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Das Schweigen der Toten

Das Schweigen der Toten

Titel: Das Schweigen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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verlangten Luft, zumal er sich längst im Zustand atemloser Panik befand.
    Doch er hörte nicht auf. Er konnte nicht.
    Mit letzter Kraft lehnte er sich auf und versuchte, das Piepen der Uhr und Gias Stimme auszublenden, die immer lauter zu werden schienen.
    Überdeutlich hörte er sie in seinem Kopf flehentlich rufen.
    Doch Henry wollte nicht bei ihr bleiben. Er wollte leben.
    Verzweifelt trat er mit den Beinen aus und kratzte mit den Fingernägeln über die Unterseite des Deckels aus undurchdringlichem Stahlblech.
    Und plötzlich griff er ins Leere. Der Deckel hatte sich gelüftet. Licht fiel in den Sarg, ein schwacher gelber Schein, der sich rasch ausbreitete. Henry sah Nick über sich am Rand des Grabes knien. Er öffnete den Mund und sog die Luft ein wie ein Verdurstender das Wasser. Sie schmeckte auch wie Wasser, kalt und erfrischend.
    Nick half ihm aus dem Sarg.
    Er lebte. Er war in Sicherheit.

Vierundzwanzig
    Kat hockte auf der Bettkante und versuchte, James zum Schlafen zu bringen. Sie hatten Jeremy nach Hause gebracht, gleich nach Ambers tränenreichem Auftritt und dem hastigen Aufbruch von Nick und Henry.
    Für James war es ein denkwürdiger Abend gewesen, mit neuen Gesichtern und seltsamen Vorgängen, auf die er sich keinen Reim machen konnte. Obwohl müde, war er voller Fragen.
    «Mommy, ist Lieutenant Nick dein Freund?», fragte er und drückte seinen zerrupften Stoffhund an die Brust.
    Kat lachte. «Wie kommst du darauf?»
    James zuckte unter der Decke mit den Schultern. «Jeremys Mom hat auch einen Freund.»
    «Lieutenant Donnelly hilft mir für eine Weile», erklärte Kat. «Er ist ein Kollege, kein Freund.»
    «Hättest du gern einen?»
    Eine überraschend komplexe Frage von einem Jungen, der sich kaum mehr wach halten konnte. Manchmal wünschte sich Kat durchaus einen Mann im Haus, jemanden, der Dinge für sie erledigen konnte, für die sie keine Zeit hatte. Und es gab einsame Nächte, in denen sie sich danach sehnte, in den Armen eines Mannes zu liegen. Aber sie war Realistin. Sie wusste, dass ihr Sohn und ihr Job die Suche nach einem solchen Mann erschwerten. Außerdem hatte sie James, die große Liebe ihres Lebens.
    «Ich bin zufrieden, so, wie es ist», sagte sie. «Du nicht auch?»
    «Wenn wir einen Hund hätten, wäre ich zufriedener.»
    James’ Vorliebe für Hunde war im Haus der Campbells nicht zu übersehen. An den Wänden seines Schlafzimmers klebten jede Menge Bilder, die er selbst gemalt hatte, alle variierten irgendein Hundethema, und vor Weihnachten stand jedes Mal ein Hund ganz oben auf seiner Wunschliste. Doch mit der Verantwortung für ein solches Haustier wären im Moment beide überfordert.
    «Irgendwann werden wir uns einen zulegen, kleiner Bär. Versprochen.»
    James hielt sein Stofftier in die Höhe. «Einen wie Scooby?»
    «Klar, genau so einen.»
    James rollte sich mit Scooby im Arm auf die Seite, und es schien, als würde er endlich einschlafen. Aber seine Augen waren geöffnet, als er fragte: «Warum hat Amber geweint?»
    «Weil sie traurig war.»
    «Wegen ihrem Freund?»
    Kat zuckte unwillkürlich zusammen. Sie hatte gehofft, dass er von den Vorfällen in Perry Hollow nichts mitbekam und sich die Anwesenheit eines Ermittlers der Landespolizei auf seine Weise erklärte. Tatsächlich aber schien er sehr viel mehr zu wissen als gedacht.
    «Ja», antwortete sie. «Wegen ihrem Freund.»
    «Jeremy sagt, der Schwarze Mann hat ihn umgebracht.»
    Im Stillen verwünschte Kat den geschwätzigen Freund. Vielleicht war ein Hund doch besser als ein Freund wie Jeremy. Immerhin setzten Hunde einem keine Flausen in den Kopf.
    «Jeremy irrt sich», sagte sie kurz angebunden.
    «Gibt es denn den Schwarzen Mann?»
    Kat wollte antworten, dass der Schwarze Mann erfunden worden sei, um kleinen Jungen Angst zu machen, mochte James aber nicht belügen. Es gab einen Unhold, der Angst und Schrecken verbreitete und vielleicht in diesem Moment ein neues Opfer ins Auge fasste. Kat wusste um diese Gefahr, wollte aber nicht, dass sich ihre Angst auf James übertrug.
    «Du musst jetzt schlafen», sagte sie.
    «Wird mich der Schwarze Mann auch holen?»
    Kat nahm James in den Arm, drückte ihn fest an sich und wünschte, es wäre so einfach, seine schlimmen Gedanken zu vertreiben.
    «Niemals», versicherte sie ihm. «Denk daran, deine Mommy ist Polizeichefin. Ich werde dich beschützen und nicht zulassen, dass dir irgendetwas zustößt.»
    Als James eingeschlafen war, schlich sie die Treppe hinunter und

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