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Das Schweigen der Tukane

Das Schweigen der Tukane

Titel: Das Schweigen der Tukane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gold
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bekräftigen. Im Moment war das ihre einzige Spur. Nora, die Erpresserin und vermutlich auch die Mörderin, ist noch immer in der Region. Das sagt mir mein Bauchgefühl. Georgs Leute müssen einen Zahn zulegen. Die wird doch zu finden sein.
    Er faltete das Blatt mit den Lottozahlen auseinander. Eine Ablenkung wird mir gut tun. Ein todsicheres System! Ich darf den Schein nur nicht herumliegen lassen, sonst kopiert ihn Stephan oder Borer. Aus der obersten Schublade zog der Kommissär einen leeren Lottozettel heraus. Tja, guter Rat, Notvorrat. Also, Konzentration, Francesco Ferrari! Die Millionen warten. Er setzte seine Kreuze nach dem am Vortag ausgeklügelten System.
    «Erwischt! Schon wieder beim Spielen!»
    Ferrari zuckte zusammen und fühlte sich wie ein Schuljunge ertappt.
    «Mach ruhig weiter. Im Augenblick können wir sowieso nichts tun. Georg lässt alles, was Beine hat, in der Stadt patroullieren. Und?»
    «Ich wechsle die Zahlen.»
    «Aha! Der Tüftler spielt nach einem neuen System.»
    «Wie kommst du darauf?»
    «Das sieht doch ein Blinder. Wahrscheinlich sitzt du jeden Abend zu Hause vor dem Fernseher, lässt die Bilder an dir vorbeilaufen und denkst über neue Lottosysteme nach. Selbstverständlich mit einem Block und einem Kugelschreiber bewaffnet, falls der Gedankenblitz einfährt.»
    «Nicht ganz. Aber gestern war Monika mit den Müttern an einem Konzert und da hatte ich wunderbar Zeit.»
    «Ich könnte dir einen absolut sicheren Tipp geben.»
    «Wie ich gewinne?»
    «Risikolos.»
    «Und wie?»
    «Nimm die Karten von Jason Untala. Die liegen sicher noch in einer deiner Schubladen.»
    «He! Was machst du?»
    Nadine öffnete die oberste Schublade.
    «Was ist denn das?»
    «Nichts!»
    «Hunderte von Lottozetteln. Du bist ja noch viel schlimmer, als ich dachte.»
    «Ich kann schliesslich nicht jedes Mal zum Kiosk rennen, wenn ich eine Eingebung habe.»
    «Du meinst eine Vision!»
    «Eine Idee. Hier zum Beispiel, das sind die Zahlen, die am häufigsten gezogen werden. Ich fülle jetzt einen ganzen Schein damit aus, doch ich ändere immer eine Zahl.»
    «Und woher weisst du, welche Zahlen am meisten gezogen werden?»
    «Von … aus dem Internet.»
    «Die nächste Ziehung ist am Mittwoch, oder? Das schaust du dir sicher an und streichst die Zahlen ab.»
    «Wenn ich zu Hause bin, ja. Bei den Deutschen geht alles mit rechten Dingen zu.»
    «Und in der Schweiz?»
    «Die betrügen.»
    «Aha! Und woher kommt diese Weisheit?»
    «In Deutschland werden die Zahlen einzeln gezogen, Zahl für Zahl. Bei uns werden hingegen alle miteinander gemischt und peng, fallen sie schon in die Halterung.»
    «Wo liegt der Unterschied?»
    «In der Art der Bekanntmachung. Ich nehme die Ziehung jeweils auf. Es kann ja sein, dass ich zu spät nach Hause komme. In Deutschland rutscht die Kugel hinunter und die Sprecherin sagt ‹sieben›. In der Schweiz fallen alle Kugeln beinahe gleichzeitig ins Körbchen.»
    «Ich verstehe noch immer nicht, wie die Schweizer betrügen?»
    «Du solltest den Sprecher hören. Fast gleichzeitig mit dem Ziehen einer Kugel, gibt er die Gewinnzahlen bekannt. Es handelt sich hier um Sekundenbruchteile, aber ich bin sicher, dass er die Zahlen bereits vorher kennt. Ich habe bei verschiedenen Ziehungen mehrmals die Sequenz zurückgespult. Das ist eindeutig Betrug.»
    Nadine stand vor dem Kaffeeautomaten, warf einen Jeton in den Schlitz, drückte auf Espresso und fragte sich, ob Lotto spielen sämtliche grauen Zellen im Gehirn vernichtete.

17. Kapitel
    Nadine und der Kommissär machten einen Abstecher in die Hegenheimerstrasse, um mit Thomas Lutz zu reden. Vielleicht gab ja dieses Gespräch dem Fall eine ungeahnte Wendung. Bereits nach wenigen Minuten bestand zumindest in einer Beziehung Klarheit: Nora Schüpfer plante ihre Flucht.
    «Sie war gestern bei mir. Allein.»
    «Weswegen?»
    «Sie wollte meine Zusicherung, dass ich Julie bei Rebecca lasse, wenn ihr etwas zustösst, und nicht plötzlich den liebenden Vater spiele.»
    «Sind Sie damit einverstanden?»
    «Es ist nicht mein Kind, es ist Noras Tochter. Ich weiss ja nicht einmal, ob ich der Vater bin.»
    «Das könnten Sie leicht mit einem Vaterschaftstest abklären.»
    «Interessiert mich nicht, Frau Kupfer. Begreifen Sie das?»
    «Überhaupt nicht. Ich würde um meine Tochter kämpfen.»
    «Dieser Stolz hat mir damals die Augen geöffnet. Das war brutal, ich hatte ja keine Ahnung. Seither mache ich einen weiten Bogen um Nora.»
    «Bis auf

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