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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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was?«
    »Nein! Ich bin nur der große Boss. Hast du das nicht gefühlt?«
    Ilse Trapps nickte. O doch, dachte sie. Und wie ich es gefühlt habe. Man lernt nie aus. Sie bekam eine trockene Kehle vor Sehnsucht und rieb die Knie aneinander.
    »Du mußt doch einen Beruf haben?« fragte sie. Das Fahren, die Konzentration auf die Straße fielen ihr schwer. Ihr Gedanken eilten schon voraus … Zimmer fünf ist das beste, dachte sie … es hat ein breites Bauernbett, das knarrt auch nicht … und die Brause ist gleich nebenan …
    »Ich bim Arzt!« sagte der Mann.
    »Arzt? Du?« Ilse Trapps umklammerte das Steuer. »Das hätte ich nicht gedacht.«
    »Ich bin ein großer Arzt. Ich betreibe wichtige Forschungen. Ich werde dir noch alles erklären.«
    »Ein Arzt!« Ilse Trapps wurde unsicher. »Ich habe noch nie einen Doktor geliebt …«
    »Und ich noch keinen roten Teufel … da sind wir quitt.« Der Mann lehnte sich zurück. Er legte seine Hand auf Ilses Schenkel, und sie spürte, wie ihr das gut tat. »Wann sind wir da, Satan?«
    »Die nächste Ausfahrt ab … Dann noch drei Kilometer durch den Wald … Du hast mir ganz schön das Kleid zerrissen, Doktor.«
    »Nenn mich nicht Doktor. Ich bin der große Boss.«
    »Also, großer Boss … hoffentlich sieht das mein Egon nicht. Ganz so blöde ist er nun auch wieder nicht …«
    Der Mann lehnte sich zurück. Die Nässe dampfte aus seiner Kleidung, es war warm im Wagen, Ilse hatte die Heizung eingeschaltet.
    »Du hast einen Mann?« fragte er.
    »Ja. Neun Jahre verheiratet.«
    »Das ist genug. Du wirst eine schöne Witwe sein …«
    Ilse Trapps lachte laut. Sie faßte es als Witz auf. Mit Schwung verließ sie über die Abfahrt die Autobahn und sah die Augen des Mannes, die sie anstarrten.
    Sie wäre sonst an ihrem Lachen erstickt.
    Das Rauschen des Regens hatte aufgehört, als sie vor dem Gasthof hielten. Nur noch vereinzelte Tropfen fielen aus dem Nachthimmel, dafür war ein Wind aufgekommen, der in den Baumkronen raschelte. Wolkenfetzen trieben niedrig über den Wald, die nasse Erde duftete stark nach Fäulnis.
    Ilse Trapps stellte den Motor ab. »Hier sind wir!« sagte sie. »Schön einsam, was?«
    Der Mann sah aus dem Autofenster.
    Ein dunkles, langgestrecktes Haus, hingesetzt auf einen Fleck, den man aus dem Wald herausgeschlagen hatte. Ein Vordergebäude, seitlich davon abgehend so etwas wie ein Stall, rechts vier Garagen. Die Gasträume lagen nach vorn, man sah es an den größeren Fenstern, darüber waren die Fremdenzimmer, sieben Fenster, vor denen ein Balkon mit einem geschnitzten Geländer herlief. Links war das Schieferdach durchbrochen. Hier hatte ein Witzbold von Architekt ein Türmchen hingesetzt, völlig sinnlos, häßlich sogar, es störte die Proportion, aber so, wie es jetzt auf dem Dach ritt, rund, mit einer Wetterfahne, blinden kleinen Fenstern, schieferverkleidet, wirkte es wie ein Blickfang. Jeder mußte das Türmchen ansehen, weil es nicht dorthin gehörte.
    Über der Doppeltür des Eingangs hing ein von Sonne, Regen und Wind verblichenes Schild.
    ›Gasthaus zur Eiche‹.
    Der Mann starrte stumm auf das Haus, das Türmchen, das Schild. Ilse Trapps war ausgestiegen und öffnete nun die Tür wie ein Chauffeur. Bitte aussteigen, der Herr …
    »Zur Eiche!« Der Mann steckte den Kopf aus der Tür, aber er stieg nicht aus. Wie ein witterndes Wild schaute er sich um. »Wo sind hier Eichen? Ich sehe nur Tannen.«
    »Weiß der Teufel, woher der Name kommt.« Ilse Trapps lachte. »Als Egon den Kasten von seiner Tante erbte, gab's hier schon keine Eiche mehr. Aber er hat den Namen gelassen. Ich wollte es anders nennen. ›Waldhaus‹ etwa, oder ›Am kühlen Bach‹. Hinter dem Haus fließt nämlich ein Bach. Aber Egon ist konservativ. Was du ererbt von deinen Vätern … Sie wissen ja, Doktor, wie das so ist. Was soll man machen?« Sie blieb neben der offenen Autotür stehen und wunderte sich, daß der bisher so stürmische Gast nicht ausstieg. »Egon wartet sicher in der Küche. Die Küche ist nach hinten 'raus …«
    »Dieses Türmchen.« Der Mann deutete auf das lächerliche Gebilde. »Was ist mit ihm?«
    »Nichts. Was soll mit ihm sein?«
    »Woraus besteht es?«
    »Aus 'nem Witz. Ein runder Raum mit vier Fenstern, völlig unbrauchbar. Man muß mit einer Leiter hinauf. Jetzt ist dort lauter Gerümpel. Ich war bestimmt drei Jahre nicht mehr oben.«
    »Dort werde ich wohnen!«
    Ilse Trapps sah den Mann verständnislos an. »In dem komischen Ding? Aber da kann man

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