu billig.
    Ich wälzte mich im dunklen Zimmer auf dem Bett hin und her und wartete auf etwas.

    47

    Die ersten drei oder vier Tage bei Sears-Roebuck verliefen genau gleich. Überhaupt konnte man sich bei Sears-Roebuck darauf verlassen, dass sich nie etwas änderte. Die hierarchische Ordnung war allgemein anerkannt. Es gab keinen einzigen Verkäufer, der zu einem aus dem Lager mehr als ein oder zwei beiläufige Worte sagte. Das machte mir zu schaffen. Ich dachte darüber nach, während ich meine Karre herumschob. War es möglich, dass die vom Verkauf intelligenter waren als die im Lager? Sie waren auf jeden Fall besser angezogen. Es machte mir Sorgen, dass sie ihre Stellung für so bedeutend hielten. Möglich, dass ich als Verkäufer genauso gedacht hätte. Ich hatte für die Angestellten im Lager nicht viel übrig. Für die Verkäufer aber auch nicht.
    So, dachte ich, während ich meine Karre schob, jetzt habe ich also diesen Job. Soll das schon alles sein? Kein Wunder, dass es Männer gab, die Banken ausraubten. Es gab zu viele entwürdigende Jobs. Warum zum Teufel war ich nicht Richter am Appellationsgericht? Oder Konzertpianist? Weil man dafür eine Ausbildung brauchte, und die kostete Geld. Aber ich wollte ja gar nichts sein. Was mir auch außerordentlich gut gelang. Ich schob meine Karre zum Lift und drückte auf den Knopf.
    Frauen wünschten sich Männer, die viel Geld verdienten. Frauen wollten Männer, die etwas vorstellten. Wie viele Frauen lebten mit Wermutbrüdern zusammen? Nun, ich wollte sowieso keine Frau. Jedenfalls nicht mit einer zusammenleben. Wie konnten Männer überhaupt mit Frauen leben? Was bedeutete es? Ich wollte nichts als eine Höhle in Colorado, mit Vorräten an Essen und Trinken für drei Jahre. Den Arsch würde ich mir mit Sand abwischen. Ich würde sonst was tun, um nur nicht in dieser öden, trivialen, miesen Existenz versacken zu müssen. Der Lift kam herauf. Er wurde immer noch von dem Albino bedient. »Hey, ich höre, du hast gestern Abend mit Mewks die Kneipen durchgemacht!« »Er hat mich zu ein paar Glas Bier eingeladen. Ich bin pleite.« »Habt ihr was ins Bett gekriegt?« »Ich nicht.«
    »Warum nehmt ihr mich nächstes Mal nicht mit? Ich werd’ euch

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