Das Schweigen des Glücks
der mit diesem verlorenen Hundeblick hier hereinkommt? Es sind ein bis zwei die Woche, die gucken auch immer so und hoffen, dass sie sie nach Hause bringen dürfen. Trucker, Biker, sogar verheiratete Männer.«
Er grinste. »Sie ist schon was Besonderes, so viel steht fest, was? Bildhübsch. Aber keine Angst, sie hat noch zu keinem ja gesagt.«
»Ich hatte nicht vor… «, stammelte Taylor und wusste nicht, was er sagen sollte.
»Natürlich hattest du das vor.«
Ray zwinkerte und machte eine bedeutungsvolle Pause, dann senkte er die Stimme. »Aber wie gesagt, keine Angst. Ich hab so ein Gefühl, dass sie bei dir ja sagen wird. Ich sag ihr, dass du hier bist.«
Taylor fiel nichts anderes ein, als Ray hinterherzustarren. Im nächsten Moment kam Denise durch die Schwingtüren aus der Küche.
»Taylor?«, sagte sie, offensichtlich überrascht.
»Hi«, sagte er verlegen.
»Was machst du hier?«, fragte sie und kam lächelnd auf ihn zu.
»Ich wollte dich sehen«, sagte er leise, weil er nicht wusste, was er sonst sagen sollte.
Als sie auf ihn zukam, ließ er ihr Bild auf sich wirken. Über ihrem ringelblumengelben Kleid trug sie eine weiße, von der Arbeit fleckige Schürze. Das Kleid hatte kurze Ärmel und einen V-Auschnitt und war so weit es ging zugeknöpft. Der Saum reichte bis knapp unter das Knie. Sie trug weiße Turnschuhe, die auch nach stundenlangem Stehen noch bequem sein würden. Die Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zurückgekämmt und ihr Gesicht glänzte, vom eigenen Schweiß und von dem Fett in der Luft.
Sie war schön.
Sie bemerkte seine prüfenden Blicke, aber als sie näher kam, sah sie etwas anderes in seinen Augen, etwas, das sie vorher noch nicht gesehen hatte.
»Ist etwas passiert?«, fragte sie plötzlich. »Du siehst aus, als wärst du einem Gespenst begegnet.«
»Ich weiß nicht«, murmelte er, fast zu sich selbst.
Sie sah ihn besorgt an und warf dann einen Blick über ihre Schulter.
»He, Ray? Kann ich einen Moment Pause machen?«
Ray tat so, als hätte er gar nicht bemerkt, dass Taylor reingekommen war. Er putzte den Grill weiter, während er antwortete.
»Lass dir ruhig Zeit, meine Hübsche. Ich bin sowieso gleich fertig.«
Sie wandte sich wieder Taylor zu. »Möchtest du dich setzen?«
Das war der Grund, warum er gekommen war, aber Rays Bemerkungen hatten ihn durcheinander gebracht. Jetzt musste er dauernd an die Männer denken, die herkamen, um sie zu sehen.
»Vielleicht hätte ich nicht kommen sollen«, sagte er.
Aber Denise tat intuitiv das Richtige und lächelte verständnisvoll.
»Ich bin froh, dass du gekommen bist«, sagte sie sanft. »Was ist passiert?«
Er stand stumm vor ihr; alle möglichen Empfindungen stürzten gleichzeitig auf ihn ein. Der schwache Duft ihres Shampoos, das Bedürfnis, den Arm um sie zu legen und ihr von dem Abend zu erzählen, der Albtraum im Wachzustand, sein inniger Wunsch, sie möge ihm zuhören…
Die Männer, die herkamen, um sie zu sehen…
Irgendwie löschte dieser Gedanke das Erlebnis des Abends aus. Nicht, dass er einen Grund hätte, eifersüchtig zu sein. Ray hatte gesagt, sie hätte die anderen immer abgewiesen, und er hatte noch keine Beziehung mit ihr angefangen. Trotzdem hatte ihn die Eifersucht gepackt. Was für Männer? Wer wollte sie nach Hause bringen? Er wollte sie fragen, wusste aber, dass es ihm nicht zustand.
»Ich sollte wohl gehen«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Ich hätte nicht kommen sollen. Du arbeitest noch.«
»Nein«, sagte sie, diesmal ernst. Sie spürte, dass ihn etwas umtrieb. »Irgendwas ist heute passiert. Was?«
»Ich wollte mit dir sprechen«, sagte er schlicht.
»Worüber?«
Sie sah ihm fest in die Augen. Diese wunderbaren Augen. Mein Gott, sie war so schön. Taylor schluckte, seine Gedanken rasten. »Es hat auf der Brücke einen Unfall gegeben«, sagte er unvermittelt.
Denise nickte und wusste noch nicht recht, wohin das führen würde. »Ich weiß. Es war den ganzen Abend ganz still hier. Kaum jemand kam, weil die Brücke gesperrt war. Warst du da?«
Taylor nickte.
»Ich habe gehört, dass es schrecklich war. Stimmt das?«
Taylor nickte wieder.
Sie legte ihm leicht die Hand auf den Arm. »Warte einen Moment, okay? Ich gucke schnell, was noch zu tun ist, bevor wir schließen können.«
Sie wandte sich ab und ging wieder in die Küche. Taylor stand im Gastraum, allein mit seinen Gedanken, bis Denise wieder herauskam.
Er war überrascht, als sie an ihm vorbeiging. An der Tür
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