Das Schlitzohr
Mundelsheimer Käsberg aus den Weingütern der württembergischen Hofkammer,
und Berge von Butterbrezeln. Dazu wurden die neuesten Histörchen vom Kampf mit
der Ministerialbürokratie serviert. Allerdings waren diese nicht zur
Veröffentlichung bestimmt, sondern streng vertraulich. Zur Ehre der Teilnehmer
an diesen Konferenzen muß gesagt werden, daß dieses Vertrauen nie mißbraucht
wurde, wenn es auch so manchen verlockte, diese Streiche zu veröffentlichen.
Nach dem Motto »mit Speck fängt man Mäuse« ließen wir uns immer aufs neue
besondere Anlässe einfallen, um auch die Spitzenleute aus den Redaktionen in
die Wilhelma zu ziehen.
Ein Beispiel ist die Einladung der
Journalisten zur Blüte der Königin der Nacht. Diese Kakteenart blüht am Abend
auf und ist am Morgen verblüht. Da bei Nacht die Gewächshäusergeschlossen sind,
hat die Pflanze nur einen geringen Schauwert. Trotzdem ließ ich eine größere
Zahl heranziehen. Als eine Menge von Blüten zu erwarten war, bat ich die Presse
zu einer besonderen Überraschung in die Wilhelma. Wir waren natürlich in großer
Sorge, ob die meisten Blüten genau an diesem Abend aufgehen würden. Die
Presseleute nahmen gespannt Platz. Nach dem üblichen Umtrunk bat ich meine
Gäste, mir in das Kakteenhaus zu folgen. Hier waren etwa 40 riesige Knospen der
Königin der Nacht im Begriffe, sich zu öffnen. Da dies gewissermaßen in
Zeitlupe vor sich geht, konnten wir dabei zusehen. Wir schnitten einige Knospen
ab, stellten sie in Vasen auf den Tisch, so daß wir nicht nur der Entfaltung
der Blume, sondern auch den Wein genießen konnten. Zum Schluß durfte jeder Gast
noch eine Blüte mitnehmen, um sich zu überzeugen, daß nach wenigen Stunden die
ganze Pracht vorüber war. In den nächsten Tagen waren herrliche Bilder und
glänzende Schilderungen der Königin der Nacht in den Zeitungen des ganzen
Landes.
Aber nicht nur Romantik, sondern auch
kulinarische Überraschungen wurden von uns als Gags angeboten. So luden wir
einmal zu einem Straußeneieromelett ein. Unsere Straußeneier waren nämlich
unbefruchtet, da der Straußenhahn trotz der schönsten Hochzeitstänze offenbar
ein Versager war. Also konnten wir sie zu Werbezwecken ruhig dem menschlichen
Genuß zuführen.
Als sich die Redakteure und Reporter
versammelt hatten, prangten auf einer Waage drei Straußeneier. Die Gäste
konnten sich überzeugen, daß die Eier zusammen weit über drei Kilo wogen. Dann
erschien ein Oberpräparator des Staatlichen Museums für Naturkunde, das die
Eierschalen für die Sammlung bekommen sollte. Mit einem großen Bohrer bohrte er
ein Loch und führte eine Pumpe ein, um das Ei auszupumpen. Während die
dickschaligen Hüllen ausgiebig beklopft und bestaunt wurden, mischte der Koch,
der das Omelett am Tisch zubereitete, das Pumpgut mit 100 Hühnereiern. Hatten die
Zuschauer schon über die Mengen Eiweiß und Eigelb aus den Straußeneiern
gestaunt, so staunten sie noch mehr über die fast unerschöpflichen
Omelettmengen, die aus der Pfanne kamen. Dank des Hühnereierverschnitts war das
Omelett sehr wohlschmeckend, denn ein reines Straußeneieromelett hätte
wesentlich strenger geschmeckt.
Nicht ganz so begeistert waren unsere
Freunde von der Presse, als wir ihnen einen Bärenschinken servieren wollten. In
einem bekannten Lokal in Stuttgart wurde nämlich einmal zwischen den beiden
Weltkriegen Bärenschinken angeboten. Da der Bär als Wild nicht auf Trichinen
untersucht wurde, aber davon befallen war, kam es zu verschiedenen Todesfällen.
Obwohl das traurige Ereignis schon recht lange her war, saß es den Stuttgartern
noch heftig in den Knochen. Deshalb waren die Gäste, als sie erfuhren, daß sich
auf den verlockenden Platten die wohlschmeckenden Hinterbacken eines Bären
befanden, nicht gerade freudig erregt. Das hatte ich vorausgesehen und den
Schlachthofdirektor sowie den zuständigen Metzger gebeten, mit mir die ersten
drei Schinkenbrötchen zu verspeisen. Da war das Eis gebrochen. Später gestanden
mir einige Teilnehmer, daß es gut war, den Schlachthofdirektor und den Metzger
als Vorkoster einzuladen, denn wenn ich allein gekostet hätte, wer weiß...? Um
die Vertreter der Massenmedien zu ködern, ging ich ab und zu so weit, daß ich
ein Tier oder eine Pflanze deshalb kaufte, weil sich eine interessante
Geschichte darüber erzählen ließ.
So erfuhr ich durch einen Freund von
dem in Rottweil geborenen Orchideenjäger Röbelin. Röbelin war ein bedeutender
Pflanzensammler, nach dem
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