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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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verkauft hat, Jack, warst du vermutlich noch in der ersten Klasse. Worum geht’s eigentlich?«
    Jack weiß, dass sein Vorhaben nach normalen Ermittlungsmaßstäben lächerlich ist – man nimmt keinen Außenstehenden an einen Tatort mit, vor allem nicht an den eines Mordes -, aber hier handelt es sich nicht um normale Ermittlungen. In einem seiner Klarsichtbeutel hat er ein Beweisstück, das er aus einer anderen Welt mitgebracht hat – wenn das nicht anormal ist? Natürlich kann er das längst nicht mehr existierende Ed’s Eats selbst finden; bei Goltz’s gibt es bestimmt jemanden, der ihm den Weg dorthin zeigen kann. Aber …
    »Der Fisherman hat mir heute Morgen einen von Irma Freneaus
Laufschuhen geschickt«, sagt Jack. »Irmas Fuß war noch darin.«
    Henrys erste Reaktion besteht aus einem tiefen, scharfen Luftholen.
    »Henry? Alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja.« Henrys Stimme klingt schockiert, aber ruhig. »Wie schrecklich für die Kleine – und ihre Mutter.« Er macht eine Pause. »Und für dich. Für Dale.« Eine weitere Pause. »Für diese Stadt.«
    »Ja.«
    »Jack, soll ich dich zu Ed’s bringen?«
    Das kann Henry, darüber ist Jack sich im Klaren. Ein Kinderspiel. Überhaupt nichts dabei. Und weshalb hätte er Henry sonst anrufen sollen?
    »Ja«, sagt er.
    »Hast du die Polizei verständigt?«
    »Nein.«
    Er wird fragen, warum ich das nicht getan habe, und was werde ich antworten? Dass ich nicht will, dass Bobby Dulac, Tom Lund und alle anderen dort draußen herumtrampeln und mit ihren Gerüchen die Witterung des Täters überlagern, bevor ich Gelegenheit gehabt habe, sie selbst aufzunehmen? Dass ich keinem dieser Kerle zutraue, die Ermittlungen nicht zu verpatzen, was übrigens auch für Dale gilt?
    Aber Henry stellt keine Fragen. »Ich stehe an meiner Einfahrt«, sagt er. »Ich muss nur wissen, wann.«
    Jack überschlägt, was noch zu tun ist und wie lange es dauern wird, bis das Beweismaterial sicher in der abschließbaren Box auf der Ladefläche seines Pickups liegt. Er erinnert sich daran, dass er sein Handy mitnehmen sollte, das sonst die meiste Zeit über nur in seinem Arbeitszimmer in dem kleinen Ladegerät steht. Er hat vor, die Polizei zu verständigen, sobald er Irmas Leiche in situ gesehen und den entscheidend wichtigen ersten Rundgang am Tatort gemacht hat. Dann können Dale und seine Jungs kommen. Sollen sie doch die Blaskapelle der High School mitbringen, wenn sie wollen. Er sieht auf die Uhr und stellt fest, dass es kurz vor acht ist. Wie kann es so früh schon so spät sein? In jener anderen Welt sind die Entfernungen
kürzer, das weiß er, aber läuft dort auch die Zeit schneller? Oder hat er nur nicht auf sie geachtet?
    »Ich komme um Viertel nach acht vorbei«, sagt Jack. »Aber wenn wir bei Ed’s Eats sind, bleibst du wie ein braver kleiner Junge im Auto sitzen, bis ich dir sage, dass du aussteigen darfst.«
    »Verstanden, mon capitaine .«
    »Ding-dong.« Jack legt auf und geht wieder auf die Veranda hinaus.
     
    Die Dinge werden sich nicht so entwickeln, wie Jack das erhofft. Er wird diesen ersten ungestörten Blick nicht bekommen, wird die Witterung des Täters nicht aufnehmen können. Tatsächlich wird die ohnehin schon brisante Situation in French Landing an diesem Nachmittag kurz davor stehen, außer Kontrolle zu geraten. Obwohl daran viele Faktoren mitwirken, wird der Hauptverursacher dieser neuerlichen Eskalation der Verrückte Ungar sein.
    In diesem Spitznamen steckt eine Dosis guter alter Kleinstadthumor, der sich darin ausdrückt, dass der schmächtige Bankangestellte Big Joe oder der Buchhändler mit der Trifokalbrille Adlerauge genannt wird. Mit eins achtundsechzig und 68 Kilogramm ist Arnold Hrabowski der kleinste Mann in Dale Gilbertsons gegenwärtiger Truppe. Er ist sogar die kleinste Person in Dales Truppe, weil Debbi Anderson und Pam Stevens beide schwerer und größer sind (mit ihren eins fünfundachtzig könnte Debbi von Arnold Hrabowskis Kopf Rühreier essen). Außerdem ist der Verrückte Ungar ein ziemlich harmloser Bursche: ein Mann, der sich weiterhin entschuldigt, wenn er jemandem einen Strafzettel ausstellt, obwohl Dale ihm schon oft erklärt hat, dass das sehr unvernünftig ist, und Vernehmungen schon mal mit so unglücklichen Redewendungen wie »Entschuldigung, aber ich wüsste gern …« beginnt. Deshalb setzt Dale ihn möglichst nur als Wachhabenden oder in der Innenstadt ein, wo ihn jeder kennt und die meisten ihn mit leicht gönnerhaftem Respekt

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