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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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Begrüßung in den Salon, und hier teilte Doktor Thein dem Schloßherrn die große
Neuigkeit mit, daß von einer Ermordung der Eugenie Dobler nun keine Rede mehr sein könne, und daß Selbstmord
durch Ertränken vorliege.
    »Wieso? Warum? Doktor Freysleben hat doch . . .«
    ». . . das Gericht völlig irregeführt, sich selbst getäuscht und einen Kriminalfall heraufbeschworen,
der gewöhnlicher Selbstmord ist. – Um nicht des langen und breiten schreiben zu müssen, sage ich Ihnen lieber
mündlich, daß die Sachverständigen der Universität das Freyslebensche Gutachten umgestoßen und
nachgewiesen haben, daß von einer Erdrosselung gar nicht die Rede sein könne. Ich kann nicht alle Punkte des
Gegengutachtens anführen und will nur sagen, Freysleben ist bis auf die Knochen blamiert und wird sich hoffentlich in
der Zukunft hüten, ein zweites Mal so leichtfertig Behauptungen aufzustellen. Also die schöne Eugenie hat sich
ertränkt. Ich möchte nun sehr gern privatim wissen, nicht amtlich, denn der Selbstmord hat das Gericht nichts zu
kümmern, weshalb die junge Dame plötzlich im Wasser den Tod gesucht habe.«
    Theo versicherte, von einem Motiv keine Ahnung zu haben.
    »Seltsam in der Tat! Haben Sie denn keine Spuren von Trübsinn, Melancholie wahrgenommen? Oder ist vielleicht
ein Brief mit schlimmer Nachricht eingelaufen? Oder war jemand aus der Verwandtschaft Eugeniens zu Besuch an jenem
Unglücksabend hier?«
    »Ich weiß nicht das geringste, glaube auch nicht, daß meine Damen etwas wissen. Wir, das heißt
Olga und ich, wurden in entsetzlicher Weise von dem Ereignis überrascht, es fehlt an allem, was auch nur ein Fingerzeig
zu einer Erklärung sein könnte.«
    »So! Nun dann verzichte ich auch als Privatmann auf eine Lösung des Rätsels, die freilich interessant
wäre. Verzeihen Sie die Störung und entschuldigen Sie meinen Überfall bei den Damen. Ich fahre gleich weiter,
habe in Heilbrunn zu tun.«
    »Oh, Herr Doktor, tun Sie mir den Gefallen und schauen Sie sich den neuen Bade-Löwen an, den Baron Hodenberg,
der eine Zeitlang unser Gast war, und wie ich höre, jetzt in Heilbrunn das Geld wie wahnsinnig unter die Leute wirft. Da
Sie auf der Rückfahrt ja doch hart an Ried vorüber müssen, bitte kehren Sie auf einen Humpen Schloßbier
zu und erzählen Sie mir, was Sie beobachtet haben.«
    »Mit Vergnügen! Der Zugvogel aus dem Norden war auch einige Zeit in Landsberg, ich konnte ihn aber nicht in
Gesellschaft zu Gesicht bekommen. Ist anscheinend nicht jedermanns Geschmack, mit einem Amtsrichter beim Bier zu
sitzen!« lachte Doktor Thein.
    »Meiner schon! Mich geniert die hohe Würde nicht!« erwiderte scherzend Theo.
    »Hohe Würde ist gut, das Gehalt ist noch höher, beginnt mit zweitausendzweihundertachtzig Silberlingen!
Haben Sie soviel Geld schon auf einem Haufen beieinander gesehen? Also auf Wiedersehen, Heuschoberer!«
    »Wie? Was? Heuschoberer?«
    »Na, niente di male! Tristner hat mit triste, traurig, nichts zu tun, wohl aber mit ›drist‹, ist
gleich Haufen von Scheitern, Heu, Stroh, Getreide, also heißt Tristner soviel wie einer, der Haufen oder Schober mit
Heu und so weiter besitzt. Womit ich die Ehre habe! Servus!«
    Theo geleitete lachend den Amtsrichter zum Portal und kehrte nach Theins Abfahrt sogleich zu den Damen zurück,
bestrebt, die große Neuigkeit zu erzählen. Ein Blick Olgas warnte ihn rechtzeitig. So sagte denn Theo, daß
der Amtsrichter auf der Fahrt nach Heilbrunn sich für das Abendbrot bei seiner Rückkehr angemeldet habe.
    »Das freut mich! Theins Verkehr im Hause ist mir lieb, der wackere Mann mir teuer! Gebe Gott, daß der Richter
auch euch Kindern so wert werde! Olga, führe mich in den Garten!«
    Gegen Abend kam in Hodenbergs Wagen ein Sendbote des Barons mit einem Prachtbukett herrlicher Rosen aus Heilbrunn
angefahren. Im Strauß steckte die Visitenkarte Hodenbergs ohne handschriftliche Bemerkung. Der Bote entledigte sich
seines Auftrages und gab das Bukett für das gnädige Fräulein Olga Tristner beim Schloßpförtner
ab.
    Olga war rasch versöhnt ob dieser Blumenspende und leistete dem Bräutigam insgeheim Abbitte für die
bösen Gedanken.
    Um so qualvoller ward für Olga die Stunde, die Amtsrichter Thein am Abend im Kreise der Familie zubrachte, des
ausführlichen erzählend, wie Baron Hodenberg es in Heilbrunn treibe, insbesondere unsinnig viel Geld ausgebe, und
Hahn im Korbe bei den Damen des Kurorts zu sein scheine. Thein

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