Das Schweigen des Glücks
würde auch dieser Teil jeden Moment von den Flammen erfasst werden.
Mit panischen Gebärden versuchte Joe allen klarzumachen, dass sie aus der Gefahrenzone herauskommen sollten. Hören konnte ihn bei dem tosenden Lärm des Feuers niemand.
Ein Sanitäter war zur Stelle und kniete sich vor die Verwundeten. Ihre Gesichter waren versengt und ihre Kleidung glimmte noch; der enormen Hitze der vom Öl genährten Flammen hatte das feuerfeste Material ihrer Anzüge nicht standgehalten. Mit einer Schere aus dem Verbandskasten fing der Sanitäter an, den einen Anzug aufzuschneiden und vom Körper des Mannes abzupellen. Plötzlich war ein zweiter Sanitäter da und machte das Gleiche bei dem anderen Mann.
Beide Männer waren zu Bewusstsein gekommen und stöhnten vor Schmerzen. Als die Anzüge aufgeschnitten waren, half Taylor, sie den Männern abzuziehen: Erst das eine Bein, dann das andere, dann die Arme und der Rumpf. Anschließend wurden die Männer aufrecht hingesetzt und die Anzüge endgültig von ihren Körpern entfernt. Der eine Mann, der unter dem Anzug Jeans und sowohl Unterhemd als auch Oberhemd anhatte, war, abgesehen von Brandwunden an den Armen, ohne große Verbrennungen davongekommen. Der Zweite jedoch trug nur ein T-Shirt, und auch das musste ihm vom Körper weggeschnitten werden. Auf seinem Rücken hatte er Verbrennungen zweiten Grades erlitten, große Blasen hatten sich auf seiner Haut gebildet.
Als Taylor von den Verletzten aufblickte, sah er, wie Joe wild mit den Armen gestikulierte; drei Männer waren bei ihm, drei weitere stürzten auf ihn zu. Da drehte Taylor sich zu dem Gebäude um und wusste, dass etwas Verhängnisvolles passiert war.
Als er aufstand und losrannte, war ihm plötzlich schlecht. Beim Näherkommen hörte er die Worte, die ihn erstarren ließen.
»Es sind noch welche drin! Zwei Männer! Da drüben!«
Taylor machte die Augen rasch auf und zu, eine Erinnerung erstand aus der Asche.
Ein Junge, neun Jahre alt, auf dem Dachboden, er ruft vom Fenster aus…
Einen Moment lang war er wie gelähmt. Taylor sah zu den brennenden Mauerresten des Lagers hinüber, dann fing er wie im Traum an zu laufen, auf den noch unversehrten Gebäudetrakt zu, in dem die Büros waren. Er wurde schneller und rannte an den Männern vorbei, die die Schläuche auf die Flammen hielten; als sie ihn mit Rufen zurückhalten wollten, beachtete er sie nicht.
Der Brand hatte nahezu alles erfasst, die Flammen waren auch auf die umstehenden Bäume übergesprungen, die jetzt hell loderten. Vor ihm war die Tür – die Feuerwehrleute hatten sie bereits aufgerissen – und schwarzer Rauch quoll daraus hervor.
Er war schon beim Eingang, als Joe ihn sah und ihm zubrüllte, er solle zurückkommen.
Taylor konnte ihn über den Lärm des Feuers nicht hören und rannte, als würde er wie eine Kanonenkugel nach vorn katapultiert, ins Haus. Die Hand mit dem feuerfesten Handschuh hatte er über das Gesicht gelegt, während die Flammen an ihm hochleckten. Fast blind drehte er sich nach links und hoffte, dass der Weg frei war. Seine Augen tränten, als er die ätzende Luft einatmete.
Um ihn herum brannte alles licherloh, Balken stürzten herab, beißender Qualm umgab ihn.
Er wusste, er konnte eine Minute lang die Luft anhalten, nicht länger.
Er hastete durch den fast undurchdringlichen Rauch, die einzige Helligkeit kam von den Flammen.
Alles loderte mit höllischer Wut. Die Wände, die Decken… über ihm das Geräusch eines berstenden Balkens, der herunterkrachte. Automatisch sprang Taylor zur Seite, als neben ihm ein Teil der Decke einstürzte.
Seine Lungen brannten. Er hastete zum Südende des Gebäudes hinüber, dem einzigen Teil, der noch stand. Er merkte, wie seine Kräfte schwanden und seine Lungen aufgaben, als er weiterstolperte. Links von sich erkannte er ein Fenster, dessen Glas noch heil war, und stürzte darauf zu. Von seinem Hakengürtel nahm er das Beil und zerschmetterte das Glas in einem Schwung; sofort lehnte er sich hinaus und füllte seine Lungen.
Wie ein Lebewesen erspürte das Feuer das Einströmen frischen Sauerstoffs und im Nu tobten die Flammen hinter ihm mit neuer Wut.
Die frisch entfachte Feuersbrunst trieb ihn vom Fenster weg und jagte ihn weiter.
Nach dem ersten Auflodern wichen die Flammen wenn auch nur für wenige Sekunden – ein wenig zurück. Das reichte Taylor jedoch, um sich zu orientieren – und die Form eines Menschen am Boden zu erkennen. An der Ausrüstung sah Taylor, dass es ein
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