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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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sofern ihm die rechten Gene zur Verfügung standen.
    Im Augenblick ergänzte ein lebhaftes Lachen die so offensichtlichen Vorzüge, dass der Jockey zu seinem Selbstschutz nur dümmlich grinste und es vermied, ihr direkt ins Gesicht zu sehen. Dabei schlug er seine kurze Reitpeitsche gegen den rechten Schenkel und empfand den Schmerz gewiss als Buße für seine lüsternen Gedanken und ein in ihm aufkeimendes Verlangen.
    »Das ist Brid«, flüsterte Kieran.
    Kitty gluckste unverhohlen vor sich hin und lachte kurz auf. »Brid ist das nicht, auf keinen Fall.«
    »Aber überleg’ doch mal, das Gesicht. Wie oft haben wir das gesehen? Schau sie dir genau an.«
    »Warum sollte ich? Du hast schon lange genug hingeschaut, das reicht für uns beide.«
    Kieran war von dem Mädchen so gefangen genommen, dass er nicht merkte, wie gefühlsgeladen die Worte seiner Frau waren, und fuhr fort: »Hör doch mal, wie sie lacht. Sie ist gar nicht mehr traurig. Sie ist zum Leben erwacht.«
    »Hast du noch nie was davon gehört, wie sich genetische Merkmale vererben? Brid mag ja gestorben sein, doch ihre Brüder und Schwestern haben dieselben Gene und geben sie an die nächste Generation und deren Kinder. Reichen sie die Erbinformationen nicht weiter und immer weiter bis heute?«
    »Ich möchte aber, dass es Brid ist. Dass sie lebendig ist. Und glücklich.«
    »Brid ist es ganz sicher nicht. Vergiss es.«
    Das Mädchen trennte sich von dem Jockey und ging hinüber zu den Buchmachern. Dabei stieß sie mal den einen, mal rempelte sie einen anderen in der Menge an, doch niemand schien sich der Ehre bewusst zu sein, mit ihr in Berührung zu kommen. Das Grienen des Burschen hatte sich zu einem Grinsen von so anzüglicher Gemeinheit gewandelt, das Kitty am liebsten hingegangen wäre, umihm eine Ohrfeige zu verpassen. Er schlug mit der Reitpeitsche noch heftiger gegen sein rechtes Bein und fing an, mit Daumen und Zeigefinger der freien Hand am linken Ohrläppchen zu ziehen; das sollte wohl ein Kneifen ersetzen, um sich zu vergewissern, ob er nicht etwa träumte.
    Kierans Blicke folgten ihr. An sich selbst zweifelnd, schüttelte er den Kopf. »Lass uns rübergehen und sehen, auf welches Pferd sie setzt. Könnte uns doch Glück bringen.«
    Kitty packte ihn am Oberarm und kniff herzhaft hinein. »Erzähl du mir noch mal, dass ich abergläubisch bin.«
    Kieran schaute zu Boden und sagte leise: »Früher muss sie einmal so fröhlich gewesen sein wie jetzt. In der Burg sieht sie immer so bekümmert aus, als frage sie sich, wo bin ich, wohin sind all die anderen und wohin ist alles verschwunden. Nur der Anblick der Kühe bleibt ihr, um sie zu trösten, und das traurige Einerlei am Webstuhl und Taddy mit der Harfe, der ihr vorspielt, was sie hören möchte. Hast du sie nie dort sitzen sehen, die schmuddligen Füße auf den Steinplatten? Mit endloser Geduld trotz allem für sie Rätselhaften. Und mit einer Sanftheit, die so gut zu ihrem lieblichen Gesicht und zu den Händen passt, die nicht geschaffen waren, so viel zu arbeiten wie sie wohl musste. Hast du sie dir jemals wirklich richtig angesehen?«
    »Ja. Ich habe sie mir angesehen.« Kitty lockerte ihren Griff und ließ die Hand sinken. Sie sah, wie sich das Mädchen tiefer in die Menge drängte, sie sah den Schwung ihrer Hüften, wenn sie einem Hindernis aus dem Weg ging, sie sah, wie sie keineswegs ihre Schritte der Umgebung anpasste und keine Spur von der Richtung abwich, die sie eingeschlagen hatte.
    Zum Lunch gestattete sich Kieran zwei Hotdogs mit Ketchup und Zwiebeln, Kitty nahm drei mit Senf und Sauerkraut. Kieran leistete sich ein Bier, Kitty zwei. Alsdas kleine Mädchen, das den Stand versah – ein Kind von etwa zehn Jahren –, Kieran zu wenig Wechselgeld herausgab, monierte er es nicht. Sie fragte ihn auch, ob sie ihm aus der Hand lesen sollte. Er lächelte nur und sagte »Nein.« Kitty überlegte noch, ob sie ihm zureden sollte, es sich anders zu überlegen, besann sich dann aber eines Besseren, stellte ihren Plastikbecher auf dem Tisch ab und ließ das zweite Bier halb ausgetrunken stehen. Dass das Kind nicht daran interessiert war,
ihr
aus der Hand zu lesen, wunderte Kitty – schließlich schlussfolgerte sie (freilich verkehrt), dass die Kleine nur die Hand ihres Mannes hatte halten wollen.
    Das Mädchen aber, das Kieran so an Brid erinnerte, ward nicht weiter gesehen, doch bald schon sollte es Kitty mit ihren Visionen ähnlich ergehen. Drei in Führung liegende Pferde waren in die

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