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Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Titel: Das Schmetterlingsmädchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Moriarty
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ließ sich mit einem Seufzer auf ihren Sitz sinken. Statt ihr gegenüber Platz zu nehmen, setzte sich Cora direkt neben sie. Das bevorstehende Gespräch musste so privat und leise wie möglich sein. Louise, die Coras Diskretion anscheinend nicht zu würdigen wusste, schlug die Beine übereinander und beugte sich zum Fenster vor. Sie überquerten gerade einen trägen braunen Fluss. In einem Ruderboot standen zwei Jungen in Overalls und winkten dem Zug mit ihren Mützen zu.
    »Ich bin nicht dein Feind«, sagte Cora. Sie redete mit dem schimmernd schwarzen Hinterkopf und dem blassen Streifen Hals, der unter dem Haar hervorlugte. »Ich bin nicht hier, um dich zu schikanieren oder dir Schuldgefühle zu machen oder dich daran zu hindern, Spaß zu haben. Ich bin hier, um dich zu beschützen.«
    Louise drehte sich gereizt um. »Wovor? Vor diesen Männern? Was, glauben Sie, hätten die beiden getan? Mich im Speisewagen unter den Tisch gezerrt, um über mich herzufallen?«
    Cora geriet aus der Fassung. Sie musste schlucken, um sich zu sammeln.
    »Louise, ein Mädchen in deinem Alter isst nicht mit Männern, die sie nicht kennt, zu Mittag. Nicht ohne Anstandsdame.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es sich nicht schickt.«
    »Warum nicht?«
    »Weil man es einfach nicht macht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es unschicklich wirkt.«
    Sie starrten einander an, bis Louise den Blick abwandte. »Logik, die sich im Kreis bewegt«, murmelte sie. »Immer wieder rundherum.«
    »Wir können in Chicago umkehren«, schlug Cora vor. »Wir können sofort nach Kansas zurückfahren.«
    Das war ein Fehler. Louise wirkte nur einen Moment lang erschrocken. Dann sah sie Cora in die Augen und erkannte anscheinend, dass ihre Begleiterin bluffte. Sie konnte unmöglich wissen, warum Cora nicht umkehren würde, warum ihre ältere Begleiterin die Dynamik dieses Zugs brauchte, in dem sie jetzt saßen und sich stetig in Richtung Osten bewegten. Aber das Mädchen – so wachsam, so sensibel für Schwachstellen – schien einen Vorteil zu wittern.
    »Das könnten wir«, stimmte sie zu und lächelte Cora an.
    »Ich würde lieber nicht auf solche Maßnahmen zurückgreifen.« Cora kratzte sich am Hals und wandte den Kopf. Sie konnte den getrockneten Schweiß auf ihrer Bluse riechen. »Aber wenn du mich dazu zwingst, bleibt mir nichts anderes übrig. Deine Eltern haben mir eine große Verantwortung übertragen.« Sie drehte sich wieder zu Louise um. »Um es klar und deutlich auszusprechen: Ich bin nicht nur da, um auf dich aufzupassen, sondern auch auf deinen Ruf. Verstehst du? Ich bin hier, um dich zu beschützen, auch vor Vermutungen. Meine Gegenwart garantiert, dass niemand auch nur im Traum an eine kompromittierende Situation denkt.«
    »Ach so.« Louise machte eine vage Handbewegung. »Dann können Sie beruhigt sein. Das ist mir egal.«
    Cora musste lächeln. Für jemanden, der so belesen war, wirkte Louise reichlich naiv. Hatte ihre Mutter denn nie mit ihr über dieses Thema gesprochen? Über die simple Tatsache, welchen Schaden der Ruf einer Frau nehmen konnte? Kein Wunder, dass Louise sich so über Coras Begleitung ärgerte – sie begriff im Grunde nicht, warum sie überhaupt eine Anstandsdame brauchte.
    »Louise, diese Männer aus Wichita – sie leben im selben Ort wie wir. Und das gilt für viele Leute in diesem Zug. Du kennst sie vielleicht nicht, aber sie könnten wissen, wer du bist, und Geschichten über dich erzählen, wenn sie wieder zu Hause sind. Sie könnten sogar alles viel schlimmer darstellen – wenn das in diesem Fall überhaupt möglich ist. Und wenn du dann am Ende des Sommers nach Wichita zurückkommst, ist dein guter Name beschmutzt.«
    »Und?«
    Cora holte tief Luft und ermahnte sich zur Geduld. »Du hast mir doch erzählt, dass du eines Tages vielleicht gern heiraten möchtest. Eine Braut sein möchtest.«
    Louise, die immer noch verwirrt schien, starrte sie unter zusammengezogenen Augenbrauen hervor an. Cora seufzte und fächelte sich mit ihrem Buch Luft zu. Sie hatte keine Ahnung, wie sie noch deutlicher werden konnte. Mit ihren Jungs hatte sie auch über dieses Thema geredet, aber das Gespräch war anders verlaufen. Sie hatte die beiden einfach davor gewarnt, sich mit einem bestimmten Typ Mädchen einzulassen, dem Typ, dem eine trübe Zukunft blühte und der auch ihre eigenen Aussichten beeinträchtigen könnte. Ob ihre Söhne auf ihren Rat gehört hatten, wusste sie nicht. Sie hatten beide feste Freundinnen gehabt und auch weniger

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