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Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Titel: Das Schmetterlingsmädchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Moriarty
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Angst machte. Das war ihr einziger Gedanke.
    Als sie im Vorderzimmer ankam, stand Louise in der offenen Tür und starrte verwirrt zum Tisch.
    »Cora.« Sie war erstaunlich ruhig. »Wer ist das kleine Mädchen unter dem Tisch?«
    Als sie den Kopf wandte, weiteten sich ihre Augen, und Cora wusste, dass Joseph ihr durch die Küche gefolgt war, dass Louise ihn und Cora zusammen ebenso registrierte wie Coras Morgenmantel und ihr offenes Haar. Sie sah Louise an und öffnete den Mund, in der Annahme, dass ihr ein erklärender Satz einfallen würde, aber nichts schien der Situation angemessen.
    »Cora?« Die schwarzen Augenbrauen hoben sich.
    Coras einzige Antwort bestand darin, ihr Kinn zu heben. Es galt sehr viel zu bedenken, Dinge, die wichtiger waren als ihr Stolz. Wenn Joseph Ja sagte und mit Greta nach Wichita kam, musste sie sich etwas einfallen lassen, irgendeine Geschichte, die sie Freunden und Nachbarn erzählen konnte. Noch hatte sie keinen Plan, deshalb war es am besten, gar nichts zu sagen, nicht irgendetwas zu erzählen, auch wenn das bedeutete, dass sie stumm dastehen musste, während sich Louises Gesichtsausdruck von Betroffenheit in Erheiterung verwandelte, in den Beginn eines röhrenden Hohngelächters. Auch gut, dachte Cora. Das konnte sie aushalten. Louises Lachen zu ertragen würde den Beginn ihrer Buße darstellen, die gerechte Strafe für ihre Blindheit und all den Blödsinn, den sie dahergeredet hatte. Sie würde die Demütigung hinnehmen und darüber hinwegkommen. Vielleicht lag noch sehr viel Schönes vor ihr. Einstweilen jedenfalls schuldete sie Louise wenigstens diesen Moment schallenden Gelächters.

Teil 3
    Du hast also die Idee, ich sollte als deine Geliebte mit dir zusammenleben – da ich deine Frau nicht sein kann?«, fragte sie.
    Die Unverblümtheit der Frage erschreckte ihn: Dies Wort war eines von denen, die Frauen seiner Gesellschaftsschicht mieden, selbst wenn sie in der Unterhaltung das Thema sehr nahe streiften. Ihm fiel auf, dass Madame Olenska es so aussprach, als habe es in ihrem Wortschatz einen festen Platz, und er fragte sich im Stillen, ob es in der grässlichen Umgebung, der sie entflohen war, ihr wohl oft zu Ohren gekommen sei. Ihre Frage hatte ihn mit einem Ruck aus seinem Traum gerissen, und er suchte nach Wort en.
    »Ich möchte – ich möchte irgendwie mit dir fortgehen, in eine Welt, wo es solche Worte – solche Kategorien nicht gibt. Wo wir einfach zwei Menschen sind, die sich lieben, die einander alles bedeuten – und wo sonst nichts auf der Welt wichtig ist.«
    Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, der wiederum in einem Lachen endete. »Oh, mein Lieber – wo liegt dieses Land? Bist du schon einmal dort gewesen?
    Edith Wharton, Zeit der Unschuld
    Ich habe vor niemandem Angst. Jeder Mensch hat zwei Arme, zwei Beine, einen Bauch und einen Kopf. Denken Sie mal darüber nach.
    Josephine Baker

18
    Zu Hause. Ihr Zug traf kurz vor zwölf Uhr mittags ein. Am Bahnhof gab Alan Cora einen Kuss auf die Wange und schaute sie lange genug an, dass sie die Nervosität in seinen Augen sehen konnte. Aber er war freundlich, schüttelte Joseph zur Begrüßung die Hand und zog für Greta einen Lolli aus seiner Westentasche. Auf dem Weg zum Wagen erkundigte er sich nach der Fahrt und entschuldigte sich mit einem Blick auf den weiten, wolkenlosen Himmel für die drückende Hitzewelle, die auf Wichita lastete. »Della hat in jedem Zimmer einen Ventilator angestellt«, versicherte er ihnen, als wäre es für ihn völlig normal, dass ihm seine Frau nur drei Tage im Voraus per Telegramm mitteilte, dass sie Gäste mit nach Hause bringen würde, in diesem Fall ihren seit Langem verschollenen Bruder aus New York mitsamt seiner mutterlosen Tochter. Als sie in den Wagen stiegen, fürchtete Greta sich – sie war noch nie Auto gefahren –, deshalb setzte sich Joseph zu ihr auf den Rücksitz und beantwortete leise ihre Fragen: Ja, das war Wichita; bald würden sie bei Tante Cora zu Hause sein. Ja, dort gab es ein Bett für sie. Der große Mann, der am Lenkrad saß? Das war Tante Coras Mann, Onkel Alan. Cora, die auf dem Beifahrersitz saß, wandte den Kopf und schenkte Joseph einen ermutigenden Blick – den er zu brauchen schien –, ehe sie verstohlen zu Alan spähte. Bevor sie New York verließen, hatte sie seine knappe Antwort erhalten, in der lediglich stand, dass er Della beauftragen würde, die Zimmer der Jungs herzurichten. Als er jetzt durch die Stadt fuhr, machte er höfliche

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