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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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mich her.
    Er geht auf den
wenigen Metern im Zimmer im Kreis und schikaniert mich mit seinen Schritten.
Schreit, sein Rücken sei entzündet und ich hinge einfach nur auf dem Bett rum.
    Er ist daran gewöhnt,
dass ich sofort aufspringe und hinter seinen Bedürfnissen herschwarwenzele. Er
hat sein T-Shirt ausgezogen und wandert herum wie ein Affe im Käfig.
    »Das tut weh, das
brennt.«
    »Dann geh duschen.«
    »Hast du denn keine
Salbe?«
    »Sieh mal im Bad
nach.«
    Ich höre, dass er
alles runterwirft, dass er meine Tasche auskippt. Er kommt mit einer Tube
zurück.
    »Die hier?«
    Ich nicke. Er wirft
sie aufs Bett.
    »Reibst du mich ein?«
    »Reib dich selber
ein, Pietro.«
    Aufgebracht fährt er
herum: »Wieso?!«
    »Weil ich mich nicht
wohlfühle, das hab ich dir doch schon gesagt.«
    Er setzt sich aufs
Fensterbrett und drückt auf die Tasten seines Handys.
    »Hallo, Papa.«
    Lass mich in Ruhe,
Pietro. Ich habe dich bekocht, habe deine Wäsche zusammengelegt und mich viele
Stunden mit deinen Schulaufgaben herumgeplagt. Du hast noch das ganze Leben vor
dir. Ich habe nur diese verdorrten Beine, diese Knochen, die hohl wie
Rohrstöcke sind. Heute bin ich sentimental wie diese Stadt, bin ich eine kranke
Katze, die sich an den Hauswänden reibt.
    Ich höre ihn maulen.
Alles sei zum Kotzen und ich ja komplett durch den Wind.
    »Warte, ich gebe sie
dir.«
    Ich habe keine Lust,
mit Giuliano zu sprechen, will meinen Mund halten, mich nicht bewegen.
    Pietro wirft das
Handy aufs Bett: »Da, Papa ist dran.«
    Ich sage kaum etwas,
und das mit Grabesstimme. »Ich ruf dich zurück«, sage ich.
    Vielleicht habe ich
Fieber.
    Pietro löst sich vom
Fensterbrett und kommt zu mir.
    »Warum hast du nicht
mit ihm gesprochen?«
    »Ich rufe ihn nachher
an.«
    Er klopft meinen
Rücken und meine Beine ab.
    »He, was soll das?«
    »Du bist ja voller
Staub, wo hast du dich denn rumgetrieben?«
    Ich ziehe meinen Rock
an mich wie eine kranke Katze ihren Schwanz. Es stimmt, ich bin dreckig und
verschwitzt.
    »Lass mich in Ruhe.«
    Er greift erneut zum
Telefon, streicht um das Bett herum.
    »Warum bist du …
Warum bist du …«
    So fängt er an, ohne
zu wissen, wo er anfangen soll, wie üblich. Nur dass seine Wut heute größer
ist, sie ist eine Welle, die ihm den Blick versperrt.
    »Was glaubst du
eigentlich, wer du bist?!«
    Ich müsste mich
aufregen, habe aber keine Kraft dafür, ich bin wie zerschlagen. Sehe Pietro mit
diesem Abstand an. Jetzt ist er ein hässlicher, grober Kerl.
    »Was glaubst du
eigentlich, wer du bist?! Warum hast du dich immer für Papa geschämt?«
    Er verpasst dem Stuhl
einen Tritt, unsere Sachen fallen herunter.
    »Weil Papa einen
Bauch hat und weil er eine Uniform trägt.«
    »Pietro, was erzählst
du denn da?«
    »Und nie bist du zu
den Truppenfesten mitgekommen, weil du mit den Carabinieri-Frauen nichts zu tun
haben willst … Sogar zum Gedenktag für Salvo D’Acquisto bin nur ich
mitgegangen! Du nicht! Du hattest ja was Besseres vor!«
    »Was redest du denn
da? … Was hat das damit zu tun?«
    Ich starre ihn an und
mache mir Sorgen, ich sollte aufstehen, ihn mit der Salbe einreiben und mich um
ihn kümmern. Etwas Kühles auf diese Wut streichen.
    »Du denkst nur an
dich! Du bist nicht meinetwegen hergekommen! Du bist bloß wegen diesem scheiß
Diego hier!«
    Er schreit immer
noch, doch ich höre nicht mehr zu. Ich sehe seine blauen Augen an, die nun
gerötet sind, zornverschmiert. Ich werfe sein T-Shirt nach ihm.
    »Hau bloß ab, du
blöder Kerl!«
    Er dreht sich um, und
für einen Augenblick sieht es so aus, als wollte er sich auf mich stürzen und
mich beißen. Jetzt ist er ein Puma. Ein junger Puma mit gefletschten Zähnen. Er
richtet eine Pranke auf mich.
    »Komm mal wieder auf
den Teppich, Mama! Du bist das Letzte!«
    Dann verschwindet er
mit seinem entzündeten Rücken.
    Bestimmt vergräbt er
sich im Internetcafé, in dieser Höhle aus blauen Bildschirmen. Er wird mit
seinen Freunden chatten, mit diesem Heer von Hominiden, für die er mich seit
der großen Wende im letzten Jahr verleugnet. Er wird mit bildschirmgeblendeten
Augen zurückkommen und mich ansehen wie eine entfernte Verwandte.
    Er hat recht, ich bin
das Letzte.
    Ich gehe ins Bad und
wasche mir das Gesicht. Unterdessen weine ich weiter.
    Ich setze mich aufs
Fensterbrett. Rufe Giuliano an.
    »Entschuldige,
entschuldige bitte …«
    »Was denn?«
    »Dass ich nicht zur
Gedenkfeier für Salvo D’Acquisto mitgekommen bin.«
    Er lacht und

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