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Das Schweigen des Sammlers

Das Schweigen des Sammlers

Titel: Das Schweigen des Sammlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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selbst (ein Pakt, den zu unterzeichnen Carson und Schwarzer Adler sich weigerten), in dem ich mir das Recht einräumte, Sara zum Wohle unserer Beziehung keine Einzelheiten aus Vials Geschichte zu erzählen, die sie nur in Teilen kannte, und ihr weder zu verraten, welche meiner Sammlerstücke ich vermutlich Vaters grausamem Raubtierinstinkt zu verdanken hatte, noch dass ich mit dem Verkauf des Ladens auch viele Sünden meines Vaters losgeschlagen und dafür kassiert hatte … was du vermutlich sowieso schon ahntest. Ich hatte nicht den Mut, dir zu gestehen, dass ich dich an dem Tag angelogen hatte, als du mit einer gelben Rose in der Hand aus Paris kamst und mir sagtest, jetzt könnte ich einen Kaffee vertragen.

37
    »Dieses Verfahren erinnert mich an Hemingway«, sagte Mireia Gràcia.
    Bernat senkte bei dieser tröstlichen Bemerkung bescheiden den Kopf. Für einen Augenblick vergaß er, dass es ihm gelungen war, gerade mal drei Leute in der Buchhandlung Pols de Llibres zusammenzubringen.
    »Ich rate dir von einer Lesung ab«, hatte ihm sein Verleger Bauçà gesagt.
    »Warum?«
    »Es gibt zu viele Veranstaltungen; da wird niemand kommen.«
    »Das sagst du. Oder machst du etwa Unterschiede bei deinen Autoren?«
    Bauçà verkniff sich die Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, winkte resigniert ab und sagte: »Also gut, abgemacht: Du sagst mir, welcher Tag dir passt und wer die Präsentation machen soll.« Und über Bernats Lächeln hinweg fügte er hinzu: »Aber gib mir nicht die Schuld, wenn niemand kommt.«
    In der Einladung stand, der Verleger Heribert Bauçà und der Autor Bernat Plensa laden zur Präsentation des neuen Erzählbands Plasma in der Buchhandlung Pols de Llibre. Die Lesung wird von Frau Professor Mireia Gràcia moderiert. Im Anschluss gibt es einen Umtrunk.
    Adrià legte die Einladung auf den Tisch und versuchte einen Augenblick lang, sich vorzustellen, was Mireia Gràcia über das Buch würde sagen können. Dass es schwach war? Dass es Plensa noch am Vermögen mangelte, Emotionen zu vermitteln? Dass es schade war um das Papier und die Bäume, aus denen es gemacht war?
    »Dieses Mal werde ich nicht enttäuscht sein«, versprach Bernat, als er zu Adrià kam, um ihn zu fragen, ob er sein Buch vorstellen wolle.
    »Und woher weiß ich, dass das stimmt?«
    »Weil es dir gefallen wird. Und selbst wenn es dir nicht gefällt – ich bin reifer geworden. Immerhin werde ich bald vierzig und sehe allmählich ein, dass es sich nicht lohnt, sich deshalb mit dir zu verkrachen. Einverstanden? Wirst du mein Buch vorstellen? Die Präsentation findet nächsten Monat im Pols de Llibres statt. Das ist eine alteingesessene Buchhandlung und …«
    »Bernat: nein.«
    »He, vielleicht solltest du es erst mal lesen, oder?«, fragte Bernat in gekränktem Erstaunen.
    »Ich habe viel um die Ohren. Natürlich werde ich es lesen, aber ich kann dir nicht sagen, wann. Tu mir das nicht an.«
    Bernat starrte ihn mit offenem Mund an, unfähig zu erfassen, was Adrià gesagt hatte, also sagte ich, na gut, gib her, ich lese es gleich. Und wenn es mir nicht gefällt, sage ich es dir, und dann werde ich es natürlich nicht vorstellen.
    »Du bist ein echter Freund. Danke. Es wird dir gefallen.« Er zeigte mit dem ausgestreckten Finger auf ihn wie Dirty Harry: »Und du wirst ganz scharf drauf sein, es vorstellen zu dürfen.«
    Bernat war fest überzeugt, diesmal werde es klappen, diesmal werde Adrià ihm sagen, Bernat, du hast mich überrascht, in deinem Buch steckt die Stärke eines Hemingway, der Ideenreichtum eines Borges, die Kunstfertigkeit eines Rulfo und die Ironie von Calders, und so war Bernat der glücklichste Mensch der Welt, bis ich ihn drei Tage später anrief und ihm sagte, es ist das alte Lied, ich finde die Figuren nicht überzeugend, und es ist mir vollkommen gleichgültig, was mit ihnen passiert.
    »Wie bitte?«
    »Literatur ist kein Spiel. Oder falls sie doch nur ein Spiel ist, interessiert sie mich nicht. Verstehst du?«
    »Und von diesem Urteil nimmst du nichts aus? Nicht einmal die letzte Erzählung?«
    »Die ist die beste. Aber die beste in einem missratenen Buch.«
    »Du bist brutal. Es macht dir Spaß, mich fertigzumachen.«
    »Du hast mir gesagt, du wärst jetzt vierzig und würdest nicht wütend, wenn …«
    »Noch bin ich keine vierzig! Und du hast eine dermaßen blöde Art, mir zu sagen, dass es dir nicht gefällt, dass …«
    »Das ist nun mal meine Art.«
    »Kannst du nicht einfach sagen, es gefällt mir nicht

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