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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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und Monate hinweg Sympathie für ihn empfand, dann ein tiefes Mitgefühl und schließlich ein Sehnen, ein Verlangen, ihn zu umarmen und aufzumuntern, ihn zu trösten und …
    Hier bremste sie sich jedes Mal. Sie musste sich wohl ganz und gar vergessen haben. Vor ihr lag die Arbeit, die getan werden wollte. Maggie Tulliver war längst noch nichtdurch die veränderten Handlungsstränge geschleust worden, womit Mary Anns Unvermögen ausgeglichen werden sollte. Kittys Literaturagent, ihr Verleger und natürlich das begierige Publikum warteten mit gesteigertem Appetit und Geld, das sie gern bereit waren auszugeben. Sie musste sich wieder an den Computer setzen und die Wand vor ihrem Schreibtisch anstarren. Sie durfte sich nicht wegrühren, bis ihr die erforderlichen Korrekturen einfielen, bis ein Wort auf dem Bildschirm erschien, dann noch eins und noch eins. Wie angewurzelt musste sie an ihrem Platz bleiben, obwohl es sie schier unaufhaltsam drängte, aufzustehen, ans Fenster zu treten und wieder auf die in Braun gekleidete Gestalt zu schauen, die durch das hohe Gras der Wiesen schlenderte mit den kräftigen Beinen, der schlanken Taille und den großen mit Schwielen bedeckten Händen, durch deren wie dicke Schnüre hervortretenden Venen gewiss Kerry-Blut pochte, obwohl er doch nicht mehr als ein umherwandernder Schatten war, der sich diesseits des Styx befand und dem niemand den Obolus für den Fährmann gab, damit er ihn sicher hinüber in die elysäischen Gefilde brachte.
    Kitty musste zurück an ihren Computer. Wie konnte Maggie so naiv sein und ihrem (nach Freud) unbeherrschten »Es« erlauben, sich einem Mann wie Stephen Guest zuzuwenden, der ihr unmöglich das ersehnte Liebesglück bieten konnte. Natürlich konnte Liebe ihre Ansprüche anmelden, dochwasunmöglichwar, bliebunmöglich, undjede Frau, die sich auf ihre Geschlechterrolle besann, würde gewiss ihre Triebe bezähmen und ihrem Herzen Wünsche verwehren, ehe das Unheil über sie hereinbrach. Gott sei Dank, dass sie, Kitty McCloud, nie einer solchen Sinnwidrigkeit fähig wäre. Niemals. Sie nicht. Bestimmt nicht Kitty McCloud. Niemals. Et cetera.
    Sie musste den leeren Bildschirm fixieren, würde weiterauf die Wand starren. Etwa zu der Zeit hatte sie auch begonnen, ihren Mann zu verdächtigen, dass er sich in Brid verliebt hatte. Beweise dafür gab es genug – wenn sie nur wüsste, wo sie danach suchen sollte.
     
    Der junge Mann jenseits der Rennstrecke stieß mit dem Fuß nach den verstreuten Schnipseln des zerrissenen Tickets. Kitty überlegte schon, ob sie ihren Mann auf den Burschen aufmerksam machen sollte, indem sie etwa sagte: Oh, schau mal! Da drüben steht Taddy! Doch sie unterließ es. War ja auch nicht weiter von Interesse. Und der junge Mann sah eigentlich nicht wirklich aus wie Taddy. Taddy war viel hübscher, wirkte männlicher, nicht so verdrossen. Bestimmt hätte er auch nicht die Reste eines wertlos gewordenen Wettscheins achtlos auf den Boden geworfen. Und dann noch diese Sneaker. Nein, zu dem richtigen Taddy gehörten die nackten Füße, schmutzig und voller Schwielen.
    »Oh, schaumal! Da drüben steht Taddy!«, hörte sie Kieran sagen.
    Kitty sah ihren Mann von der Seite an. Hatte sie zu intensiv nach dem jungen Mann geschaut? War es das, was Kieran veranlasst hatte, hinüberzublicken? Hatte er sie in ihren Grübeleien beobachtet? Sie war erlöst, als sie bemerkte, dass ihr Mann mehr belustigt diese Erscheinung einer Erscheinung betrachtete. Es berührte ihn kaum, wenn überhaupt.
    »Wo?«, fragte Kitty.
    »Siehst du ihn denn nicht? Da, genau gegenüber. Scharrt mit dem Fuß auf der Erde herum.«
    »Ach, den meinst du.« Sie schüttelte nur leicht den Kopf. »Na, ja. Irgendwie ähnlich sieht er schon aus. In der Grafschaft gibt es Taddys wahrscheinlich zu Hunderten. Gehen wir uns jetzt die Pferde fürs nächste Rennen ansehen?«
    »Dich interessiert er wohl gar nicht?«
    »Nicht sonderlich. Mehr als genealogisches Phänomen. Der Genpool von Kerry kann Mutationen leicht umgehen, wie du gesagt hast, und Kopien kommen ab und zu einmal vor.« Sie ging drei Schritte Richtung Sattelplatz, auf dem die Pferde für das nächste Rennen standen. »Kommst du oder kommst du nicht?«
    »Ich dachte, du würdest dich mehr für ihn interessieren. Schließlich ist das Taddy.«
    »Das ist nicht Taddy. Und selbst wenn er es wäre, sehen wir ihn nicht oft genug, mehr als uns lieb ist?«
    Kieran zuckte die Achsen. »Wenn du meinst.« Sie ging noch drei

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