Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)
zunackter Angst gesteigert, aber eine gewisse Spannung war bereits entstanden.
Pater Colavinwar, wieversprochen, erschienenundhatte – ohne etwas zu erreichen – neben dem Webstuhl und der Harfe in Anwesenheit von Kitty und Kieran eine Messe zelebriert. Als Kieran von der in Aussicht genommenen liturgischen Feier erfuhr, hatte er sofort vorbehaltlos zugestimmt und sich lediglich gefragt, warum weder er noch seine Frau nicht schon früher an so ein Mittel gedacht hatten, dem bekümmerten Paar zum Frieden zu verhelfen.
Dass er überhaupt keine Einwände erhob, sondern sofort einverstanden war, hatte Kitty als weiteren Beweis seiner Untreue gedeutet. Gewiss hatte er sich nicht getraut, seine Stimme gegen das Ereignis zu erheben. Denn das hätte sogleich Fragen aufgeworfen, die zu beantworten er nicht gewillt war, hätte er dann doch seinen Schmerz über den möglichen Verlust von Brid eingestehen müssen.
Natürlich hätte auch Kitty ihre Probleme mit einem plötzlichen Verschwinden von Taddy gehabt. Sie hätte ihren Verlust gegen den von Kieran abwägen müssen – aber bisher hatte sie sich dergleichen nicht eingestanden, sie hätte ja sonst zugeben müssen, dass ihre Verdächtigungen hinsichtlich Kierans Treubruch etwas mit eigenen Empfindungen zu tun hatten. Also dachte sie lieber nicht ernsthaft darüber nach. Sie konnte es sich einfach nicht leisten.
Zu ihrer Enttäuschung waren die Geister der heiligen Opferhandlung ferngeblieben. Pater Colavin hatte sich auf ihre Anwesenheit vorbereitet; Kitty und Kieran hatten auf den überzeugenden Beweis ihrer Behauptungen gehofft. Nach einem reichhaltigen Frühstück mit Haferbrei, Eiern, Würstchen, Muffins, Kartoffeln und Kaffee hatte sich Pater Colavin verabschiedet und nur darum gebeten, dass man ihn auf dem Laufenden hielt, ob seine Bemühungen einen Erfolg zeitigten. Der Fall war nicht eingetreten. Bridwar zum abendlichen Melken erschienen, und Taddy hatte in Gesellschaft des Schweins den Sonnenschein genossen.
Am Tag danach war es Kieran, der mit der plausibelsten Erklärung für ihre Abwesenheit während der Messe aufwartete. Sie war auf Irisch gelesen worden, war also nicht die lateinische Liturgie, mit der Brid und Taddy vertraut waren. Da sie diesen verbliebenen Rest der Reformen des Konzils nicht kannten, hatten sie zweifelsohne angenommen, die feierliche Handlung stünde unter der Ägide der protestantischen Kirche Irlands – die von ihrem Anbeginn vor etlichen Jahrhunderten der Auffassung war, es habe keinen Sinn, die Liturgie getrennt von den Gläubigen zu feiern; Gott seien ohnehin alle Sprachen geläufig, selbst Irisch. Kieran schlug vor, Pater Colavin solle wiederkommen und eine lateinische Messe lesen, doch Kitty wandte ein, die Wirksamkeit einer Messe hänge nicht davon ab, wer zugegen sei und wer nicht. Die göttliche Gnade sei grenzenlos. Sie hatten gläubig der Mühewaltung ihres Priesters beigewohnt und könnten jetzt auf andere Mittel sinnen, den in Not Befindlichen Frieden zu bringen – wer auch immer damit gemeint sein mochte.
Eine weitere Auswirkung des ungewöhnlichen Wetters – die ständige Überwachung durch die Sonne – war zumindest bei Kitty darin zu sehen, dass sie bei ihrer Arbeit ungeduldig wurde. Natürlich hätte das auch an Brids fortwährender Gegenwart liegen können, nur kam sie erst gar nicht auf diese Möglichkeit. Auf jeden Fall war Kitty gewillt, Maggie Tulliver, Tom und Stephen Guest im Hochwasser des Floss zu ertränken und sich dieser ihr wenig entgegenkommenden elenden Geschöpfe zu entledigen. Doch bevor sie sich zu einer so ruchlosen Tat hinreißen lassen konnte, gab es Abhaltungen, erstens durch die Ankunft von Lord Shaftoe und zweitens durch eine urplötzlich hereinbrechende Sintflut, bei der eine Kuh fastim Bach ertrank und das Schwein in dem auf dem Burghof entstandenen Schlammbad geradezu in Ekstase geriet.
Lord Shaftoes Erscheinen am fünften der Sonnentage war etwas unerwartet. Doch mit einem Mal war er da, der Mann, der von eben dem Lord Shaftoe abstammte, der die Burg von Cromwell als Geschenk erhalten hatte, als Belohnung nämlich für das höchst effektive Abschlachten der ansässigen Bevölkerung in jenen weit zurückliegenden Tagen. Gleichermaßen stammte er auch von dem Lord Shaftoe ab, der von der Verschwörung erfahren hatte, die Burg in die Luft zu sprengen, und der die beiden jungen Leute deswegen hatte hängen lassen. Jene Lordschaft war dann etwas überstürzt aus Furcht vor dem irgendwo
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