Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)
weiteren Umgebung anregen werden.«
»Tanzvergnügen? Partys? Und jedermann ist eingeladen?«
»Oh, nein. Sie missverstehen mich. Berühmte Persönlichkeiten, die schon viel zu lange dieser Gegend ferngeblieben sind, will ich auf die Burg einladen und als Gäste willkommen heißen. Meine fröhlichen Zusammenkünfte werden die Stimmung ringsum beflügeln, und das umso mehr, da von einem derart sichtlich herausragenden Ort wie der Burg eine Vorbildwirkung ausgeht. Ich betrachte es als meine Pflicht, von dieser Stätte aus tonangebend zu wirken, wenn ich das so sagen darf. Und der Ton, den ich zum Nutzen der Landwirte und Fischer, ja selbst der Kätner anschlage, wird andere ermuntern, ebenfalls Lustbarkeiten nach ihrem Geschmack und in Übereinstimmung mit den örtlichen Sitten und Gebräuchen auszurichten. Das leuchtet doch ein, nicht wahr? «
Kittys Ruhe war unerschütterlich, ihre Geduld blieb ihr erhalten.
»Ein weiterer Vorzug meiner Pläne«, fügte Seine Lordschaft hinzu, »sind die Arbeitsplätze, die dadurch geschaffen werden. In dem Stil, in dem ich hier zu leben gedenke, kann ich unmöglich ohne Dienerschaft auskommen. Von Zeit zu Zeit werden weitere Hilfskräfte nötig sein, die ich ausreichend entlohnen werde. Das damit einhergehende Anwachsen des allgemeinen Wohlstands dürfte beträchtlich sein.«
Kitty juckte es, Seiner Lordschaft klarzumachen, dass ihr Land längst nicht mehr der bevorzugte Brutplatz einer willfährigen Klasse von Bediensteten war. Der allgemeine Wohlstand hatte es auch ohne Lord Shaftoes Zutun bereits erreicht. Das Blatt hatte sich gewendet. Während der Touristen-Saison im Sommer wurden Mädchen aus Amerika als Aushilfen in Hotels und Restaurants eingestellt. Auch junge Männer von jenseits des großen Meeres waren als Kellner oder Hilfskräfte willkommen. Lord Shaftoe würde sich seine Dienerschaft eher unter den Studenten amerikanischerColleges zusammensuchen müssen; die Hoffnung, sie unter den Ortsansässigen zu rekrutieren, konnte er begraben. Da Kitty aber von heiterem Gleichmut erfüllt war, fühlte sie sich nicht bemüßigt, Seine Lordschaft mit Realitäten zu verunsichern, auf die er ohnehin stoßen würde. Sollte er doch aus Erfahrung lernen. Schadenfreude drohte ihre Seelenruhe zu verdrängen; als sie aber Mr. Skiddings sagen hörte: »Werden wir nicht in zwei Stunden in Cork zum Dinner mit Ihrer Ladyship erwartet?«, stellte sich ihre Gelassenheit wieder ein.
»Ah, Ihre Ladyship. Richtig. Wir müssen ihr von unserem Abenteuer berichten, es wird sie höchlichst amüsieren.«
Kitty fühlte sich erleichtert, dass man offenbar zum Aufbruch drängte, wunderte sich aber, dass von einer Ladyship die Rede war. George Noel Gordon war, soviel sie wusste, bis dato unbeweibt. Er hatte weder Ehefrau noch Familie, wenngleich er nun, da er Besitzer einer Burg war, einen Erben benötigen würde. Dazu wäre eine Gattin vonnöten. Vielleicht war die erwähnte Lady eine Kandidatin für diese Ehre. Kitty ging weiter durch den Sinn, dass es der armen Frau nicht vergönnt sein würde, ihr zukünftiges Heim kennenzulernen, bevor die für nötig gehaltenen Verunstaltungen vorgenommen wurden.
Vorsichtig wichen die beiden Männer dem Kuhfladen aus, umgingen Pfützen sowohl aus Rindvieh- wie aus Schweinepisse und gelangten schließlich, so schnell sie es in ihrem vornehmen Getue vermochten, ans Tor. »Sie sehen doch wohl auch die Möglichkeiten, die sich uns hier bieten, Mr. Skiddings?«
»Viele, kann ich Ihnen versichern.«
»Schade, dass Sie den Turm nicht besichtigen konnten. Er ist voller Gerümpel, wie fast jeder Winkel hier, aber auch da gibt es ungeahnte Freiräume für Ihre Ideen.«
»Einiges kann ich mir schon sehr gut vorstellen.«
»Und natürlich haben Sie jederzeit meine volle Unterstützung.«
»Ich bin Euer Lordschaft sehr verbunden.«
»Ich muss gestehen, mir liegt ungeheuer viel an Komfort.«
Ohne die herausgeforderte Erwiderung abzuwarten, drehte sich Seine Lordschaft zu Kitty um und sagte mit freudiger Stimme: »Jetzt fällt’s mir wieder ein.
House of Splendid Isolation.«
»Tut mir leid. Edna O’Brien. Abermals daneben!«
»Nein, wirklich? Na, gut.« Damit trat er ins Freie und sagte zu seinem Begleiter: »Für die Burgküche werde ich ein angemessenes Angebot unterbreiten. Frage mich nur, wer die so eingerichtet hat.«
Ohne ein weiteres Wort, ohne Abschiedswinken oder ein Dankeschön gingen die beiden davon, selbst der Nieselregen schien sie nicht zu
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