Das Schloss in Frankreich
unterhalten, doch beim Anblick des Hundes, der Christophe auf den Fersen folgte, sprach sie wieder englisch. »Wie heißt er?« Sie bückte sich und kraulte sein dickes, weiches Fell.
»Korrigan.« Er sah auf ihren Kopf hinunter, dessen hellblonde Locken in der strahlenden Sonne wie ein Heiligenschein glänzten.
»Korrigan«, wiederholte sie begeistert und vergaß ihren Ärger über seinen Herrn. »Was ist das für eine Rasse?«
»Ein bretonischer Spaniel.«
Korrigan erwiderte Shirleys Zuneigung, indem er ihre Wangen zärtlich ableckte. Ehe Christophe dem Hund Einhalt gebieten konnte, lachte sie und verbarg ihr Gesicht an dem weichen Hals des Tieres.
»Das hätte ich wissen müssen. Ich hatte früher einmal einen Hund. Er ist mir einfach zugelaufen.« Sie blickte auf und lächelte, als Korrigan ihr mit feuchter Zunge seine Liebe bekundete. »Hauptsächlich förderte ich sein Selbstvertrauen. Ich taufte ihn Leonardo, doch mein Vater nannte ihn den Schrecklichen, und dieser Name blieb haften. Weder Waschen noch Bürsten änderten etwas an seinem schäbigen Aussehen.«
Als sie sich erheben wollte, streckte Christophe die Hand aus, um ihr aufzuhelfen. Sein Griff war fest und beunruhigend. Sie wollte sich möglichst schnell von ihm befreien, und so machte sie sich scheinbar gleichgültig von ihm los und setzte ihren Spaziergang fort. Herr und Hund begleiteten sie.
»Ihre Angriffslust hat sich abgekühlt, wie ich sehe. Ich war überrascht, dass sich ein derartig gefährliches Temperament in einer so verletzlichen Muschel verbirgt.«
»Es tut mir Leid, aber Sie irren sich.« Sie drehte sich um und blickte ihn kurz, aber direkt an. »Nicht in Bezug auf mein Temperament, sondern auf meine Empfindlichkeit. Tatsächlich stehe ich mit beiden Beinen fest in der Welt und bin so leicht nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.«
»Wahrscheinlich mussten Sie noch keine Niederlage erleiden«, erwiderte er. Sie widmete ihre Aufmerksamkeit einem herrlich blühenden Rosenbusch. »Haben Sie sich inzwischen entschieden, längere Zeit hier zu bleiben?«
»Ja. Obwohl ich überzeugt bin, dass Ihnen das nicht recht ist.«
Beredt hob er die Schultern. »Aber natürlich, Mademoiselle. Sie dürfen gern so lange hier bleiben, wie es Ihnen beliebt.«
»Ihre Begeisterung überwältigt mich.«
»Wie bitte?«
»Ach, nichts.« Sie atmete tief und sah ihn herausfordernd an. »Sagen Sie mir, Monsieur, mögen Sie mich nicht, weil Sie glauben, mein Vater wäre ein Gauner gewesen, oder gilt Ihre Abneigung mir persönlich?«
Sein kühler, abschätzender Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, als er sie anblickte. »Ich bedaure, dass Sie diesen Eindruck von mir gewonnen haben. Mademoiselle, mein Verhalten scheint nicht korrekt zu sein. Künftig werde ich mich höflicher benehmen.«
»Sie sind zuweilen so ekelhaft höflich, dass man es schon als Unhöflichkeit auslegen könnte.« Sie verlor die Selbstkontrolle und stampfte unbeherrscht mit dem Fuß auf.
»Ist Unhöflichkeit vielleicht mehr nach Ihrem Geschmack?« Seine Augenbrauen hoben sich, während er ihren Zornesausbruch völlig ungerührt beobachtete.
»Ach, nein.« Verärgert wandte sie sich ab, um eine Rose zu pflücken. »Sie machen mich rasend. Verflixt!« Eine Dorne hatte sie in den Daumen gestochen. »Jetzt sehen Sie selbst, was Sie mit mir anrichten.« Sie führte den Daumen zum Mund und funkelte Christophe an.
»Verzeihen Sie, bitte.« Er sah sie spöttisch an. »Das war sehr unhöflich von mir.«
»Sie sind arrogant, herablassend und langweilig.« Shirley schob die Locken zurück.
»Und Sie sind kratzbürstig, verwöhnt und widerspenstig«, erwiderte er, während er sie fest anblickte und die Arme über der Brust kreuzte. Sie sahen sich einen Augenblick lang unverwandt an, seine höfliche Maske fiel ab, und sie entdeckte einen unbarmherzig aufregenden Mann unter der kühlen, geschliffenen Oberfläche.
»Es scheint so, als hätten wir nach dieser kurzen Bekanntschaft eine hohe Meinung voneinander gewonnen.« Sie schob wieder einige Locken aus dem Gesicht. »Wenn wir uns noch länger kennen, werden wir uns unsterblich ineinander verlieben.«
»Eine interessante Folgerung, Mademoiselle.« Er verneigte sich leicht und kehrte zum Schloss zurück.
Shirley fühlte sich plötzlich verlassen. »Christophe«, rief sie ihm impulsiv hinterher, weil sie den Zwiespalt zwischen ihnen klären wollte.
Er wandte sich um, hob fragend die Brauen, und sie ging auf ihn zu. »Könnten wir
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