Das schoenste Geschenk
schloss die Tür hinter ihm und lehnte sich einen Moment mit dem Rücken dagegen. Vielleicht, dachte sie, ist der Besuch in diesem verschlafenen Nest doch noch zu etwas gut. Ein so attraktiver Mann ist mir schon lange nicht mehr über den Weg gelaufen. Und da sie wusste, welchen Umgang die steifen Hourbacks pflegten, konnte sie davon ausgehen, dass er wahrscheinlich obendrein auch noch ein paar Dollar besaß.
»Na, das ist vielleicht eine kleine Welt«, sagte sie und strich sich anmutig eine ihrer goldblonden Locken hinters Ohr. »Wie geht es Ted und Sheila? Ich habe sie schon ewig nicht mehr gesehen.«
»Soviel ich weiß, gut.« Victor wusste genau, in welche Richtung ihre Überlegungen gingen. »Sie erwähnten ganz nebenbei, dass Sie sich hier aufhalten. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, Sie kennenzulernen, Mrs. Cross.«
»Nennen Sie mich doch bitte Anna«, sagte sie mit einem charmanten Lächeln.
Seufzend schaute sie sich in dem einfachen Hotelzimmer um. »Ich muss mich für meine Unterbringung entschuldigen. Aber da ich in der Nähe etwas zu erledigen hatte …«, anmutig zuckte sie die Schultern, »… bin ich gezwungen, mich mit dieser Bleibe zu behelfen. Ich kann Ihnen einen Drink anbieten, falls Sie Bourbon mögen.«
Victor willigte ein. »Wenn Ihnen das keine Umstände macht«, sagte er ruhig.
»Aber nicht im Geringsten.« Anne ging zu einem kleinen Tisch. Während sie den Whisky eingoss, warf sie einen schnellen Blick in den Spiegel. Ja, sie sah perfekt aus. Zum Glück hatte sie schon Make-up aufgelegt und ihr Haar frisiert. »Sagen Sie, Victor«, fuhr sie fort, »was hat ein Mann wie Sie in diesem verschlafenen Nest zu suchen? Sie kommen doch bestimmt nicht aus dieser Gegend.«
»Ich hatte Geschäfte zu erledigen«, sagte er und nickte dankend, als sie ihm ein viel zu volles Glas Whisky reichte.
Anne schloss nachdenklich für einen Moment die Augen, um sie gleich darauf weit aufzureißen. »Oh, natürlich! Wie konnte ich nur so dumm sein.«
Sie strahlte Victor an, während sie bereits kühl kalkulierte. »Die Hourbacks haben einmal von Ihnen gesprochen. Die Firma Riverton, nicht wahr?«
»Richtig.«
»Ich bin beeindruckt.«
Sie fuhr sich wieder mit der Zungenspitze über die Lippen. »Es ist die größte Baufirma im Land.«
»Wahrscheinlich«, sagte er nachsichtig, während er beobachtete, wie sie ihn über den Rand ihres Glases hinweg fixierte. Wenn er nicht wegen Sharon gekommen wäre, hätte ihn die Situation amüsiert.
Graziös setzte Anne sich auf den Bettrand und nippte an ihrem Whisky. »Nun, Victor, was kann ich für Sie tun?«, fragte sie kokett.
Victor schwenkte den Whisky in seinem Glas. Mit kühlem Blick schaute er ihr ins Gesicht. »Lassen Sie Sharon in Ruhe.«
Anne vergaß sich lange genug, um ihn verblüfft anzustarren. »Wovon sprechen Sie überhaupt?«, fragte sie schließlich verständnislos.
»Von Sharon, Ihrer Tochter.«
»Ich weiß, wer Sharon ist«, erwiderte sie scharf. »Was hat sie mit Ihnen zu tun?«
»Ich werde sie heiraten.«
Zuerst spiegelte sich fassungsloses Erstaunen auf ihrem Gesicht, dann brach sie in schrilles Gelächter aus. »Die kleine Sharon? Oh, das ist zu komisch. Wollen Sie mir etwa erzählen, dass sich meine Tochter einen leibhaftigen Millionär geangelt hat? Ich habe die Kleine wohl gewaltig unterschätzt.« Sie warf ihm einen listigen Blick zu. »Oder habe ich etwa Sie unterschätzt?«
Es gelang Victor, seine Wut im Zaum zu halten. Als er ihr antwortete, klang seine Stimme gefährlich ruhig. »Nehmen Sie sich in Acht, Anne«, warnte er sie.
Sein Blick ließ sie verstummen. Lässig zuckte sie die Schultern. »Nun«, sagte sie schließlich. »Sie wollen also Sharon heiraten. Was geht mich das an?«
»Nichts. Absolut gar nichts.«
Geschickt verbarg sie ihre Verärgerung. »Dann muss ich wohl meinem kleinen Mädchen zu seinem Glück gratulieren«, meinte sie und stand anmutig auf.
Victor fasste sie beim Arm. »Sie werden nichts dergleichen tun, sondern sofort Ihre Koffer packen und von hier verschwinden«, sagte er drohend.
Wütend riss sich Anne von ihm los. »Was bilden Sie sich eigentlich ein?«, rief sie empört. »Sie können mir nicht vorschreiben, wann ich abzureisen habe.«
»Ich habe Ihnen nur einen Rat gegeben, und Sie täten gut daran, ihn anzunehmen.«
»Ihr Ton gefällt mir nicht«, gab sie zurück. »Ich werde meine Tochter selbstverständlich besuchen und …«
»Warum?«, unterbrach Victor sie. »Sie werden
Weitere Kostenlose Bücher