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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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Schritte weiter und wartete, bis Kieran nachkam. Als er bei ihr war, sagte sie: »Wir haben Taddy gesehen. Wir haben Brid gesehen. Können wir uns jetzt auf die Pferde konzentrieren?«
    »Nein. Warte mal.« Kieran blieb stehen. Er lachte schallend los. »Da ist Brid wieder.«
    »Wo?«
    »Du hast sie verpasst. Sie war eben dahinten, bei den Pferdetransportern.«
    »Unsere Brid oder irgendeine andere? Brids scheint’s hier in der Gegend ohne Ende zu geben.«
    »Die von vorhin. Mit dem Top.«
    Es stieß Kitty sofort auf, welcher Teil von Brids Anatomie ihm zuallererst einfiel. Das Top. Die Brüste. Das makellose Fleisch. Die schlanken Arme. Die zarten Hände. Sie war drauf und dran, ihn der Untreue zu bezichtigen, des Bruchs des Ehegelöbnisses, was immer man darunter verstehen wollte. Er hatte sich in Brid verliebt. Jetzt hatte sie den Beweis. Ihr Zorn verlangte nach einer handfesten Auseinandersetzung: Genau das erwarteten Freunde und Nachbarn von ihnen. Die Menge durfte nicht enttäuscht werden. Ihre gebündelten Anklagen, ihre angehäuften Beschimpfungen,ihr Verletztsein, ihre Racheschreie – all das musste sich jetzt entladen. Bei dem Pferderennen von Dingle. Zur Belustigung aller, auch der Fremden und des Fahrenden Volks. Vor den Jockeys und ihren Trainern, den Pferdebesitzern und den Buchmachern. Sie und Kieran waren noch nahe genug bei der Tribüne und konnten so einer würdigen Zuschauerschaft sicher sein. Sollte sie ihn ohrfeigen? Sollte sie weinen? Kurz stellte sie sich auch vor, wie es wäre, sich auf den Rasen zu werfen, doch übertreiben musste man es ja nicht.
    Gleich wollte sie beginnen. Sie würde mit der Wiederholung seiner Bemerkungen anfangen: »Die mit dem Top!« Das würde sie sarkastisch hervorbringen und ihn somit warnen, dass Gefahr im Anzug war. Die Worte lagen ihr schon auf der Zunge. Sie brauchte nur den Mund zu öffnen und sie auf die Welt loszulassen. Wie Killerbienen. Wie aufgestörte Wespen. Wie Stechmücken.
    Doch schon bemächtigte sich ihrer ein anderer Gedanke. Es war Zeit, die Geister loszuwerden. Sie mussten verschwinden. Geeignete Mittel mussten gefunden werden – und sie würde sie finden. Wohin man sie schicken sollte, wusste sie nicht, und es war ihr auch gleichgültig. Sie würden ihre Trauer, ihre Leiden und ihre Ratlosigkeit mit sich nehmen. Ihre Ehe wäre gerettet, ihre aufgewühlte Brust würde besänftigt werden und wieder dem ehelichen Miteinander geneigt sein. Nie mehr würden Brid und Taddy umherwandern, wie sie wollten – wenn sie denn überhaupt etwas wollten. Nie mehr würden sie nach Lust und Laune erscheinen und sich danach entmaterialisieren, wie es ihnen in den Sinn kam oder in den Kram passte. Sie würden frei sein, könnten wandern, wohin sie wollten, beide gemeinsam, zu einem wer weiß wo befindlichen Hort, der ehezerstörenden Geistern offenstand.
    Der Gedanke an ihr Fortwandern – gemeinsam – ließsie innehalten. Wieso sollte auch Taddy vertrieben werden? Ihm war doch nichts vorzuwerfen. Er stellte kaum eine Bedrohung ihrer ehelichen Erwartungen dar. Er war einfach damit zufrieden, in der Burg zu sein. Dem Schwein würde er fehlen. Doch, Taddy könnte bleiben. Aber Brid müsste gehen.
    Derart von ihrem vernunftmäßigen Selbst beruhigt, ging Kitty neben ihrem Gatten her und nahm sogar seine Hand in ihre. Ein dicker Mann in einem schwarzen Anzug, der so abgenutzt war, dass er speckig glänzte, und einem weißen Hemd, das vom vielen Tragen grau geworden war, und einer Krawatte, der man die Mahlzeiten ansah, die zur Fettleibigkeit des Trägers beigetragen hatten, lächelte sie an und nickte ihnen wohlgefällig zu, als sie vorbeigingen. Die alte Mrs. Fitzgerald mit den strahlenden blauen Augen sagte leise: »Gott sei mit euch.« Und Kitty und Kieran erwiderten, wie sie es ihrer Erziehung schuldeten: »Gott und Maria seien mit dir.«
    Ohne den Schritt zu verlangsamen, flötete Kitty so leicht dahin, wie es selbst Vögel nicht vermochten: »Ein Top trug sie, sagst du? Hatte ich schon vergessen. Hatte sie nicht auch einen schwarzen Minirock an?«
    »So, hatte sie? Ist mir nicht aufgefallen.«
    Oh, dieser Heuchler. Kitty wollte schon zu Plan A zurückkehren, bezähmte sich aber. Bald würde ja alles gut sein. Alles würde wundervoll gut werden.

Kapitel 6
     
    Wie stets, wenn Pater Colavin ein einigermaßen zahlungskräftiges Gemeindemitglied erwartete, saß er auch bei Kittys Eintreten über das Hauptbuch der Pfarrei gebeugt. Zu der Gepflogenheit gehörte,

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