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Das schoenste Geschenk

Das schoenste Geschenk

Titel: Das schoenste Geschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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bist, zwölf Stunden am Tag Sklavenarbeit zu leisten und dabei kaum etwas zu verdienen?«
    »Ich leiste keine Sklavenarbeit«, unterbrach sie ihn.
    »Und ob du das tust. Ich habe dich beobachtet. Du schleifst Möbel durch die Gegend, schleppst Kisten, schrubbst Fußböden.« Allein der Gedanke daran machte ihn wütend. Sie war viel zu zerbrechlich, um solch schwere Arbeit zu leisten. »Du kannst doch mit all der Arbeit allein gar nicht fertig werden.«
    »Ich weiß, wozu ich fähig bin«, gab sie gereizt zurück. »Ich bin schließlich kein Kind mehr.«
    »Nein, du bist eine Frau, die sich nichts aus Pelzen und all den anderen Annehmlichkeiten macht, die jede attraktive Frau haben kann, wenn sie ihre Trumpfkarten nur richtig ausspielt.« Seine Worte klangen kühl und sarkastisch.
    Jetzt blitzten auch Sharons Augen zornig auf. Sie musste sich abwenden, um nicht vor Wut zu explodieren. »Glaubst du, dass jeder Mensch ein Falschspieler ist, Victor?«
    »Einige spielen eben besser als andere«, antwortete er nur.
    »Du tust mir schrecklich leid, Victor«, sagte sie verächtlich.
    »Warum? Weil ich mir darüber im Klaren bin, dass jeder Mensch nur von der Gier nach Besitz getrieben wird? Nur ein Narr gibt sich mit wenig zufrieden.«
    »Ich frage mich, ob du das wirklich glaubst«, sagte sie leise.
    »Und ich frage mich, wie du so tun kannst, als wüsstest du das nicht selbst«, gab er zurück.
    »Ich will dir mal eine Geschichte erzählen.« Sharon wandte sich zu ihm um. Ihre Augen waren dunkel vor Zorn. »Ein Mann wie du wird sie wahrscheinlich ein bisschen zu rührselig und langweilig finden. Aber du wirst mir trotzdem zuhören.«
    Sie steckte die Hände in die Hosentaschen und ging in dem niedrigen Raum auf und ab, bis sie ruhig genug war, um mit ihrer Geschichte zu beginnen.
    »Siehst du diese Gläser?«, fragte sie und deutete auf ein Regal, auf dem eine Reihe gefüllter Weckgläser standen. »Meine Großmutter – genau genommen war sie meine Urgroßmutter – hat dieses Obst eingemacht. Sie hat ihre Beete selbst angelegt, selbst gepflanzt und Unkraut gejätet. Und dann hat sie Stunden um Stunden in der heißen Küche gestanden und Obst und Marmelade eingekocht. Als sie sechzehn war, lebte sie in einem Landhaus in Süd-Maryland. Ihre Familie war sehr reich. Sie ist es immer noch. Die Bristols. Vielleicht hast du von ihnen gehört.«
    Victor hatte von ihnen gehört, aber er sagte nichts. Bristol-Kaufhäuser gab es in fast jeder größeren amerikanischen Stadt. Im Moment baute seine Firma sogar ein neues Kaufhaus für die Bristols in Chicago.
    »Jedenfalls«, fuhr Sharon fort, »war sie ein schönes und verwöhntes junges Mädchen, das alles haben konnte, was es sich nur wünschte. Sie war in Europa erzogen worden, und man hatte vor, ihr in Paris den letzten Schliff geben zu lassen, bevor sie in London in die Gesellschaft eingeführt wurde. Wäre es nach ihren Eltern gegangen, hätte sie einen reichen Mann geheiratet, ihre eigene Villa gehabt und eine Schar von Bediensteten.« Sharon lachte, als amüsierte und erstaunte sie dieser Gedanke.
    »Aber sie widersetzte sich den Plänen ihrer Eltern und verliebte sich in William Abbott, einen Maurer, den man angestellt hatte, um auf dem Anwesen einige Ausbesserungsarbeiten vorzunehmen. Natürlich wollte die Familie nichts von der Romanze wissen. Man hatte nämlich schon eine Heirat zwischen ihr und dem Erben irgendeines Stahlwerks arrangiert. Um es kurz zu machen: Großmutter hat ihre eigene Entscheidung getroffen und den armen Maurer geheiratet. Daraufhin enterbte man sie. Es ging alles sehr dramatisch und sehr viktorianisch zu.«
    Sie schaute Victor einen Moment lang herausfordernd an, als erwarte sie irgendeinen Kommentar von ihm. Als er jedoch schwieg, sprach Sharon weiter.
    »Sie sind hierher zu seiner Familie gezogen. Sie mussten das Haus mit seinen Eltern teilen, weil sie nicht genug Geld hatten, um sich ein eigenes Haus zu bauen. Großmutter hat es niemals bereut, all die ›Annehmlichkeiten‹ aufgegeben zu haben. Sie hatte solch kleine Hände«, sagte Sharon leise und blickte auf ihre eigenen Hände hinab. »Sie waren arm. Nur einmal schenkten ihre Eltern ihr etwas. Die Esszimmergarnitur und ein bisschen Porzellan. Und das wurde über Rechtsanwälte abgewickelt. Großmutter hatte fünf Kinder. Zwei davon sind sehr jung gestorben, einen Sohn hat sie im Krieg verloren. Eine Tochter zog nach Oklahoma und starb kinderlos vor etwa vierzig Jahren. Ihr jüngster Sohn

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