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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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Wendeltreppe hinunter in die weniger mysteriöse Welt, die sie an ihrem Computer erwartete. Doch bevor sie es wieder mit Maggie Tulliver aufnahm, würde sie ihrem Mann gegenübertreten.
    Was wäre, wenn er sagte, sie müssten von hier fortziehen, die Burg hätte ihr Hirn bereits überhitzt, sie fiebere schon in Augenblicken der Ruhe. Sie genoss doch die Burg in vollen Zügen. Sie zog Lebenskraft aus den Steinen. Dieroh behauenen Deckenbalken munterten ihren Geist auf. Der Ausblick auf die See von den Zinnen des Turms hatte es ihr leichter gemacht, ins Binnenland zu ziehen, von den Klippen, auf denen die Heimstatt ihrer Familie gestanden hatte, Abschied zu nehmen. Die Klippen hatten Verrat an ihr geübt, hatten sie ihr Haus doch in die See stürzen lassen und ihre ersten beherzten Versuche,
Die Mühle am Floss
neu zu schreiben, mit in die Tiefe gerissen, ein Verlust, den sie nur schwer verwinden konnte.
    Hier in der Burg hatte sie gespürt, dass ihre Talente sich belebten. In ihrem Turmgemach war sie von den Gestalten ihrer Phantasie umgeben, die sie suchte, hier schöpfte sie die Geisteskraft, welche die Musen der Autorin George Eliot vorenthalten, aber Kitty McCloud hatten zuteilwerden lassen, um die Mängel der fehlgeleiteten Kollegin auszumerzen, die Verwicklungen der Handlung zu entwirren. Auch schienen ihr die Weidegründe um die Burg grüner, das Sumpfland morastiger, die Äcker fruchtbarer. In der Großen Halle weitete sich ihr Vorstellungsvermögen – wenngleich die meist nur von den Kühen bewohnt wurde und von dem Schwein. Die feuchten Keller ließen in ihr genügend Düsternis aufkommen, die selbst die morbidesten Gefühlsregungen ihrer irischen Seele befriedigte. In diesen Mauern und Wällen, so spürte sie, hatte sie sich endlich die ganze Smaragdinsel zu eigen gemacht, den Schoß, aus dem so viele Heilige hervorgegangen waren, diesen Edelstein, den die alles erschaffende See emporgespült hatte, diesen Sitz der Königin Mab; hier war sie eins geworden mit diesem Mysterium, diesem Irland.
    Sollte Kieran darauf bestehen, dass sie auszögen, würde sie sich selbstverständlich weigern. Hier hatte sie zweifelsohne eine nie versiegende Quelle. Schon den bloßen Gedanken, aufzugeben, würde sie nicht an sich heranlassen, geschweige denn in Betracht ziehen, und schon gar nichtdarüber reden. Darin steckte, was für sie die Frage entschied: das Potential, oft anderer Meinung zu sein. Der Gedanke behagte ihr auf Anhieb. Ein weites Feld, sich zu streiten, tat sich vor ihr auf. Was wollte sie mehr?
    Sie fand Kieran bei den Gemüsebeeten östlich der Burg, die er umgegraben hatte, um etwas auszusäen. Er summte ein Liedchen vor sich hin und ließ Samenkörner in eine Furche fallen, die er in der harten Erde gezogen hatte.
    »Wird das Kohl?«
    »Kohl.« Gleichmütig ließ er die Körner weiter aus seiner Hand gleiten.
    »Meinst du, der wächst hier?«, fragte sie.
    »Wir werden ja sehen«
    »Na, warten wir’s ab.«
    Kieran richtete sich auf und streifte die letzten Samenkörner von der Hand, die sich ihren eigenen Weg suchten.
    Kitty zögerte, wie sie ihre Botschaft anbringen wollte, und zermarterte sich das Hirn nach einem brauchbaren Thema, über das sie erst noch eine kleine Weile reden konnten, bevor sie ihren Mann auf ein Terrain führte, von dem es kein Zurück gab. Sie fand eins, ohne sich sehr zu mühen. »Ich denke, aussäen sollte
ich,
und umgraben
du

    »Ich bin bei dem einen genauso gut wie beim anderen.« Er klopfte sich die Hände an den Hosen ab.
    »Das habe ich nie in Frage gestellt – werde es auch nie tun. War eben nur so eine Bemerkung.«
    »Schon gut.« Mit der Stiefelspitze schob Kieran Erde über die Furche, um den Samen zu bedecken, zuerst von einer Seite, dann von der anderen. »Gibt es wieder Ärger mit den Tullivers? Das schon, wie immer.«
    »Und ich kann dir dabei nicht helfen?«
    »Leider ist das so.«
    »Lass mich wissen, wenn ich es doch irgendwie kann.«Er schaute sie an und neigte den Kopf zur Seite. »Aber irgendwas stimmt nicht. Brauchst du vielleicht doch meine Hilfe?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Könntest du dich selbst sehen, würdest du nicht fragen. Du scharrst mit den Füßen hin und her wie eine Frau, die unschlüssig ist, wohin sie ihre Schritte lenken soll. Sagst du mir jetzt, was du hast, oder sollen wir weiter über Kohl reden?« Seine Frage kam ganz unverblümt, doch es klang weder vorwurfsvoll noch gereizt. Eher verriet ein Unterton, dass ihn ihre

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