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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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konnte.
    Dr. Lecter stellte ein zusätzliches Sicherheitsproblem von außen dar. Seit die Vormittagsnachrichten über seinen Aufenthalt berichtet hatten, gingen ständig Anrufe mit Drohungen ein; seine Opfer hatten viele Freunde und Verwandte, die ihn am liebsten tot sehen würden.
    Starling hoffte, daß der örtliche FBI-Agent, Copley, nicht hier wäre. Sie wollte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen.
    Sie entdeckte Chiltons Hinterkopf inmitten eines Gewühls von Reportern auf dem Rasen neben den Stufen zum Hauptein-gang. In der Menge waren zwei Kleinkameras von Fernsehsta-tionen auszumachen. Starling wünschte, ihr Kopf wäre ver- hüllt. Als sie sich dem Eingang zum Turm näherte, wandte sie das Gesicht ab.
    Ein vor der Tür postierter State Trooper überprüfte ihren Ausweis, ehe sie die Eingangshalle betreten konnte. Das Foyer des Turms sah nun wie ein Wachraum aus. Ein Stadtpolizist hielt beim einzigen Aufzug im Turm Wache, ein weiterer bei der Treppe. State Troopers, die Ablösung für die Patrouillen rings um das Gebäude, saßen auf den Couchen, wo die Öffentlichkeit sie nicht sehen konnte, und lasen den Commercial Appeal.
    Am Schreibtisch gegenüber dem Aufzug saß ein Sergeant.
    Auf seinem Namensschild stand TATE, C. L.
    »Keine Presse«, sagte Sergeant Täte, als er Starling sah.
    »Nein«, erwiderte sie.
    »Mit den Leuten des Justizministers hier?« fragte er, als er sich ihren Ausweis ansah.
    »Stellvertretender Justizminister Krendler«, antwortete sie.
    »Ich komme gerade von ihm.«
    Er nickte. »Wir haben alle möglichen Polizisten aus West Tennessee hier gehabt, die einen Blick auf Dr. Lecter werfen wollten. So was sieht man nicht sehr oft, Gott sei Dank. Sie müssen mit Dr. Chilton sprechen, bevor Sie hochgehen.«
    »Ich habe ihn draußen gesehen«, sagte Starling. »Wir haben heute schon in Baltimore an dieser Sache gearbeitet. Muß ich mich hier eintragen, Sergeant Täte?«
    Der Sergeant fuhr mit der Zunge kurz über einen Backen-zahn. »Genau dort«, sagte er. »Vorschriften, Miß. Ob Polizist oder nicht, Waffenüberprüfung bei Besuchern.«
    Starling nickte. Sie leerte die Patronen aus ihrem Revolver, und der Polizist sah mit Genugtuung zu, wie ihre Hände über den Revolver glitten. Sie reichte ihm die Waffe mit dem Lauf zuerst, und er schloß sie in seiner Schublade ein.
    »Vernon, bring sie nach oben.« Er wählte drei Zahlen und sagte ihren Namen ins Telefon.
    Der Aufzug, ein Relikt aus den frühen 30er Jahren, ächzte zum obersten Stockwerk hinauf. Er öffnete sich auf einen Treppenabsatz und einen kurzen Gang.
    »Direkt gegenüber, Ma'am«, sagte der Trooper.
    Auf dem Milchglas der Tür stand HISTORISCHE GESELL- SCHAFT SHELBY COUNTY.
    Nahezu das ganze obere Stockwerk des Turms bestand aus einem einzigen achteckigen, weiß gestrichenen Zimmer mit einem Boden und Leisten aus polierter Eiche. Es roch nach Wachs und Bibliotheksleim. Mit den wenigen Möbeln besaß der Raum eine Atmosphäre kirchlicher Bescheidenheit. Er sah jetzt besser aus als damals, als er noch das Büro des Justizwachtmeisters war.
    Zwei Männer in der Uniform der Gefängnisbehörde Tennessee hatten Dienst. Der kleinere erhob sich hinter seinem Schreibtisch, als Starling eintrat. Der größere saß in einem Klappstuhl am anderen Ende des Zimmers der Tür einer Zelle gegenüber. Seine Aufgabe war es, den Gefangenen zu beobachten und einen Selbstmord zu verhindern.
    »Sind Sie bevollmächtigt, mit dem Gefangenen zu sprechen, Ma'am?« fragte der Beamte am Schreibtisch. Auf seinem Namensschild stand PEMBRY, T. W. Sein Schreibtischzubehör umfaßte ein Telefon, zwei Schlagstöcke und einen Behälter mit chemischer Keule. Hinter ihm in der Ecke stand ein langes Ge-rät, um den Gefangenen an die Wand zu fesseln.
    »Ja«, erwiderte Starling. »Ich habe ihn schon früher verhört.«
    »Sie kennen die Vorschriften? Nicht die Schranke passieren.«
    »Aber sicher.«
    Der einzige Farbfleck im Zimmer war eine Polizeiabsperr-schranke, ein Sägebock mit Streifen in leuchtendem Orange und Gelb, auf den runde gelbe Blinker, nun ausgeschaltet, montiert waren. Sie stand eineinhalb Meter vor der Zellentür auf dem polierten Boden. An einem Garderobenständer in der Nähe hingen die Utensilien für den Doktor - die Hockeymaske und etwas, das Starling nie zuvor gesehen hatte, eine Kansas-Galgenweste. Aus schwerem Leder mit zweifach schließbaren Gelenkschellen an der Taille und Schnallen am Rücken ist sie möglicherweise die unfehlbarste

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