Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schweigen des Glücks

Das Schweigen des Glücks

Titel: Das Schweigen des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
Vom Netzwerk:
wieder zuwandte.
    »Wie heißt du? Heißt du Kyle?«
    Kyle schüttelte den Kopf. »Eas ni Kye. Eas kleina Man.«
    Sie ging den Satz noch einmal durch und versicherte sich, dass sie richtig gehört hatte.
    »Kleiner Mann?«
    Kyle nickte triumphierend und lächelte; sein Zorn verschwand so schnell, wie er gekommen war.
    »Eas kleina Man«, sagte er wieder und Denise starrte ihn einfach nur an.
    Kleiner Mann.
    Oh Himmel, wie lange würde das so weitergehen?
    In dem Moment kam Taylor auf sie zu, die Tasche mit seinen Sportsachen über der Schulter.
    »He, Denise, wie geht es dir?«
    Er nahm die Mütze ab und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.
    Denise, immer noch verblüfft, sah ihn an. »Im Moment bin ich mir nicht so sicher«, sagte sie ehrlich.
    Die drei machten sich auf den Weg durch den Park und dabei erzählte Denise von ihrem Wortwechsel mit Kyle. Als sie fertig war, klopfte Taylor Kyle auf den Rücken.
    »Kleiner Mann, was?«
    »Ja, eas kleina Man«, gab Kyle stolz zur Antwort.
    »Ermunter ihn bloß nicht«, sagte Denise mit einem resignierten Kopfschütteln.
    Taylor fand das Ganze anscheinend äußerst lustig und zeigte das auch. Kyle seinerseits sah zu Taylor auf, als wäre er eins der sieben Weltwunder.
    »Aber er ist ein kleiner Mann«, sagte Taylor zu Kyles Verteidigung. »Stimmt's?«
    Kyle nickte, erfreut, dass wenigstens einer auf seiner Seite war. Taylor zog den Reißverschluss seiner Sporttasche auf, wühlte in der Tasche herum und zog schließlich einen alten Baseball hervor. Den gab er Kyle.
    »Magst du Baseball?«, fragte er.
    »Is ei Ba«, antwortete Kyle.
    »Das ist nicht einfach ein Ball, es ist ein Baseball«, sagte Taylor ernst.
    Kyle überlegte.
    »Ja«, flüsterte er. »Is ei Besba.«
    Er hielt den Ball fest in seiner kleinen Hand und betrachtete ihn eingehend, als suchte er nach einem Geheimnis, das nur er verstehen könnte. Dann hob er den Blick und sah in einiger Entfernung eine Rutschbahn. Plötzlich war das wichtiger als alles andere.
    »Ea wi wenn«, sagte Kyle und sah seine Mutter erwartungsvoll an. »Da.«
    Er zeigte in die Richtung.
    »Sag:
›Ich
will rennen‹.«
    »I wi wenn«, sagte er leise.
    »Gut, dann renn«, sagte sie. »Aber nicht zu weit.«
    Kyle rannte zum Kinderspielplatz, ein Wirbelwind entfesselter Energie. Zum Glück war der Spielplatz unmittelbar neben den Tischen, an denen sie sitzen würden – Judy hatte die Stelle aus eben dem Grund ausgesucht, weil fast alle, die mitgespielt hatten, ihre Kinder dabei hatten. Denise und Taylor sahen Kyle nach.
    »Ein süßer Bengel«, sagte Taylor mit einem Grinsen.
    »Danke. Er ist ein gutes Kind.«
    »Das mit dem ›kleinen Mann‹, das ist nicht wirklich ein Problem, oder?«
    »Eigentlich nicht… vor ein paar Monaten hatte er eine Phase, da wollte er unbedingt Godzilla sein. Er hat auf nichts anderes gehört.«
    »Godzilla?«
    »Ja, im Grunde ziemlich lustig, im Nachhinein. Aber damals, oh Gott. Einmal waren wir im Supermarkt und Kyle war plötzlich verschwunden. Ich bin also die Gänge rauf und runter gelaufen und habe nach Godzilla gerufen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie die Leute mich angesehen haben. Als Kyle schließlich wieder auftauchte, hat mich eine Dame angestarrt und bestimmt hat sie sich gefragt, wie eine Mutter ihr Kind nur Godzilla nennen kann.«
    Taylor lachte. »Gute Geschichte.«
    »Ja, na ja… «
    Sie verdrehte die Augen mit einer Mischung aus Zufriedenheit und Genervtheit. Ihr Blick traf seinen und verweilte einen Moment zu lang, bevor beide wieder wegsahen. Sie gingen schweigend weiter und unterschieden sich nicht von den anderen jungen Paaren im Park.
    Taylor betrachtete sie weiter aus dem Augenwinkel. Ihm war aufgefallen, dass ihre Augen jadefarben waren, exotisch und geheimnisvoll. Sie war etwas kleiner als er – etwa einsachtundsechzig, schätzte er – und bewegte sich mit der Anmut eines Menschen, der mit einem gewissen Selbstbewusstsein durch die Welt ging. Darüber hinaus spürte er ihre Intelligenz in der geduldigen Art und Weise, wie sie mit ihrem Sohn umging, und ihre große Liebe für ihn. Für Taylor waren das sehr wichtige Dinge.
    Melissa hatte doch Recht gehabt.
    »Du hast gut gespielt«, sagte Denise und unterbrach seine Gedanken.
    »Aber wir haben nicht gewonnen.«
    »Aber ihr habt gut gespielt, das ist auch etwas wert.«
    »Na gut, aber wir haben nicht gewonnen… «
    »Typisch Mann. Hoffentlich wird Kyle nicht eines Tages so.«
    »Wird er bestimmt. Er kann gar nicht

Weitere Kostenlose Bücher