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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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an den Ohren von Epidermis und Erzeugung von
Blutunterlaufungen. »Herr Doktor! Haben Sie sich doch nicht geirrt? Bedenken Sie die Folgen Ihres Gutachtens für
den Gang der Untersuchung! Durch das Zeugnis des einfachen Fischers ist die Blutunterlaufung an den Ohren und wahrscheinlich
auch am Brustbein sehr glaubhaft erklärt. Finden wir noch einen Zeugen, der den angeblichen Druck auf die Luftröhre
anders erklärt, so wird Ihr ganzes Gutachten hinfällig! Irrten Sie nicht?«
    Gereizt erwiderte Doktor Freysleben: »Suchen Sie getrost einen weiteren Zeugen, ich bezweifle, ob Sie jemanden
finden, der zugesehen hat, wie der Mörder die Eugenie Dobler erdrosselte. Übrigens bemerke ich, daß ich mein
Gutachten zu beeiden bereit bin, ich bitte, meinen Eid zu respektieren! Ob mein Gutachten Ihren, eines Laien, Beifall findet
oder nicht, ist mir gleichgültig. Sie können ja mein Gutachten Ihrem Gerichtsarzt und meinetwegen der Medizinischen
Fakultät, dem Professor der gerichtlichen Medizin an der Universität in München unterbreiten!«
    »Das werde ich unter allen Umständen tun!«
    »Nur zu, Herr Amtsrichter! Ich konstatiere aber ausdrücklich, der Herr Schreiber ist mein Zeuge, daß ich
mich nicht an Sie gedrängt habe, sondern daß Sie als Untersuchungsrichter mich mit der Stellvertretung des
erkrankten Gerichtsarztes betraut und zur Vornahme der Obduktion beauftragt haben. Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen
meine Pflicht erfüllt, die Obduktion durchgeführt, deren Ergebnisse zu Protokoll gegeben und über mein
Gutachten als Sachverständiger und praktischer Arzt den Eid angeboten. Ich verwahre mich gegen jede Anzweiflung der
Richtigkeit meines Gutachtens und weise Laieneinspruch auf das entschiedenste zurück!«
    Damit mußte sich der Amtsrichter wohl oder übel zufrieden geben. Doktor Thein begab sich nun ins Schloß
und ließ Frau Tristner bitten, ihn zu empfangen.
    Olga, die Mama Gesellschaft geleistet und schwere Mühe hatte, ihr das Fernbleiben Eugeniens einigermaßen
erklärlich zu machen, gab dem Amtsrichter bei seinem Eintreten ein Zeichen, über das Ableben Eugeniens nichts zu
sagen und Mama die Aufregung zu ersparen.
    Da Doktor Thein bedauernd die Achseln zuckte, rauschte Olga tief beleidigt an ihm vorüber und verließ das
Zimmer.
    »Herr Amtsrichter, Sie kommen so selten und wollen doch ein Freund unsres Hauses sein! Reichen Sie mir Ihre Hand! Du
lieber Gott, mein Augenlicht ist verloren, ich kann Sie nicht mehr sehen! Hoffentlich sind Sie noch unser Freund! Kommen Sie
als lieber Gast, oder sprechen Sie auf Durchfahrt bei uns vor? Olga wird wohl alles Nötige für Ihre Bewirtung
besorgen.«
    Doktor Thein versicherte, der Dame die Hand reichend, daß in seinen freundschaftlichen Gefühlen zum Hause
Tristner sich nichts geändert habe. Wenn in der letzten Zeit ein Besuch nicht stattfand, lag das an dienstlicher
Verhinderung. Heute sei er dienstlich unterwegs und möchte er die freundschaftlichen Beziehungen dazu benutzen, um
vertrauliche Auskunft über die Hausrepräsentantin Eugenie zu erbitten.
    Erschreckt stammelte Frau Helene: »Um's Himmels willen! Was liegt gegen Eugenie vor? Es ist mir unerklärlich,
daß sie sich seit gestern abend nicht bei mir eingefunden hat. Ist etwas vorgekommen? Bitte, reden Sie! Es wird doch
das Gericht meine brave Eugenie nicht verfolgen?«
    »Nein, Frau Tristner! Von Verfolgung ist keine Rede; ich kann Ihnen aber, weil durch das Amtsgeheimnis gebunden,
nicht die Veranlassung sagen, weshalb ich Auskunft wünsche. Sind Sie über Eugeniens Privatverhältnisse
informiert gewesen, als Sie die junge Dame engagierten?«
    »Eugenie hat mir seinerzeit nur anvertraut, daß sie arm und durch einen Unglücksfall gezwungen sei, eine
Stelle als Gesellschafterin anzunehmen.«
    »Was war es für ein Unglücksfall?«
    »Näheres weiß ich nicht mehr; es kann kaum von Bedeutung, für mich wenigstens, gewesen sein, da jene
Angelegenheit aus meinem Gedächtnis geschwunden ist.«
    »Hat Eugenie Empfehlungen gehabt, die Sie zum Engagement veranlaßten?«
    »Ich glaube, sie wies einen Brief ihres Pfarrers vor.«
    Doktor Thein rief überrascht: »Und das genügte Ihnen zur Aufnahme der Dame in Ihr Haus?«
    »Bester Freund, soll diese Frage ein Vorwurf für mich sein? Ich glaube, aus dem Ton eine Rüge
herauszuhören, bitte, Herr Amtsrichter, sagen Sie mir, was mit Eugenien vorgefallen ist, ich ängstige mich. Haben
Sie Mitleid mit einer alten blinden

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