Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
behindern.«
»Danke«, sagt Jack. »Es wird äußerst nützlich sein, das verspreche ich Ihnen.«
»Ich bin schon zu lange Psychiater, um solchen Versprechungen zu trauen, Lieutenant Sawyer, aber ich hoffe, dass es Ihnen gelingen wird, Tyler Marshall zu retten. Kommen Sie, ich bringe Sie in mein Büro. Sie können dort warten, während ich die Patientin hole und durch einen anderen Flur dorthin bringe. Das geht etwas schneller.«
Dr. Spiegleman marschiert bis ans Ende des düsteren Korridors, wendet sich nach links, biegt nochmals links ab und zieht dann einen dicken Schlüsselbund aus der Tasche, um eine unbeschriftete Tür aufzusperren. Jack folgt ihm in einen Raum, der so aussieht, als wäre er durch die Zusammenlegung zweier kleinerer Büros entstanden. Die eine Hälfte des Raums nehmen ein langer Holzschreibtisch, ein Drehstuhl, ein Couchtisch mit Glasplatte, auf der sich Zeitschriften stapeln, und verschiedene Karteischränke ein; in der anderen Hälfte dominieren eine Couch und ein lederner Lehnsessel, der neben deren Kopfende steht. An den Wänden hängen Poster nach Gemälden von Georgia O’Keeffe. Hinter dem Schreibtisch befindet sich eine Tür, die vermutlich in einen kleinen Einbaukleiderschrank führt; die Tür genau gegenüber, in der Mitte zwischen den beiden Bürohälften hinter dem Lehnsessel, scheint nach nebenan zu führen.
»Wie Sie sehen«, sagt Dr. Spiegleman, »benutze ich diesen Raum als Büro, aber auch als zusätzliches Sprechzimmer. Die meisten meiner Patienten kommen durchs Wartezimmer herein, und auf genau diesem Weg werde ich auch Mrs. Marshall herbringen. Das dauert nur zwei, drei Minuten.«
Jack bedankt sich, und der Arzt hastet durch die ins Wartezimmer führende Tür hinaus.
In dem kleinen Einbaukleiderschrank zieht Wendell Green sein Diktiergerät aus der Jackentasche und drückt es wie sein Ohr an die Schranktür. Sein Daumen liegt auf der Starttaste, und sein Herz rast. Wieder einmal tut der im Westen Wisconsins angesehenste Journalist seine Pflicht für den kleinen Mann auf der Straße. Nur schade, dass es in diesem Schrank so verdammt finster ist, aber in einem schwarzen Loch gefangen zu sein, wäre nicht das erste Opfer, das Wendell für seine geheiligte Berufung gebracht hat; außerdem braucht er eigentlich nur die kleine rote Leuchtdiode seines Diktiergeräts zu sehen.
Dann eine Überraschung: Obwohl Dr. Spiegleman den Raum verlassen hat, ist seine Stimme zu hören. Er spricht Lieutenant Sawyer an. Wie hat der freudianische Quacksalber es geschafft, wieder hereinzukommen, ohne eine Tür zu öffnen oder zu schließen, und was ist aus Judy Marshall geworden?
Lieutenant Sawyer, ich muss Sie sprechen. Bitte nehmen Sie den Hörer ab. Ein Anruf für Sie, der dringend zu sein scheint.
Natürlich – die Stimme kommt aus der Gegensprechanlage. Aber wer will Jack Sawyer sprechen, was kann so dringend sein? Wendell hofft, dass der Goldjunge den Lautsprecher des Telefons einschalten wird, aber das tut der Goldjunge dann leider doch nicht, sodass Wendell sich damit zufrieden geben muss, nur die eine Hälfte des Gesprächs mitzubekommen.
»Ein Anruf?«, sagt Jack. »Von wem?«
»Er wollte seinen Namen nicht nennen«, antwortet der Arzt. »Jemand, dem Sie offenbar gesagt haben, dass Sie hier sein würden.«
Bestimmt Beezer mit Nachrichten übers Black House. »Wie nehme ich den Anruf entgegen?«
»Sie brauchen nur den blinkenden Knopf zu drücken«, sagt der Arzt. »Leitung eins. Ich bringe Mrs. Marshall zu Ihnen, sobald ich sehe, dass Sie nicht mehr telefonieren.«
Jack drückt den Knopf und sagt: »Jack Sawyer.«
»Gott sei Dank«, sagt Beezer St. Pierre mit seiner Honigund-Tabak-Stimme. »He, Mann, Sie müssen so schnell wie möglich zu mir kommen. Alles ist gründlich schief gegangen.«
»Haben Sie’s gefunden?«
»Und ob, wir haben das Black House gefunden, klar. Es hat uns aber nicht gerade willkommen geheißen. Dieser Schuppen will verborgen bleiben, und das lässt er einen deutlich spüren. Den meisten von uns fehlt nicht viel, aber Mouse … Ich weiß nicht recht. Er hat was Schreckliches von einem Hundebiss abbekommen – falls das überhaupt ein Hund war, was ich allerdings bezweifle. Doc hat getan, was er konnte, aber … Scheiße, der arme Kerl ist praktisch nicht mehr bei Verstand, will aber nicht, dass wir ihn ins Krankenhaus bringen.«
»Beezer, warum schaffen Sie ihn nicht mit Gewalt hin, wenn es nötig ist?«
»So funktioniert das bei uns
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