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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Uhr trat er auf den schmalen Balkon. Da die Schiebetür sich nicht von außen schließen ließ, klebte er sie mit einem Pflaster zu. Dann ließ er sich mit einem reißfesten Seil, das er sich um die Hüfte gebunden hatte, bis zum Balkon des Zimmers direkt unter dem seinen hinunter. Von dort kletterte er von Balkon zu Balkon weiter, bis er vor Zimmer 733 stand.
    Um zehn nach elf lag ein schwedischer Geschäftsmann nackt mit seinem Schwanz in der Hand auf dem Bett und sah sich einen Pornofilm an, als ihn ein Klopfen am Fenster aufschreckte. In seiner Panik wußte er zunächst nicht, ob er das Gerät ausschalten oder seinen Morgenmantel überwerfen sollte, entschied sich dann zuerst für das eine und dann für das andere und trat ordentlich bedeckt an die Balkontür. Draußen stand ein Mann, der ihm durch Gesten bedeutete, eintreten zu dürfen. Der Schwede war so verdutzt, daß er anstandslos öffnete. Der Mann betrat den Raum und fing an, mit dem Singsang eines Amerikaners aus dem tiefsten Süden wie ein Wasserfall auf ihn einzureden.
    »Wirklich nett von Ihnen, Sir, ganz ehrlich. Sie werden sich bestimmt fragen, was ich um die Zeit auf Ihrem Balkon mache .«
    Damit hatte er recht. Der Schwede hatte keinen blassen Schimmer.
    »Also, ich sag's Ihnen. Das war vielleicht eine verrückte Sache! Ich hab' das Zimmer nebenan, wissen Sie. Ich geh' auf den Balkon und will eigentlich nur 'ne Zigarre rauchen, da bläst auf einmal der verdammte Wind die Tür hinter mir zu. Und ob Sie's glauben oder nicht, ich hab' sie nicht mehr aufgekriegt. Da hab' ich mir gedacht, ich kletter' einfach auf Ihren Balkon rüber und schau', ob Sie vielleicht so nett sind und mich reinlassen.«
    Es war kalt draußen, der Zigarrenraucher war ausgehfertig gekleidet und hatte einen Aktenkoffer in der Hand. Es wehte kein Wind, und die Balkontüren ließen sich nur von innen abschließen, doch dafür hatte der Schwede in seiner Situation weder Augen noch Ohren.
    Mitten in seine Dankes- und Entschuldigungsrede hinein öffnete der unwillkommene Gast die Zimmertür, wünschte dem Schweden noch einen »mighty fine evening« und verschwand.
    Der Geschäftsmann, der bezeichnenderweise Toilettenartikel vermarktete, schloß das Fenster, zog den Vorhang zu, legte den Morgenrock wieder ab, drückte den Fernsehknopf und nahm sein Vergnügen Marke Economy Class wieder auf.
    Monk spazierte, von niemandem beobachtet, den Flur des siebten Stockwerks entlang und ging zu Fuß die Treppe hinunter. Auf der Straße wartete bereits Magomed in seinem Volvo auf ihn.
    Um Mitternacht verschafften sich drei Männer mit einem Nachschlüssel Zutritt zu Zimmer 741. Sie hatten einen Koffer dabei. Nach zwanzig Minuten Arbeit gingen sie wieder.
    Um vier Uhr morgens explodierte ein unterhalb der Decke von Zimmer 741 angebrachter Sprengsatz, der, wie Untersuchungen später ergaben, drei Pfund knetbaren Plastiksprengstoff enthalten hatte. Die Experten der Spurensicherung rekonstruierten, daß er den Abschluß einer über dem Bett aufgetürmten Möbelpyramide gebildet hatte und direkt auf das Bett des in jeder Hinsicht gleichen Zimmers darüber gerichtet gewesen war.
    Zimmer 841 wurde vollständig zerstört. Von der Matratze blieben nichts als verkohlte Sprungfedern übrig. Und die Daunen der Steppdecke bildeten einen Film aus Ruß und Asche über verkohlten Holzsplittern, Scherben, die einmal Fenster, Spiegel oder Glühbirnen gewesen waren, und über Knochenfragmenten.
    Vier Notarztteams waren in Null Komma nichts zur Stelle, zogen aber wieder ab, weil niemand gerettet werden mußte außer den hysterisch schreienden Bewohnern der angrenzenden Zimmer, Weil diese aber kein Russisch konnten und die Helfer keine andere Sprache verstanden, begnügten sie sich damit festzustellen, daß keine Verletzungen vorlagen, und überließen die Leute der Obhut des Nachtportiers.
    Die Feuerwehr kam angerast. Obwohl die durch die Explosion ausgelöste Gluthitze beide Zimmer versengt hatte, entdeckten die Brandlöscher keinen aktuellen Feuerherd und rückten ebenfalls wieder ab.
    Die Spurensicherung dagegen hatten alle Hände voll damit zu tun, den Schutt, darunter auch Knochensplitter, zu durchsuchen, in Tüten zu füllen und ins Labor zu transportieren.
    Auf Anordnung eines Generalmajors war auch das Morddezernat, vertreten durch Inspektor Borodin, zugegen. Diesem war auf den ersten Blick klar, daß es in diesem Zimmer außer einem gefährlich aussehenden ein Meter großen Loch im Boden nichts gab, das

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