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Das Schweigen

Das Schweigen

Titel: Das Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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ich fand sie bemerkens-
    wert«, sagte Joentaa, überrascht von seinen eigenen
    Worten.
    Lehtinen starrte ihn eine Weile an, dann nickte er
    kaum merklich und sagte. »Ich werde Elina demnächst
    mal anrufen.«
    »Ja ... ich bin hier, um Sie zu fragen, ob Sie einen Zu-
    sammenhang für möglich halten«, sagte Joentaa.
    »Einen Zusammenhang?«
    »Das Mädchen heißt Sinikka Vehkasalo. Sagt Ihnen
    der Name etwas? Wir suchen eine Verbindung.«
    »Eine Verbindung?«
    »Sinikka Vehkasalo und Ihre Tochter Pia. Es liegen
    dreiunddreißig Jahre dazwischen, aber es muss unserer
    Einschätzung nach eine Verbindung geben.«
    Lehtinen dachte eine Weile nach. »Und warum?«
    fragte er schließlich.
    »Was denken Sie?« fragte Joentaa. »Was haben Sie
    gedacht, als Sie davon erfahren haben?«
    »Wovon habe ich erfahren?«
    »Von dem Verschwinden des Mädchens. An der
    Stelle, an der Ihre Tochter damals verschwunden ist.«
    Lehtinen sah ihn an und schien gleichzeitig an ihm
    vorbei zu sehen. »Gar nichts«, sagte er.
    »Gar nichts?«
    »Nein.«
    »Sie müssen doch ... vielleicht reden wir aneinander
    vorbei.«
    »Nein«, sagte Hannu Lehtinen. Er stand auf. »Ich
    möchte, dass Sie jetzt gehen«, sagte er.
    »Ich ... wir suchen möglicherweise nach dem Mann,
    der Ihre Tochter...«
    »Ich möchte, dass Sie gehen«, sagte Lehtinen.
    Joentaa erhob sich. Während er ging, spürte er, dass
    seine Beine zitterten.
    »Ich kenne niemanden, der Vehkasalo heißt«, sagte
    Lehtinen, als Sie an der Tür standen. »Und über alles
    andere kann ich nicht sprechen. Ich bitte Sie, das zu
    verstehen.«
    Joentaa nickte, und Hannu Lehtinen schloss die Tür.

    9

    Timo Korvensuo ging ins Kino. Er sah den Film, den
    Marjatta und Aku gesehen hatten.
    Es war kühl und dunkel, und die Schmerzen ließen
    nach. Sein Kopf fühlte sich leicht an. Das Kino war fast
    leer, nur ein paar Jugendliche saßen in der ersten Reihe
    und lachten an Stellen, an denen Korvensuo nichts lus-
    tig finden konnte.
    Er saß in der hintersten Bank und dachte, dass er die-
    selben Bilder sah, die Marjatta und Aku gesehen hatten.
    Marjatta war überrascht gewesen, als er vorhin
    schon wieder angerufen hatte, und sie hatte unsicher ge-
    lacht, als er gesagt hatte, er habe nur ihre Stimme hören
    wollen.
    Die Hexe sprach tatsächlich so, wie Aku sie nachge-
    macht hatte.
    Er hatte eine Weile in Sichtweite des Hauses gestan-
    den, in dem Elina Lehtinen lebte. Elina Lehtinen hatte er
    nicht gesehen, aber auf dem Nachbargrundstück hatte
    ein alter Mann Blumen gegossen, und wenn er sich nicht
    getäuscht hatte, hatte dieser Mann geweint. Geweint
    und den Kopf geschüttelt und Blumen gegossen.
    Timo Korvensuo hatte abwechselnd den Mann ange-
    sehen und das Haus, in dem Elina Lehtinen wohnte,
    und irgendwann hatte der Mann die Gießkanne stehen
    lassen und war hinüber gegangen zu dem Haus und
    hatte bei Elina Lehtinen geklingelt.
    Der Mann hatte mit gesenktem Kopf gewartet, und
    eine Frau hatte die Tür geöffnet. Eine schmale Frau mit
    einem auffällig runden Gesicht. Sie hatte den weinenden
    Mann in die Arme genommen und die Tür geschlossen,
    und Timo Korvensuo war ins Kino gefahren.
    Auf der Leinwand sah er die Blutfontäne, von der
    Marjatta gesprochen hatte. Die Jugendlichen in der ers-
    ten Reihe lachten. Die Hexe sprach mit Akus Akzent,
    sein Mathematikstudium hatte er beizeiten abgebro-
    chen, und auf dem Sitz neben ihm lag eine leere Limo-
    nadenflasche.
    Der Film endete glücklich mit dem Ableben der
    Hexe.
    Während Timo Korvensuo wieder um die Stadt
    herum fuhr, schien die Abendsonne, und die Kopf-
    schmerzen kehrten zurück.

    IO

    Kalevi Vehkasalo hatte sich Worte zurechtgelegt. Ganze
    Sätze sogar.
    Er hatte in seinem Büro gesessen, Ville und den an-
    deren bei der Arbeit zugesehen und darüber nachge-
    dacht, was er Ruth sagen würde, worüber sie sprechen
    würden, am Abend, wenn er nach Hause kam, er hatte
    so viele Gedanken gehabt, die Sinikka betrafen.
    Zum Beispiel hatte er sich vorgenommen, Ruth noch
    einmal wirklich dafür zu danken, dass sie sich damals
    mit ihrem Kinderwunsch durchgesetzt hatte, gegen
    seinen anfänglichen Widerwillen, denn immerhin war
    Sinikka ja das Beste gewesen, was ihm je passiert war.
    Auch wenn er das nicht immer gezeigt hatte. Auch
    wenn Sinikka es sicher nicht gewusst hatte, aber es war
    die Wahrheit, und wenn er es schon Sinikka nicht mehr
    würde sagen können, würde er es wenigstens Ruth mit-
    teilen.
    Er war am Abend nach Hause

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