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Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition)

Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition)

Titel: Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Engström
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einmal geahnt hatte, dass es sie gab. Seit dem Tod seines Bruders war für ihn nur noch eines von Bedeutung gewesen: beruflich erfolgreich zu sein, um seinem übermächtigen Vater zu beweisen, dass er allein als Nachfolger im Familienunternehmen infrage kam.
    Er war von dem Gedanken wie besessen, seinen Stiefbruder Albert aus dem Rennen zu drängen, und hatte sein ganzes Leben nur auf dieses Ziel ausgerichtet.
    Manchmal, wenn Hannes morgens in den Spiegel blickte, erkannte er sich selbst kaum wieder. Und er war nicht sicher, ob er diesen neuen, verbesserten Hannes Westenberg wirklich mochte.
    Fest stand nur, dass er mit Eigenschaften wie Mitgefühl und Hilfsbereitschaft bei einem Mann wie seinem Vater nicht punkten konnte. Für ihn zählten nur Leistung und Erfolg. Deshalb hatte er alles getan, um zu einem knallharten Geschäftsmann zu werden, wie sein Bruder es gewesen war.
    Dass ihn manchmal das Gefühl beschlich, irgendwo auf diesem Weg sich selbst verloren zu haben, ignorierte er lieber.
    Bis vor Kurzem. Irgendetwas war hier in Schweden mit ihm passiert. Nein, korrigierte er sich im Stillen. Nicht
etwas
, sondern
jemand
ist mir passiert.
    Lisbet.
    Diese Frau war wirklich ein Phänomen. Noch nie zuvor hatte Hannes einen Menschen kennengelernt, der so viele Widersprüche in sich vereinte. Lisbet war störrisch und dickköpfig, gleichzeitig aber auch scheu und verletzlich. Es beeindruckte ihn, wie aufopfernd sie sich um die Kinder kümmerte, die Tag für Tag nach Beringholm Slott kamen – und das, nachdem ihr selbst so übel mitgespielt worden war. Was würde aus ihnen werden und aus all den Tieren, wenn Hannes das Schloss verkaufte?
    Kristof Steen war seit ihrem Gespräch vor zwei Tagen noch nicht erneut an ihn herangetreten, doch nach allem, was er von Lisbet gehört hatte, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er nach wie vor an einem Kauf interessiert war. Und auch daran, dass Steen Mittel und Wege finden würde, Lisbet und ihre Schützlinge zu vertreiben, zweifelte Hannes nicht.
    Aber blieb ihm überhaupt eine andere Wahl? Im Grunde nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn er das
Alsterblick
rechtzeitig vor dem Besuch seines Vaters wieder herrichten wollte. Da es zum Zeitpunkt des Brands nicht versichert gewesen war, musste er jeden Nagel, jedes Brett und jede Arbeitsstunde, die im Zuge der Reparaturarbeiten benötigt wurden, aus eigener Tasche finanzieren. Und ohne den Erlös aus dem Schlossverkauf konnte er das aus eigener Kraft nicht stemmen.
    Einer von ihnen beiden würde als Verlierer dastehen: entweder Lisbet oder er. Noch vor ein paar Tagen wäre ihm diese Entscheidung ganz leichtgefallen, doch inzwischen … Keineswegs bemitleidete oder bedauerte er sie wegen ihres schweren Schicksals und der Narben, die sie für alle Zeiten daran erinnern würden. Im Gegenteil, er respektierte und schätzte Lisbet für das, was sie trotz aller Rückschläge erreicht hatte. Wie sollte er es übers Herz bringen, ihr all das wegzunehmen? Durfte er das überhaupt?
    Seufzend stand er auf und zog sich an. Die Situation drohte ihm zu entgleiten, und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Fest stand, dass er sich bereits sehr viel stärker zu Lisbet hingezogen fühlte, als es unter den gegebenen Umständen vernünftig war.
    Geh zu Steen und sag ihm, dass du sein Angebot akzeptierst. Und wenn alles abgewickelt ist, steigst du in ein Flugzeug, fliegst zurück nach Hamburg und vergisst, dass du jemals eine Frau namens Lisbet Carlsson kennengelernt hast.
    In der Theorie klang das so leicht – doch irgendwie glaubte Hannes nicht, dass er das so einfach fertig bringen würde …
    Es war noch früher Morgen, als Aleksandra ihr altes Fahrrad über den Zufahrtsweg in Richtung Beringholm Slott schob. Gestern hatte es fast ununterbrochen geregnet, doch heute versprach es ein herrlicher Tag zu werden: Die Sonne strahlte vom makellos blauen Himmel, und es war wunderbar warm. Die Vögel zwitscherten um die Wette, und die Luft war erfüllt vom schweren, erdigen Geruch des Waldes.
    Trotzdem glaubte Aleks, wenn sie die Augen schloss, wieder das Tosen der Flammen zu hören. Der beißende Rauch schien ihre Lungen zu füllen, und ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    Erst das Scheppern, als der Lenker ihren klammen Fingern entglitt und das Rad zu Boden fiel, holte sie wieder in die Realität zurück.
    Gierig sog sie die frische, klare Morgenluft in ihre Lungen. Ein Zittern durchlief ihren schmächtigen Körper.
    Sie war gestern aus dem

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