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Das Schloß der Barmherzigkeit - Geschichte und Auftrag der Anstalt Stetten

Das Schloß der Barmherzigkeit - Geschichte und Auftrag der Anstalt Stetten

Titel: Das Schloß der Barmherzigkeit - Geschichte und Auftrag der Anstalt Stetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Teufel
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sammelten. Solche Busse hatten sie noch nie gesehen. Aber als sie die
Fahrer fragen wollten, gaben die keine Auskunft und sahen mürrisch über die
Neugierigen hinweg.
    Nur einer grinste hämisch: »Das
gibt eine Fahrt ins Blaue, so habt ihr noch keine gemacht!«
    »Au, das ist fein«, rief der
kleine Friedrich und wollte gleich einsteigen, damit er einen guten Platz
bekäme.
    »Wart nur«, sagte der Fahrer, »du
kommst noch bald genug hinein, wenn du auf der Liste stehst.«
    Friedrich war Optimist; er
glaubte, daß alle Menschen so gut seien wie sein Pfleger, der noch kein böses
Wort zu ihm gesagt hatte und ihm alle seine Streiche verzieh. Er freute sich
darüber, daß endlich wieder etwas los war, denn es war noch gar nicht lange
her, daß man ihn mit vielen anderen von Kork in Baden hierher nach Stetten
gebracht hatte, wo es ihm gar nicht gefiel, weil sie alle so eng
zusammengepfercht waren. Das war gleich zu Beginn des Krieges geschehen,
natürlich aus »militärischen Gründen«, denn Kork lag im Gebiet des »Westwalls«.
Aber wie sollte man 300 Kranke unterbringen in einer Anstalt, die vorher schon
voll belegt war? Vielleicht ging es jetzt wieder an einen andern Ort, wo man
besser aufgehoben war als hier mit 11oo Leidensgenossen?
    Während sie draußen so
schwatzten und palaverten, alle irgendwie erregt, weil da plötzlich diese
geheimnisvollen Omnibusse standen und niemand etwas von ihrem Woher und Wohin
wußte, war der Transportleiter, der die SA-Uniform trug, in das Geschäftszimmer
gegangen und verhandelte dort mit dem Leiter der Anstalt Kork. (Der Inspektor
von Stetten war gleich zu Beginn des Krieges von heute auf morgen zum Heer
einberufen worden.)
    Der Pfarrer der Anstalt Kork
hörte den Transportleiter an, der ihm mit schnarrender Stimme eröffnete, er
habe vom Ministerium des Innern den Auftrag, 75 Kranke aus Kork in eine andere
Anstalt zu überführen. Er zog aus der Tasche eine Liste mit den Namen derer,
die zum Abtransport bestimmt waren.
    Der Pfarrer erinnerte sich noch
sehr wohl, daß vor Monaten eine Liste sämtlicher Kranken vom
Reichsinnenminister angefordert worden war. Es waren Meldebogen gewesen, die
man ausgefüllt hatte, ohne sich dabei etwas Böses zu denken. Und wer etwa
mißtrauisch war und in Stuttgart anfragte, was diese Meldebogen zu bedeuten
hätten, der wurde beruhigt durch einen Erlaß des württembergischen
Innenministers, in dem es hieß, die gegenwärtige Lage mache die Verlegung einer
größeren Anzahl von Kranken, die in Heil- und Pflegeanstalten untergebracht
seien, notwendig. »Im Auftrag des Reichsverteidigungskommissars werde ich die
notwendig werdenden Verlegungen von Fall zu Fall anordnen. Die Kranken werden
nebst ihren Krankenakten in Sammeltransporten verlegt... Die Benachrichtigung
der Angehörigen über die Verlegung erfolgt durch die Aufnahmeanstalt.«
    »Es tut mir um jeden meiner
Kranken leid, den ich hergeben muß«, sagte der Pfarrer, »auch wenn wir kaum
Platz haben. Nach welchen Grundsätzen sind denn diese Kranken ausgesucht
worden?«
    »Weiß ich nicht, geht mich auch
nichts an«, lautete die unfreundliche Antwort.
    »Zeigen Sie mir doch bitte Ihre
Liste!«
    Der Pfarrer warf einen
flüchtigen Blick darauf. »Die sind ja einfach alphabetisch aufgeführt«, sagte
er; »das ist eine seltsame Methode. Wohin sollen sie denn gebracht werden?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Wissen Sie nicht? Das kann
doch gar nicht sein.«
    »Ich soll es erst unterwegs
erfahren.« Nach kurzem Schweigen fügte er hinzu: »Und wenn ich’s wüßte, dürfte
ich es nicht sagen.«
    »Warum nicht? Das ist doch kein
Geheimnis.«
    Der Transportleiter wurde
ungeduldig. »Ich habe einfach den Befehl, und den muß ich ausführen. Machen Sie
keine Umstände und bestellen Sie die Kranken zu meinem Wagen, damit wir sie
verladen können.«
    »Verladen? Es geht doch hier um
Menschen!«
    »Wie Sie wollen.«
    Am liebsten hätte der Pfarrer
dem Mann die Tür gewiesen. Aber er hielt einen Befehl in der Hand, einen Befehl
der Regierung. Und bis dahin war er gewohnt gewesen, solche Befehle durchzuführen.
Er konnte sich auch nichts anderes denken, als daß diese Maßnahme zum Schutz
der Kranken durchgeführt wurde. Was für einen anderen Zweck sollte sie haben?
Woher wollte er das Recht nehmen, sich dagegen zu wehren?
    Der Transportleiter rückte ungeduldig
auf seinem Stuhl hin und her.
    Endlich sagte der Pfarrer:
»Gut. Wir werden Ihnen die Kranken übergeben. Aber Sie tragen die volle
Verantwortung für

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