Das Schweigen des Glücks
hättest. Du hast ziemlich lange damit gewartet, mich zu deinen Freunden mitzunehmen.«
Taylor hob abwehrend die Hände.
»He, mir brauchst du nicht die Schuld zu geben! Du bist diejenige, die sechs Abende in der Woche arbeitet, und es tut mir Leid, aber an deinem freien Abend möchte ich dich für mich allein haben.«
»Ja schon, aber… «
»Was aber?«
»Na ja, ich habe mich schon gefragt, ob es dir peinlich ist, mit mir gesehen zu werden.«
»Sag nicht so was. Ich meine es ganz ehrlich – meine Beweggründe sind rein egoistisch. Ich bin gierig, wenn es darum geht, Zeit mit dir zu verbringen.«
Sie blickte über ihre Schulter und fragte: »Muss ich mir darüber in Zukunft Sorgen machen?«
Mit einem verschmitzten Grinsen zuckte Taylor die Schultern.
»Das kommt ganz drauf an, ob du weiterhin sechs Abende in der Woche arbeitest.«
Sie seufzte.
»Tja, das müsste bald vorbei sein. Ich habe fast genug für ein Auto und dann – darauf kannst du dich verlassen – werde ich Ray sofort bitten, meine Schicht zu reduzieren.«
Taylor legte beide Arme um sie und sah sie im Spiegel an.
»He, habe ich dir schon gesagt, wie wunderschön du aussiehst?«
»Du wechselst das Thema.«
»Ich weiß. Aber verdammt noch mal, sieh dich doch an. Du bist schön.«
Sie sahen sich im Spiegel in die Augen, dann drehte Denise sich zu ihm um.
»Gut genug für einen Grillabend bei deinen Freunden?« »Du siehst fantastisch aus«, sagte er aufrichtig, »aber sie würden dich sowieso mögen.«
Eine halbe Stunde später näherten Taylor, Denise und Kyle sich der Haustür, als Mitch mit einem Bier in der Hand ums Haus herumkam.
»Hallo, ihr da«, sagte er, »schön, dass ihr gekommen seid. Die ganze Bande ist hinten im Garten.«
Die drei folgten ihm durch das Tor, an den Schaukeln und dem Azaleenbusch vorbei, zur Terrasse.
Melissa saß am Tisch und blickte zu ihren vier Jungen hinüber, die im Schwimmbecken planschten. Ihr Kreischen und Schreien bildete eine laute Geräuschkulisse, aus der hin und wieder ein besonders gellender Schrei herausklang. Das Schwimmbecken hatten sie im Sommer davor bauen lassen, nachdem immer wieder Mokassinschlangen beim Kai am Fluss gefunden worden waren. Eine einzelne Giftschlange reicht aus, um einem Menschen die Schönheit der Natur zu vergällen, sagte Mitch gern.
»Hallo!«, rief Melissa ihnen zu und stand auf. »Schön, dass ihr da seid.«
Taylor umarmte Melissa und küsste sie auf die Wange.
»Ihr zwei kennt euch ja, oder?«
»Wir haben uns beim Sommerfest kennen gelernt«, sagte Melissa freundlich. »Aber das ist lange her, außerdem waren damals auch noch viele andere Leute da. Wie geht es dir, Denise?«
»Gut, danke«, sagte sie, immer noch ein wenig nervös.
Mitch zeigte auf den Kühlbehälter. »Wollt ihr ein Bier?«
»Klingt großartig«, sagte Taylor. »Du auch eins, Denise?«
»Bitte.«
Während Taylor das Bier holte, setzte Mitch sich an den Tisch und richtete den Sonnenschirm neu aus. Melissa ließ sich wieder auf ihrem Stuhl nieder und Denise setzte sich neben sie. Kyle war in Badehose und T-Shirt und stand mit einem Handtuch über der Schulter schüchtern neben seiner Mutter, Melissa beugte sich zu ihm vor.
»Hi, Kyle, wie geht es dir?«
Kyle antwortete nicht.
»Kyle, sag: ›Mir geht es gut‹«, sagte Denise.
»Mia des dut.«
Melissa lächelte.
»Na, fein. Möchtest du mit den anderen Jungen im Schwimmbecken spielen? Sie warten schon den ganzen Tag darauf, dass du kommst.«
Kyle sah von Melissa zu seiner Mutter.
»Möchtest du schwimmen?«, fragte Denise, indem sie die Frage umformulierte.
Kyle nickte begeistert. »Ja.«
»Gut, dann geh ruhig. Und sei schön vorsichtig.«
Denise nahm ihm das Handtuch ab und Kyle ging zum Schwimmbecken.
»Braucht er Schwimmflügel?«, fragte Melissa.
»Nein, er kann schwimmen. Aber natürlich muss ich ein Auge auf ihn haben.«
Kyle ging zum Schwimmbecken und stieg hinein, bis das Wasser ihm an die Knie reichte. Er beugte sich vor und platschte mit der Hand ins Wasser, als wollte er die Temperatur testen, dann breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht. Denise und Melissa sahen ihm zu, wie er ganz eintauchte.
»Wie alt ist er?«
»In ein paar Monaten wird er fünf.«
»Oh, genau wie Jud.«
Melissa zeigte auf das andere Ende des Beckens. »Das ist er, da hinten, er hält sich gerade am Rand fest, beim Sprungbrett.«
Denise blickte zu ihm hinüber. Er war so groß wie Kyle und hatte einen Mecki-Schnitt. Melissas vier
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