Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
fragte: »Wie geht es Ihrem Sohn? Leider habe ich ihn in letzter Zeit nicht in Edinburgh gesehen. Ist alles in Ordnung?«
»Ja, danke, Mr. Hall.«
»Neulich hat der Duke of Hamilton mir gegenüber seine Befürchtung ausgesprochen, dass der Earl of Erroll schlecht von ihm denke, weil er ihn meide.«
Die Countess lehnte sich zurück, damit Kirsty ihren Teller vom Tisch nehmen konnte. »Über die Meinung meines Sohnes und seine Angelegenheiten weiß ich nichts zu sagen.«
»Natürlich nicht, das habe ich auch nicht gemeint. Ich wollte nur erwähnen, dass der Duke …«
»… mit Sicherheit Manns genug ist, um meinen Sohn persönlich zu fragen, und sich in dieser Hinsicht nicht auf mein Wort verlassen muss.«
»Mylady, bitte akzeptieren Sie meine Entschuldigung. Ich hatte nicht vor, Sie zu kränken.«
»Das habe ich auch nicht so aufgefasst, Mr. Hall.« Die Countess lenkte die Unterhaltung wieder auf unverfänglicheres Terrain. »Sie sehen sich im Moment nicht gezwungen, Ihre Reise fortzusetzen, nicht wahr?«
»Nein, Mylady.«
»Das freut mich zu hören, denn wir könnten die Gesellschaft eines Mannes hier in Slains gut gebrauchen. Im vergangenen Winter hatten wir kaum Gäste, weil die Nachbarn des üblen Wetters wegen auf ihren eigenen Besitztümern blieben. Ich muss zugeben, dass ich die letzten Monate ziemlich langweilig fand.«
»Vielleicht«, meinte Mr. Hall, »bringen die nächsten Wochen mehr Abwechslung.«
Die Countess lächelte. »Das hoffe ich.« An Sophia gewandt, fügte sie hinzu: »Aber nun habe ich ja eine lebhafte junge Gesellschafterin. Ich fürchte, eher dir, meine Liebe, wird hier so langweilig werden, dass du dich an einen anderen Ort sehnst.«
»Bestimmt nicht«, versicherte Sophia. »Ich bin nicht an Städte gewöhnt. Mir ist das ruhige Leben lieber.«
»Das kann ich dir bieten«, sagte die Countess. »Zumindest vorübergehend, bis die Familien in der Nachbarschaft merken, dass eine hübsche, unverheiratete Verwandte bei mir weilt. Dann, fürchte ich, wird die Neugierde sie in Scharen zu uns locken.« Ihre Augen funkelten.
Sophia, die nicht erwartete, von den jungen Herren der Gegend umworben zu werden, weil sie wusste, dass sie keine Schönheit, sondern nur eine ganz normale junge Frau ohne eigenes Einkommen oder Mitgift war, äußerte sich nicht dazu.
»Tja, dann sollte ich tatsächlich bleiben«, sagte Mr. Hall, »um den Ansturm abzuwehren.« Er rückte mit dem Stuhl zurück. »Aber wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden: Ich muss einen Brief an den Duke schreiben, um ihn über meine Pläne zu informieren. Haben Sie die Möglichkeit, diese Nachricht nach Edinburgh bringen zu lassen, Mylady?«
Die Countess nickte, und Mr. Hall verabschiedete sich mit einer formvollendeten Verbeugung sowie einem »Guten Morgen« von ihnen. Als Kirsty sich daran machte, seinen Teller abzutragen, sagte die Countess: »Kirsty, danke, dass du Mistress Paterson heute Morgen den Weg hierher gezeigt hast. Zum Glück ist sie dir begegnet.«
Kirsty hob erstaunt den Blick. »Keine Ursache, Mylady. Ich hab sie auf dem Flur getroffen. Sie hätte den Weg auch ohne meine Hilfe gefunden.«
Die Countess lächelte. »Mag sein, aber ich muss gestehen, dass ich meine Pflichten als Gastgeberin vernachlässigt habe. In Slains kann man sich sehr leicht verlaufen. Bist du fertig, Sophia? Dann zeige ich dir jetzt alles, damit du dich nicht mehr verirrst.«
Der Rundgang erwies sich als lang und gründlich. Am Ende brachte die Countess sie zu einem kleinen Raum im Erdgeschoss. »Nähst du?«, fragte sie.
»Ja, Mylady. Soll ich etwas flicken?«
Die Countess blieb überrascht stehen und sah Sophia an. »Nein, ich wollte dir nur sagen, dass dieser Raum sich gut zum Nähen eignet, weil er an der Südseite liegt und hell ist. Ich selbst bin nicht sonderlich geschickt mit der Nadel. Meine Gedanken schweifen gern zu anderen Dingen.«
Das gemütliche kleine Zimmer wirkte wärmer als die anderen.
»Wie lange, Sophia, warst du im Haushalt von John Drummond?«, erkundigte sich die Countess.
»Acht Jahre, Mylady.«
»Acht Jahre.« Die Countess schwieg eine Weile. »Ich kannte meinen Verwandten nicht besonders gut. Als Kinder damals in Perth waren wir Spielkameraden. Er liebte es, Dinge kaputt zu machen.« Sie strich Sophia mütterlich eine Locke aus dem Gesicht. »Ich reparierte sie lieber.«
Mehr erzählte sie nicht über John Drummond.
In den folgenden Tagen wurde Sophia klar, dass die Countess nur selten schlecht
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