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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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Latten begrenzt. Sie befand sich auf leicht ansteigendem Gelände, oben war der Start und gleich links daneben die Tribüne. Die Rennstrecke war ausreichend bemessen, doch wiederum nur so lang, dass die Pferde in der Regel zweimal an der Tribüne vorbeimussten, bevor sie ins Ziel kamen. Letztere war grob zusammengezimmert, doch, eng wie sie war, in ihrer Art auch gemütlich. Die Sitzplätze darauf waren beschränkt; sie machte den Eindruck einer geräumigen, aber überbevölkerten Opernloge. Dort drängte sich eine Menge in Feierstimmung, die eigens zusammengeströmt war, um ihren Spaß zu haben und im Verlauf der Ereignisse so viel Krawall zu veranstalten, wie nur möglich.
    Kitty und Kieran zogen es vor, auf der Wiese im Innenring zu bleiben. Dort konnten sie nach Lust und Laune umherwandern, sich zwischen Pferden, Transportern undJockeys vergnügen, Jungen im Alter von etwa vierzehn, dünn wie Bohnenstangen und voll wilder Besessenheit, im Kern aber von einer Gutmütigkeit, die sich selbst vom ungestümen Drang zu gewinnen nicht verdrängen ließ. Für Verpflegung sorgte das Fahrende Volk, Leute, die von den Zigeunern abstammten und noch immer das Wandern liebten; ihre Planwagen und Marktstände hatten sie mitgebracht und boten dort Hotdogs, Potato-Chips, Bier an und was sonst geeignet war, den Appetit der Zuschauer zu befriedigen.
    Höchst wichtig waren die Buchmacher: Männer in wollenen Hosen, schlampigen Sweatern, abgetragenen Schuhen und meist mit einem speckigen Filzhut, der lässig auf den Hinterkopf geschoben war, damit ein Gesicht besser zur Geltung kam, das tiefes Wissen zerfurcht und Intuition gegerbt hatte, was ihm erlaubte, das ganze Theater mit herablassendem Gleichmut zu betrachten. Jeder Buchmacher stand auf seiner Kiste und hatte eine Schiefertafel zur Hand, auf der mit Kreide die Wetten für die nächsten Rennen angeschrieben waren. Er pries den Wettlustigen lauthals seine Empfehlungen an und gab sich dabei beiläufig überlegen, als hätte nur er und er allein einen direkten Draht zu den Nüstern der Pferde oder doch zumindest zu jenen nicht sichtbaren, wenig gerühmten Schiedsrichtern, die Einfluss nahmen oder auch nicht, deren Wirken aber tunlichst mit zu bedenken war.
    (Zum festlichen Anlass hatte Kitty eine Baseballmütze, wie sie die Londoner Polizei trug, aufgesetzt und Kieran einen Schlapphut, dessen Krempe den oberen Rand der Ohren kitzelte – weswegen er ihn nur trug.)
    Nachdem sie ihre Wetten für das dritte Rennen getätigt hatten – Kitty hatte zwei Euro auf Rory’s Boy sieben gegen eins gesetzt, Kieran fünf Euro auf Quodlibet drei gegen eins –, war es Zeit für einen Hotdog und ein Bier.Sie schlängelten sich durch die Menge, die im Innenfeld ziellos umherschlenderte; einige beäugten die fürs nächste Rennen angezeigten Pferde, andere standen in Gruppen und verglichen ihre Notizen, die meisten aber genossen einfach den Ausflug in milder Nachmittagsluft. Zuerst bemerkte es Kitty, dann auch Kieran, dass man sie anstarrte, vorwiegend Frauen in mittleren Jahren, jedoch fielen keinerlei Bemerkungen, wenn sie zynisch lächelnd grüßten. Kieran fasste nach Kittys Hand, doch sie zog sie weg. »Sollten wir uns nicht lieber zanken, um sie so richtig froh zu stimmen?«
    »Ich spiele mit. Doch worüber? Hast du ’ne Idee?«
    Ehe Kitty einen Vorschlag machen konnte, war Kieran stehen geblieben und schaute aufmerksam zu einem der Pferdetransporter. Als Kitty seinem Blick folgte, sah sie, was ihn fesselte. Im Gespräch vertieft mit einem der Jockeys – einem Burschen in blauen und weißen Seidensachen – stand dort ein Mädchen mit cremig weißer Haut und Haaren, so schwarz, dass man unwillkürlich an den Raben aus ferner Vorzeit dachte. Sie trug etwas, das an die Wiederkehr des Minirocks gemahnte, aus schwarzem Leder, und ließ Beine sehen, die so vollendet geformt waren, dass es ein Verbrechen gewesen wäre, sie zu verhüllen. Ihr Top war stillos – aber welches Top ist das nicht? –, und dass es beige war, änderte daran auch nichts. (Kitty hätte in vergleichbarer Situation und gesegnet mit ähnlicher Figur Rot bevorzugt, ließ dabei allerdings außer Acht, dass jene junge Frau dergleichen Extravaganzen nicht bedurfte, um die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zu lenken.) Am auffälligsten war jedoch der schlanke Hals, der makellos aus den zart und zerbrechlich scheinenden Schultern zu einem Kopf emporstrebte, der den angenehmen Beweis dafür lieferte, was Gott alles tun konnte,

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