Das schmutzige Spiel Kommissar
eingestreuten Fangfragen zu ,überführen'. Ich weiß wirklich nicht, was er im Schloß wollte!"
„Da er, unserem Wissen zufolge, nur Sie kannte, muß es seine Absicht gewesen sein, zu Ihnen zu gehen."
„Vielleicht war das tatsächlich seine Absicht ... ich kann nichts dazu sagen. Ich habe ihn nicht eingeladen. Das beweist doch wohl die Tatsache, daß er die Tür sprengen mußte, um ins Schloß zu gelangen . . . oder etwa nicht?"
„Ganz recht", murmelte der Inspektor und legte die Stirn in Falten. „Die Tür! Das ist ein Punkt, der für Sie spricht. Der einzige übrigens . . .“
„Aber ein sehr wichtiger Punkt. Das müssen Sie doch zugeben!"
„Im Moment", meinte der Inspektor gelassen, „habe ich nicht die Absicht, das eine oder das andere zuzugeben ... es sei denn die Tatsache, daß unser kleines Verhör einige überraschende Aspekte zutage gefördert hat. Wir haben festzustellen vermocht, daß Sie es mit der Wahrheit nicht sehr genau nehmen!"
„Sie machen einen Fehler, wenn Sie meine kleinen Notlügen überbewerten."
„Ich kann nicht finden, daß es sich hier nur um kleine Notlügen handelt."
Clarissa schwieg und legte die schmalen, blassen Hände an die Schläfen. Dann sagte sie: „Ich wünschte, ich könnte ein wenig Schlaf und Ruhe finden. Warum setzen Sie mir so zu? Ich schwöre Ihnen bei allem, was mir heilig ist, daß ich Raynes weder aufs Schloß bestellt habe noch mit ihm zusammengetroffen bin!"
Der Inspektor stand auf und drehte geistesabwesend den Hut zwischen den Händen. Er blickte hinaus in den Park. „Sie haben ein prachtvolles Haus zu Ihrer Verfügung", meinte er. „Warum wohnen Sie eigentlich allein darin?"
„Das müssen Sie schon Mama fragen."
„Ist sie oft in London?"
„Nur wenn sie Einkäufe zu besorgen hat."
„Es ist ein imponierendes Haus . . . viel schöner als das alte, ungemütliche Schloß."
„Das ist Geschmackssache", erwiderte Clarissa kühl. „Meine Mutter hat schon immer für Ridden Cross geschwärmt."
Der Inspektor nickte und ging zur Tür. Er legte die Hand auf die Klinke und blickte über die Schulter zurück. „So verschieden die beiden Gebäude auch sein mögen", sagte er langsam, „so haben sie doch eins gemeinsam: in jedem von ihnen ist
auf höchst tragische Weise ein Mensch ums Leben gekommen."
Clarissas Herz hämmerte schmerzhaft gegen ihre Rippen. Warum schaute sie der Inspektor so merkwürdig an? Sie wollte eine Frage formulieren, aber Allyson winkte mit dem Hut und sagte: „Bemühen Sie sich nicht, ich finde schon allein nach draußen!"
*
Als die beiden Clarkstones Platz nahmen, um den Tee einzunehmen, herrschte im Zimmer ein diffuses Licht. Die Regentropfen, die gleichmäßig gegen die Scheiben trommelten und wie Tränen im Zickzack nach unten liefen, paßten durchaus zu der Stimmung, in der sich die beiden Damen befanden. Die Gräfin klagte über Migräne. Sie schrak zusammen, sobald sie angesprochen wurde und rauchte, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, eine Zigarette nach der anderen.
Clarissa, die die Mutter unentwegt beobachtete, zog aus diesem seltsamen Benehmen erneut den Schluß, daß Britt recht hatte: die Mutter verbarg tatsächlich etwas. Es war gar nicht ausgeschlossen, daß es sich dabei um den Mord handelte. Denn wovor sonst sollte sie sich fürchten?
„Soso", murmelte die Gräfin und nahm eine Bemerkung auf, die Clarissa vor wenigen Minuten gemacht hatte, „der Inspektor war also bei dir. Was wollte er?"
Clarissa rührte mit dem Löffel in der Teetasse herum. „Er versuchte, mich des Mordes zu verdächtigen!"
„Lieber Himmel!"
„Er behauptete schlichtweg, ich sei die Täterin."
„Das ist nicht wahr!" rief die Gräfin mit bebenden Lippen. „Du warst es nicht..."
Die Antwort kam, wie Clarissa fand, viel zu spontan und erregt... ganz in der Manier eines Menschen, der die volle Wahrheit kennt und gegen eine irrige Verdächtigung Sturm läuft.
„Nein", bestätigte Clarissa, „ich war es nicht. Aber wer war der Täter?"
Die Gräfin vermied es, Clarissa in die Augen zu blicken. „Das soll uns nicht kümmern. Es ist Aufgabe der Polizei, den Mörder zu finden."
„Es ist gräßlich", meinte Clarissa. „Die Zeitungen haben den fetten Bissen sofort aufgeschnappt. Der Daily Mirror bringt die Geschichte als Frontseitenbericht, und der Telegraph hat sogar einen Sonderkorrespondenten nach Ridden Cross entsandt. Ich hatte gestern Nachmittag und auch heute morgen alle Hände voll zu tun um die neugierigen
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