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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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wir erneut das Ende des Weges. Im Halbdunkel unter den Bäumen dort hinten gibt es eine Stelle, die noch dunkler wirkt. Selbst während sie ins Dämmerlicht zurückweicht, besitzt sie eine unnatürliche Beharrlichkeit, die sie von den sie umgebenden Bäumen unterscheidet. Aha oho, sagen wir uns, indem wir Burnys Geschwafel echoen, was haben wir denn hier, doch nicht etwa irgendeine Art Mauer? Ziemlich formlos erscheint sie uns jedenfalls. Als wir den Scheitelpunkt der Kurve erreichen, die der Weg beschreibt, erweist sich ein dreieckiger Schatten, den die Bäume fast verdeckt haben, plötzlich als ein Spitzdach. Erst als wir es schon fast erreicht haben, zeigt sich das ganze Gebäude als ein zweistöckiges Holzhaus – eine eigenartig schwerfällige Konstruktion – mit einer niedrigen, teils schon eingesunkenen Veranda. Dieses Haus steht offensichtlich schon lange leer, und nachdem wir seine Außergewöhnlichkeit richtig in uns aufgenommen haben, fällt uns als Erstes seine abweisende Art gegenüber neuen Bewohnern auf. Ein weiteres Schild mit der Aufschrift ZUTRITT VERBOTEN, das unmöglich schief seitlich an einem Treppenpfosten lehnt, unterstreicht lediglich den Eindruck, den das Gebäude selbst vermittelt.
    Das Spitzdach bedeckt nur den mittleren Teil des Hauses. Links erstreckt sich ein eingeschossiger Anbau rückwärts in den Wald hinein. Rechts entsprießen dem Gebäude niedrige Anbauten wie übergroße Schuppen, die viel eher Auswüchse
als nachträglich hinzugefügte Zweckbauten zu sein scheinen. In beiden Bedeutungen des Worts wirkt das Gebäude unausgeglichen: Ein aus dem Lot geratener Verstand hat es entworfen und dann unerbittlich in schiefe Wirklichkeit umgesetzt. Das störrische Ergebnis wehrt Fragen ab und entzieht sich einer Deutung. Trotz den Schäden durch Zeit und Witterung geht von den Ziegeln und Brettern eine seltsame, monolithische Unverwundbarkeit aus. Dieses offenbar auf der Suche nach Abgeschiedenheit, wenn nicht sogar nach völliger Isolation erbaute Haus scheint sie nach wie vor einzufordern.
    Am merkwürdigsten ist, dass das Haus aus unserem Blickwinkel einheitlich schwarz gestrichen zu sein scheint – nicht nur die Holzverschalung, sondern jeder Quadratzentimeter seines Äußeren, der Veranda, der Verzierungen, der Regenrinnen, sogar die Fenster. Schwarz von oben bis unten. Aber das kann eigentlich kaum möglich sein: In diesem arglosen, gutherzigen Winkel der Erde würde nicht einmal der verrückteste misanthropische Bauherr sein Haus in seinen eigenen Schatten verwandeln. Wir schweben tiefer, bis wir dicht über dem Erdboden sind, und nähern uns auf dem schmalen Weg weiter dem Haus …
    Als wir nahe genug heran sind, um ein zuverlässiges Urteil abgeben zu können – was unbehaglich nahe ist -, stellen wir fest, dass Misanthropie weiter gehen kann, als wir vermutet hätten. Das Haus wirkt jetzt nicht mehr gänzlich schwarz, auch wenn es das früher wohl einmal gewesen war. Die Farbe, zu der es jetzt verblasst ist, erweckt in uns das Gefühl, wir könnten die Originalfarbe zu kritisch beurteilt haben. Das Haus hat das bleierne Grauschwarz von Gewitterwolken, düsteren Meeren und den Rümpfen gestrandeter Schiffe angenommen. Richtiges Schwarz wäre dieser vollkommenen Leblosigkeit sogar allemal vorzuziehen.
    Wir können sicher gehen, dass nur sehr wenige der Erwachsenen, die in der nahe gelegenen Wohnsiedlung leben, oder irgendwelche Erwachsenen aus French Landing beziehungsweise den umliegenden Gemeinden die Ermahnung am Highway 35 missachtet haben, um es zu wagen, dem schmalen Weg zu folgen. Fast niemand mehr nimmt das Schild überhaupt
noch wahr; keiner weiß überhaupt noch von der Existenz des schwarzen Hauses. Wir können uns jedoch ebenso gut vorstellen, dass einige der Kinder dieser Leute den Weg erforscht haben und manche davon sogar weit genug auf ihm vorgedrungen sind, um auf das Haus zu stoßen. Sie hätten es auf eine Weise gesehen, zu der ihre Eltern nicht imstande gewesen wären, und was sie sahen, hätte sie zum Highway zurückgaloppieren lassen.
    Das schwarze Haus wirkt im Westen Wisconsins ebenso fehl am Platz wie ein Wolkenkratzer oder ein Schloss mit Wassergraben. Eigentlich wäre das schwarze Haus sogar überall auf unserer Welt eine Anomalie, außer vielleicht als »Spukhaus«, als »Schloss des Grauens« in einem Vergnügungspark, wo es aber wegen seiner Ausstrahlung, die noch den letzten Kartenkäufer vergrault hätte, innerhalb einer Woche Pleite machen

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