Das Schloss Im Moor
Fürstensitz
Ried überholen. Nun bei schäumendem Glase willkommen auf Zankstein, Prosit!«
Die Kelche klangen aneinander; der gut gekühlte Champagner erzeugte eine prächtige Stimmung.
Hodenberg glaubte, den Ausspruch vom billigeren Sekt paradox nennen zu sollen.
»Durchaus nicht, Baron! Entspricht der Wahrheit! Ist übrigens nicht auf meinem Grund gewachsen, das Diktum
entstammt dem Munde des unvergeßlichen Heinrich Vogl, der zu Lebzeiten so lange seine Groschen in das Gut Deixlfurt
steckte, bis es endlich mit zwei Prozent rentierte. Der Unvergeßliche gab seinen Besuchern Sekt lieber als die teuere
Milch.«
»Heinrich Vogl – hm – habe nie Gelegenheit gehabt!« meinte Hodenberg.
»Wie?« rief belustigt Fräulein von Zankstein aus.
»Wo stand sein Gut mit dem sonderbaren Namen? Was war der Mann sonst? Nur Gutsbesitzer bürgerlicher
Abkunft?«
»Aber, Herr Baron!« mahnte Olga, der es peinlich wurde, daß ihr Verehrer von Heinrich Vogl, dem
Meistersinger, keine Ahnung hatte.
Zu Fräulein Tristner gewandt, beteuerte Hodenberg, von genanntem Herrn wirklich bisher nichts gehört zu haben;
es sei aber unzweifelhaft sehr interessant, daß jemand Sekt billiger denn Milch finde. Ob aber ökonomisch in
höherem Sinn, bleibe allerdings fraglich.
Etwas maliziös fragte Benedikte: »Opernfreund sind Sie wohl nicht?«
»Ach gewiß! Der ›Zigeunerbaron‹ zum Beispiel hat mir trotz des einigermaßen befremdlichen
Titels recht gut gefallen. Gestatten Gnädigste, einen Schluck der Dankbarkeit für so liebenswürdige
Gastfreundschaft!«
»Ich schließe mich an!« rief Olga, froh über den Themawechsel.
»Sehr verbunden! Füllen wir die Gläser! Sie sind aus Hannover, Baron?«
»Ja, wir sind Welfen, mein Ahnherr ist Heinrich der Löwe.«
»Ah! Ein interessanter Stammbaum!«
»Jawohl, wir sind ein jahrhundertealtes Adelsgeschlecht, von Heinrich dem Löwen in direkter Folge abstammend,
seit alten Zeiten befreundet mit altberühmten Geschlechtern.«
Olga bat den auf Löwenheinz so stolzen Baron um frische Füllung ihres Glases. »Sind Sie, Herr Baron, sich
schon wegen einer Seßhaftmachung in hiesiger Gegend schlüssig geworden?«
»Nein, Fräulein Tristner! Ich trage zwar meine Kapitalien flüssig bei mir, doch konnte ich ein passendes
Gut noch nicht finden.«
»Ihr ganzes Vermögen tragen Sie bei sich?« rief nun besorgt Olga, der ein solcher Leichtsinn
ungeheuerlich erschien.
Auch Benedikte war sehr überrascht.
»Die verehrten Damen scheinen darob zu staunen; bedenken Sie, daß ich stets auf Reisen bin, in Hotels wohne,
so werden Sie es begreiflich finden, daß ich mein Geld am sichersten bei mir selbst habe. So kann ich zu jeglicher
Stunde disponieren, hänge auch nicht von Bankformalitäten ab, kann mich unbehindert bewegen, jeden Augenblick
abreisen; das sind Vorteile, welche die Depotsicherheit unbedingt überwiegen.«
Benedikte als praktische Wirtschafterin schüttelte den Kopf. Und Olga konnte die Bemerkung nicht unterdrücken,
daß sie für ihre Person nicht schlafen könnte in der Nacht vor Angst und Sorge um das Vermögen.
»Oh, man gewöhnt sich auch daran! Das Portefeuille kommt unter das Kopfkissen, auf dem Nachttischchen liegt der
geladene Revolver, ich habe einen leisen Schlaf – ein Dieb würde unfreundlich empfangen werden und wahrscheinlich
das Leben verlieren, ha! Ich verstehe da keinen Spaß!«
Selbst der resoluten Benedikte gefiel diese scherzhaft sein sollende Bemerkung nicht besonders, sie mußte
unwillkürlich an eine Art Menschenjagd denken, und ohne daß sie es recht wollte, sprach sie diesen Gedanken
aus.
Hodenberg ward verlegen und schwieg.
»Nun haben wir uns richtig die Stimmung verdorben, und auch das Wetter will umschlagen, wir werden in einigen Tagen
die um diese Zeit übliche Überschwemmung mit ihren Unannehmlichkeiten durchzumachen haben.«
»Oh, dann erhebt sich die Langeweile in Schloß Ried zur dritten Potenz!« klagte Olga.
»Pardon, Fräulein von Zankstein, bringt diese Überschwemmung nicht totale Verkehrsstörung,
Abschließung der Seeorte von der Eisenbahn, Post und dergleichen mit sich?«
»Gewiß, Baron, auf zwei bis drei Wochen ist der Verkehr auf der Straße durch das Moor unmöglich. Zu
Wasser kann man fahren, häufig bis zu den Häusern heran, und das Landen ist dann mit einigen Schwierigkeiten
verbunden.«
»Das möchte ich aus eigener Anschauung kennenlernen!« rief Hodenberg, »eine solche
Überschwemmung ist mir
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