Das schoenste Geschenk
»Carl ist nicht der richtige Mann für dich. Du verdienst einen besseren.«
Erneut brach Sharon in haltloses Gelächter aus. »Laurie! Laurie Martin!«
Außer sich vor Mitgefühl hob Donna vorsichtig Sharons Gesicht an. »Sharon, ich …« In diesem Moment bemerkte sie voller Erstaunen, dass Sharon nicht so aufgebracht vor Verzweiflung, sondern überaus amüsiert war.
Fassungslos schaute sie Sharon einen Moment in die blitzenden Augen. »Nun«, bemerkte sie dann trocken. »Ich wusste ja gleich, dass du heftig darauf reagieren würdest.«
Sharon prustete vor Lachen. »Ich werde ihnen eine viktorianische Etagere als Hochzeitsgeschenk verehren. Oh Donna, mit dieser Neuigkeit hast du mir wirklich Freude bereitet. Dachtest du tatsächlich, ich würde Carl noch immer nachtrauern?«
»Ich war mir nicht sicher«, gab Donna zu. »Ihr zwei wart so lange zusammen, und ich wusste, wie dich die Trennung mitgenommen hatte. Und danach hast du nie über ihn gesprochen.«
»Ich brauchte Zeit, um darüber hinwegzukommen. Aber meine Wunden sind längst verheilt. Ja, ich habe ihn geliebt, und er hat mich sehr in meinem Stolz verletzt. Aber ich habe es überlebt.«
»Ich hätte ihn umbringen können«, sagte Donna grimmig. »Zwei Wochen vor der Hochzeit!«
»Besser zwei Wochen davor als zwei Monate später«, meinte Sharon gelassen. »Wir wären niemals miteinander ausgekommen. Aber Carl und Laurie Martin …«
Diesmal brachen beide in Gelächter aus.
»Weißt du, Sharon«, sagte Donna plötzlich ernüchtert, »viele Leute im Ort glauben, dass du noch immer an Carl hängst.«
Gleichgültig zuckte Sharon die Schultern. »Ich habe keinen Einfluss darauf, was die Leute denken. Über kurz oder lang werden sie ein interessanteres Gesprächsthema finden. Ich habe im Moment ganz andere Dinge im Kopf.«
»Das habe ich mir gedacht, als ich das Zeug sah, das du auf der Veranda abgeladen hast. Was ist unter der Segeltuchplane?«
»Bauholz.«
»Und was hast du damit vor?«
»Nichts. Victor Banning hat etwas damit vor. Willst du noch eine Tasse Kakao?«
»Victor Banning!« Fasziniert beugte Donna sich vor. »Erzähl mir mehr darüber.«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Willst du nun Kakao oder nicht?«
»Was? Nein, danke«, meinte sie ungeduldig. »Sharon, was macht Victor Banning mit deinem Bauholz?«
»Er erledigt die Schreinerarbeiten.«
»Wieso?«
»Weil ich ihn eingestellt habe.«
»Aber warum denn?«
Sharon musste mit Mühe ein Lachen unterdrücken. »Schau, Donna«, sagte sie geduldig. »Er ist Schreiner, er ist sehr talentiert, und er hat keine Arbeit. Und ich brauche jemanden, der für einen niedrigen Lohn arbeitet.«
»Was hast du über ihn herausgefunden?« Donna war wie immer scharf auf Neuigkeiten.
»Nicht viel. Eigentlich gar nichts. Er spricht ja kaum.«
Donna verzog das Gesicht und meinte dann: »Das habe ich auch schon gemerkt.«
Sharon lächelte daraufhin nur. »Manchmal ist er sogar richtig unhöflich«, sagte sie dann. »Er ist sehr stolz und kann hinreißend lächeln. Leider tut er es viel zu selten. Und er hat starke Hände«, fügte sie leise hinzu. »Ich weiß, dass sich unter der rauen Schale ein liebevoller Mann verbirgt, und ich glaube, er kann auch über sich selbst lachen. Er hat es nur verlernt. Er ist ein harter Arbeiter. Wenn der Wind aus der Richtung seines Hauses weht, kann ich ihn den ganzen Tag hämmern und sägen hören.«
Sharon blickte aus dem Fenster in die Richtung seines Hauses. »Und ich liebe ihn.«
Donna hielt den Atem an. »Was?«, rief sie fassunglos.
»Ich liebe ihn«, wiederholte Sharon und lächelte sie amüsiert an. »Soll ich dir ein Glas Wasser bringen?«
Es verging eine Minute, während der Donna sie nur bestürzt ansah. Sharon macht Witze, dachte sie. Doch an dem Gesichtsausdruck der Freundin sah sie, dass Sharon es ernst meinte. Sie hielt es für ihre Pflicht als verheiratete Frau mit demnächst zwei Kindern, auf die Gefahren einer solchen Schwärmerei hinzuweisen.
»Sharon«, fing sie in geduldig-mütterlichem Ton an. »Du kennst doch den Mann kaum. Wie kannst du …«
»Ich wusste es in der Minute, in der ich ihn zum ersten Mal in deinem Laden sah«, unterbrach Sharon sie ruhig. »Ich werde ihn heiraten.«
»Ihn heiraten!«, rief Donna fassungslos. »Hat … hat er dir denn einen Heiratsantrag gemacht?«
Geduldig stand Sharon auf, um Donna ein Glas Wasser zu bringen. »Nein, natürlich nicht«, meinte sie lachend, während sie ihr das Glas reichte. »Er
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