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Das Schweigen des Sammlers

Das Schweigen des Sammlers

Titel: Das Schweigen des Sammlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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zu sehen.
    »Senyora Ardèvol«, sagte Senyor Berenguer eines Tages, als er in Senyor Ardèvols Büro kam, das er erfolglos versucht hatte, zu Senyor Berenguers Büro zu machen. Mit zornbebender Stimme sagte er Senyora Ardèvol. Eine Braue hochgezogen, sah sie ihn wortlos an.
    »Mir scheint, ich habe mir in all den Jahren, die ich in diesem Gewerbe auf höchstem professionellem Niveau tätig bin, einige Rechte erworben. Ich bin hier der Fachmann; ich reise, ich kaufe ein, und ich kenne die Kauf- und Verkaufspreise. Ich verstehe etwas vom Feilschen und, wenn nötig, auch vom Täuschen. Ich! Ihr Mann hat mir immer vertraut! Es ist ungerecht, dass ich jetzt … Ich beherrsche mein Metier!«
    »Dann bleiben Sie dabei. Allerdings bin künftig ich diejenige, die Ihnen sagen wird, was Sie zu tun haben. Zum Beispiel: Kaufen Sie zwei von den drei Turiner Konsolen, es sei denn, man schenkt Ihnen die dritte dazu.«
    »Alle drei wäre besser. Das würde den Preis …«
    »Zwei. Ich habe Ottaviani gesagt, dass Sie gleich morgen bei ihm sind.«
    »Morgen?«
    Nicht dass es ihm etwas ausgemacht hätte zu verreisen, im Gegenteil, er liebte es. Aber ein paar Tage in Turin zu verbringen bedeutete, den Laden allein dieser Hexe zu überlassen.
    »Ja, morgen. Cecília besorgt heute Nachmittag die Tickets. Sie kommen am selben Tag zurück. Und wenn Sie glauben, eine Entscheidung treffen zu müssen, die nicht unserer Abmachung entspricht, rufen Sie mich an.«
    Im Laden war jetzt alles anders. Senyor Berenguer bekam seit Wochen vor Staunen den Mund nicht zu. Und Cecília lächelte still und leise, als könnte sie kein Wässerchen trüben, sah aber zu, dass es nicht allzu sehr auffiel; nicht allzu sehr, ein bisschen schon, denn Senyor Berenguer sollte durchaus wissen, dass sie wusste, dass der Pfannkuchen zum ersten Mal in ihrem Leben auf der richtigen Seite gelandet war. Rache ist so süß.
    An diesem Morgen, bevor Senyora Ardèvol im Laden erschien und alles auf den Kopf stellte, baute Senyor Berenguer sich vor Cecília auf, stützte die Hände auf ihren Tisch, beugte sich zu ihr hinunter und fragte, was, verflucht noch mal, gibt es da zu grinsen?
    »Nichts. Nur dass endlich mal jemand für Ordnung sorgt und dich an die kurze Leine legt.«
    Senyor Berenguer überlegte, ob er ihr ins Gesicht schlagen oder sie erwürgen sollte. Sie blickte ihm in die Augen und sagte: »Das, verflucht noch mal, gibt es hier zu grinsen.«
    Es war eines der wenigen Male, dass Senyor Berenguer in Rage geriet. Er ging um den Tisch herum, packte Cecília grob am Arm und zerrte mit so roher Gewalt daran, dass sie vor Schmerz aufschrie. Darum herrschte, als SenyoraArdèvol um Punkt zehn eintraf, im Laden eine gemeingefährliche Stille, die man nur mit einem Rasiermesser hätte zerschneiden können.
    »Guten Morgen, Senyora Ardèvol.«
    Cecília hatte keine Zeit, sich mit ihrer Chefin zu befassen, denn eine Kundin brauchte dringend zwei passende Stühle zu der Kommode auf dem Foto, sehen Sie, mit solchen Füßen, sehen Sie?
    »Kommen Sie in mein Büro, Senyor Berenguer.«
    Die Turin-Reise war in fünf Minuten abgehandelt. Dann öffnete Senyora Ardèvol Senyor Ardèvols Aktentasche, nahm einen Ordner heraus und legte ihn auf den Tisch, und ohne ihr Opfer anzusehen, sagte sie, und jetzt müssen Sie mir mal erklären, warum das und das und das nicht zusammenpasst. Der Käufer bezahlt Ihnen zwanzig, und in der Kasse landen fünfzehn.
    Senyora Ardèvol trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte; das hatte sie dem besten Detektiv der Welt abgeguckt. Dann schaute sie Senyor Berenguer an und reichte ihm das und das und das, nämlich Quittungen von etwa hundert veruntreuten Objekten. Mit angewiderter Miene blickte Senyor Berenguer auf die erste und war schon bedient. Wie in Dreiteufelsnamen konnte dieses Weib …
    »Cecília hat mir geholfen«, sagte meine Mutter, als hätte sie seine Gedanken erraten, wie sie es mit mir machte. »Allein hätte ich das nicht geschafft.«
    Schlampen, eine wie die andere. Das hat man davon, wenn man mit Weibern zusammenarbeitet, verflixt und zugenäht.
    »Seit wann handeln Sie auf diese verbrecherische Weise gegen die Interessen unseres Hauses?«
    Würdevolles Schweigen, wie das von Jesus vor Pilatus.
    »Schon immer?«
    Noch würdevolleres Schweigen als Jesus.
    »Ich werde Sie anzeigen müssen.«
    »Es geschah mit Senyor Ardèvols Einverständnis.«
    »Das glauben Sie doch wohl selbst nicht.«
    »Zweifeln Sie an meiner

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