Das Schweigen des Sammlers
verbringen willst, ist das deine Sache, halt dich an deine Bücher. Dann können dir alle anderen gestohlen bleiben, du wirst sehen.
»Danke, Carson.« (Ich)
»Keine Ursache.« (Sheriff Carson)
Es war der siebte Tag, und wir legten uns alle schlafen, erschöpft von der Anspannung und erfüllt von der Sehnsucht nach einem Waffenstillstand. Diese Nacht war die erste von vielen, in denen ich von Sara träumte.
Strategisch gesehen war es sehr gut, dass sich die Streitkräfte des Dreibunds untereinander bekriegten: In Maestro Manlleus Haus gerieten die Türkei und Deutschland aneinander. Und das war von Vorteil für die Entente, die somit Zeit hatte, ihre Wunden zu lecken und konstruktiv über Sara nachzudenken. Wie die Chroniken belegen, war die Schlacht zwischen den früheren Verbündeten blutig und grausam und das Geschrei aus Manlleus Haus weithin zu hören. Senyora Ardèvol warf ihm all das an den Kopf, was sie sich jahrelang verkniffen hatte, und hielt ihm vor, den Jungen, der zwar viele Flausen im Kopf, aber außergewöhnliche intellektuelle Fähigkeiten hatte, nicht bei der Stange gehalten zu haben.
»Jetzt übertreiben Sie mal nicht.«
»Mein Sohn ist hochbegabt. Wussten Sie das nicht? Hatten wir nicht hinreichend darüber gesprochen?«
»In diesem Haus gab es und gibt es nur einen Hochbegabten, Senyora Ardèvol.«
»Mein Sohn braucht eine liebevolle Hand. Ihr Ego, Senyor Manlleu …«
»Maestro Manlleu.«
»Sehen Sie? Ihr Ego trübt Ihre Sicht auf die Realität. Wir werden unsere finanzielle Vereinbarung überdenken müssen.«
»Das ist ungerecht. Schließlich ist Ihr hochbegabter Sohn an allem schuld.«
»Spielen Sie nicht den Witzbold, das ist kläglich.«
Von hier aus gingen sie direkt zu den Beschimpfungen über (Degenerierte, Zigeunerin, Feigling, Schwuchtel, kaltschnäuziges, arrogantes, abscheuliches, dummes, eingebildetes, ekelhaftes, abstoßendes, hochnäsiges Weibsbild tönte es von der einen Seite, von der anderen kam immer nur, wie erbärmlich!).
»Was haben Sie gesagt?«
»Erbärmlich.« Sie hielt ihr Gesicht ganz dicht vor seines: »Erbärmlich!«
»Dass Sie mich beleidigen, hat gerade noch gefehlt. Ich bringe Sie vor Gericht.«
»Es wäre mir ein Vergnügen, Ihnen ein paar Anwälte auf den Hals zu schicken. Jetzt zahle ich Ihnen nicht einmal mehr den nächsten Monat. Meinetwegen können Sie … Ich werde mit Yehudi Menuhin sprechen.«
Fast wären sie handgreiflich geworden, als er sagte, Menuhin sei die Farblosigkeit in Person und werde sie das Zehnfache kosten, während sie zur Tür ging, gefolgt von dem schäumenden Manlleu, der immerzu wiederholte, wissen Sie, wie der Unterricht bei Menuhin abläuft? Wissen Sie, wie der das macht?
Als sie den Knall der Tür hörte, die sie selbst wütend zugeschlagen hatte, wusste Carme Bosch bereits, dass ihr Traum, aus Adrià den besten Geiger der Welt zu machen, ausgeträumt war. Was für ein Jammer, Lola Xica. Und ich beschwichtigte Bernat und sagte, er werde sich schon daran gewöhnen, und versprach, mit ihm zusammenzuspielen, wann immer er wollte, bei ihm oder bei mir zu Hause, wo es ihm lieber war. Danach konnte ich endlich aufatmen und ungestört an dich denken.
19
Et in Arcadia ego. Auch wenn Poussin das Bild in der Auffassung malte, dies wären die Worte des Todes, auch in Arkadien bin ich, allgegenwärtig bis in den letzten Winkel des Glücks, neige ich von jeher zu der Annahme, es spreche das Ego, es gehe also um mich: Auch ich bin in Arkadien gewesen, Adrià hat sein eigenes Arkadien. Der traurige, kahlköpfige, elende, dickbäuchige und feige Adrià hat in einem Arkadien gelebt, denn ich habe mehrere, und das erste, das Arkadien, das eine Person ist, das bist du. Dieses Arkadien habe ich für alle Zeit verloren. Ich wurde von einem Engel mit einem Feuerschwert daraus vertrieben, und Adrià bedeckte seine Blöße und dachte, von nun an werde ich mir das Brot im Schweiße meines Angesichts verdienen müssen, allein, ohne dich, meine geliebte Sara. Das Arkadien jedoch, das ein Ort ist, ist Tona, das hässlichste und schönste Dorf der Welt. Fünfzehn Sommer lang streunte ich über die Äcker und Felder von Can Casic, mein ganzer Körper juckte von den Grannen der Korngarben, zwischen denen ich Verstecken spielte mit Xevi, Quico und Rosa, meinen unzertrennlichen Spielkameraden in den acht Wochen meiner Sommerferien weit weg von Barcelona, weit weg von den Glockenschlägen der Empfängniskirche, den gelbschwarzen Taxis und allem,
Weitere Kostenlose Bücher