Das Schweigen der Tukane
bei mir an. Ich bin die Präsidentin und für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, sozusagen die Frontfrau. Remo ist für die Finanzen verantwortlich, Patricia für das Fundraising, Lukas für die Projektierung und deren Kontrolle, er ist ziemlich viel unterwegs dafür, Andrea für Werbung und Peter ist … war für den Vertrieb und die Logistik zuständig. Ein sehr wichtiger Teil, weil mehr als die Hälfte aller Einnahmen über die Verkäufe erzielt werden.»
«Dürfen wir jetzt die Produkte sehen?»
«Sicher. Kommt mit.»
Auf den Regalen tummelten sich unzählige Figuren, hauptsächlich Tierfiguren aus den verschiedensten Materialien. Sie waren mit dem Herstellungsort und der Art des Materials angeschrieben. Vereinzelt standen Kartons herum.
«Das ist nur unser Handlager. Es holen aber immer wieder Kunden, auch Grossisten direkt bei uns die Waren ab. Im St. Johann befindet sich das Hauptlager.»
Ferrari zeigte auf eine farbenprächtige Skulpturengruppe.
«Das sind Tukane, Herr Ferrari, ein Renner.» Emma Grauwiler nahm eine Holzfigur vom Regal. «Sie sind wunderschön, echte Kunstwerke.»
«Bei uns zu Hause steht auch ein solches Paar.»
«Ah! Dann habe ich mich getäuscht und Sie sind schon Mitglied.»
«Meine Lebenspartnerin», antwortete der Kommissär und fügte im Stillen an, die uns mit jeglichem Krimskrams überhäuft.
«Wer hat Zugang zu diesem Raum?»
«Alle Vorstandsmitglieder. Das heisst, jedes Vorstandsmitglied besitzt natürlich einen Schlüssel zum Haus und dieser funktioniert auch fürs Lager. Doch ich glaube nicht, dass ausser Peter und mir schon irgendjemand im Lager gewesen ist.»
«Und im St. Johann?»
«Der Schlüssel hängt hier an der Wand. Ein zweiter befindet sich bei Hanspeter Sonderegger.»
«Und wer ergänzt das Handlager?»
«Wenn ein Artikel ausgeht, melde ich es Hanspeter und er liefert nach.»
«Und Ihr Mann?»
«Peter organisierte den Versand. Mit meinen Lieferscheinen fuhr er ins St. Johann und stellte die Direktlieferungen an unsere Verkaufsstellen zusammen. Einige Händler belieferte er selbst beziehungsweise durch seinen Chauffeur. Das waren vor allem jene in unserer Umgebung und die in Bern. Es bereitete ihm grossen Spass, selbst Hand anzulegen. Und wenn er nicht da war, bin auch ich manchmal ins St. Johann gefahren, um Nachschub zu holen. Weshalb wollt ihr das alles wissen, Nadine?»
«Wir möchten herausfinden, welche Beziehung zwischen Sonderegger und deinem Mann bestand.»
«Glaubst du, dass Hanspeter der Mörder ist?»
«Wir verfolgen eine Spur. Mehr kann ich dir im Moment nicht sagen.»
«Hanspeter ist kein Mörder, nur ein Pechvogel. Er ist … war ein guter Freund von Peter. Einer der besten. Deshalb war ich auch mit der Bürgschaft einverstanden. Du darfst mir glauben, Nadine, dass ich nicht bei jedem mein Einverständnis gegeben hätte.»
«Vielen Dank für deine Erklärungen, Emma.»
«Es war mir ein Vergnügen.»
Auf dem Rückweg entschlossen sie sich, Nora Schüpfer mit ihren Vermutungen, dass Sonderegger und Grauwiler mit Drogen handelten, zu konfrontieren. Ein Beamter brachte sie ins Büro von Ferrari. Nora Schüpfer wirkte extrem bleich. Schwere Tränensäcke unter den Augen deuteten darauf hin, dass die Nacht eine grosse Tortur gewesen war. Die Untersuchungshaft hinterliess erste Spuren. Nadine stellte ihr wortlos einen Kaffee hin.
«Danke, Nadine. Wie gehts Julie?»
«Gut. Sie vermisst dich sehr.»
Nora nickte und sank noch ein Stück mehr in sich zusammen.
«Kennst du einen Hanspeter Sonderegger?»
«Ich … ich glaube, dass ich den Namen schon einmal gehört habe», antwortete Nora halbherzig. «Weshalb fragst du?»
«Kennst du ihn oder nicht?»
«Was soll diese Fragerei? Ja … jetzt erinnere ich mich. Das ist doch dieser Politiker. Ich habe ihn mehrmals auf ‹Telebasel› gesehen.»
«Und selbst getroffen?»
«Noch nie!», die Antwort kam sehr schnell.
«Frau Schüpfer, unsere anfängliche Erpressungsvermutung war falsch. Sie dealen mit Kokain und Peter Grauwiler war Ihr Lieferant. Leider wollten Sie bei unserem letzten Gespräch keine Stellung dazu nehmen. Inzwischen wissen wir, dass die Drogen über die Stiftung ‹antoras› in die Schweiz geschleust werden, und zwar gut versteckt in den Kunsthandwerklieferungen. Hanspeter Sonderegger lagerte den Stoff und Peter Grauwiler brachte ihn unter die Leute. Wollen Sie das bestreiten?»
Keine Antwort. Noras Blick verlor sich in der Unendlichkeit.
«Ich denke, es ist an der
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