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Das schwarze Blut

Titel: Das schwarze Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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letzten Abgase fortzublasen und das reinste, schönste Bild hervorzuzaubern. Beleuchtete Brunnen, steinerne Rundbögen, lange graue Arkaden: eine Kulisse wie aus dem siebzehnten Jahrhundert – als sei sie einem Stück von Molière entsprungen. Man rechnete förmlich damit, unter den Laternen den Komtur auftauchen zu sehen, der Don Juan verfolgt.
    Mark setzte sich auf einen Brunnenrand und spürte die Kühle des Wassers zu sich emporsteigen und ihn umfangen wie im Märchen. Er schloss und öffnete die Augen, mehrmals hintereinander, und mit jedem Mal wurden die Lichter der Arkaden ein wenig schärfer, drangen ihm ein wenig tiefer ins Bewusstsein. Wie Akupunkturnadeln, die seine Meridiane als Bewohner der Stadt stimulierten.
    Mit der Ruhe kehrte auch sein Verstand zurück. Er tauchte die Finger ins kalte Wasser und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, ehe er sich die Wahrheit eingestehen konnte.
    Sein Zorn richtete sich gegen ihn selbst.
Warum sich etwas vorlügen? Im Grunde war er hingerissen von Khadidscha. Wie jeder Mann von einer solchen Schönheit. Aber während jeder andere sein Glück versucht hätte, hatte erein Foto von ihr gestohlen, um es einem Serienmörder zu schicken. So einer war er …Seine Leidenschaft galt nicht der Liebe, sondern dem Tod. Sophies Bild tauchte auf und fegte diese Gedanken gleich wieder fort. Er war verflucht, und er wusste es. Wehe allen, dieihm zu nahe kamen. Was dann geschah, hatte er schon erlebt. Zwei Mal. Aus diesem Grund musste er sich von der Liebe fern halten. Sogar von der Freundschaft. Mark Dupeyrat, vierundvierzig Jahre alt, unverheiratet und kinderlos. Einer, der immer nur hinter Verbrechern her war und unfähig, sein Leben mit einem anderen Menschen zu teilen.
    Er setzte sich wieder in Bewegung. Der Zorn wich der Verzweiflung. Die lange, breite, leere Avenue de l’Opéra wirkte mit den toten Schaufenstern ihrer Touristenläden wie von einem anderen Planeten und stimmte ihn noch trübsinniger.
    Als er sich dem Palais-Garnier näherte, machte er einen weiten Bogen um die grellen Lichter und tauchte in die stockfinstere Rue de la Chaussée-d’Antin ein, in der nur ein paar einsame Prostituierte umherirrten, als wären sie im falschen Leben. Endlich war er am Fuß des Hügels des 9. Arrondissements angelangt, der hinter der Dreifaltigkeitskirche anstieg.
    In seinem Kopf breitete sich eine riesige Schwärze aus …Eine Viertelstunde später betrat er sein Atelier. Es widerstrebte ihm, Licht einzuschalten. Im Halbdunkel erkannte er die Südostasienkarten, die er mit Reißzwecken an die Wand geheftet hatte, seine erst halb gepackte Reisetasche. Und vor allem seinen Computer, dessen aufgeklappter Deckel einen bläulichen Schein verbreitete.
    Das war der Augenblick der Erkenntnis.
Er empfand überhaupt keinen Zorn gegen Khadidscha. Auch nicht gegen sich selbst oder sein riskantes Vorhaben. Er war einfach nur frustriert, deprimiert, niedergeschlagenwegen seines Misserfolgs.
Jacques Reverdi hatte keine Mail geschickt.
Seit über einer Woche wartete er – und hatte nun alleHoffnung aufgegeben. Tag für Tag hatte er mehrmals in verschiedenen Internetcafés des Viertels seine Mailbox aufgerufen: keine Nachricht. Reverdi wollte von Elisabeth nichts mehr wissen. Ihr gemeinsames Projekt interessierte ihn nicht mehr.
    Er hörte sich zu Khadidscha sagen: »Ich muss demnächst verreisen.« Das stimmte nicht. Niemand hatte ihn gerufen. Tausend Mal hatte er sich vorgestellt, wie er sich auf die Reise machte, aber es hatte ihm niemand geschrieben. Nicht das kleinste Zeichen. Nun saß er da wie bestellt und nicht abgeholt.
    Er stand noch unter der Tür des Ateliers, als es ihn auf einmal wie ein elektrischer Schlag durchfuhr. Es packte ihn das unbezähmbare Bedürfnis, Elisabeths Mailbox aufzurufen. Vielleicht war heute Abend …Dabei war es absurd: Erst um acht Uhr, auf dem Weg zu Vincents Studio, hatte er in einem Internetcafé am Boulevard Saint-Germain nachgesehen, ob Post da war. Seither konnte nichts gekommen sein: In Kanara ging jetzt gerade die Nacht zu Ende. Doch die fieberhafte Erregung ließ ihn nicht los, es war wie ein Prickeln in allen Gliedmaßen.
    Wohin aber konnte er um diese Zeit noch gehen? Inzwischen war es drei Uhr morgens. Wieder fiel sein Blick auf den Computer. Er hatte sich geschworen, weder seinen Mac zu benutzen noch seine Telefonleitung. Niemals durfte eine direkte Verbindung von Mark Dupeyrat zu Jacques Reverdi führen, nicht ein einziges Mal.
    Doch in dieser

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