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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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stimmt’s?«
    »Hast schon recht. Doch er scheint ja nicht hier zu sein. Ich wollte ihm nämlich etwas sagen, ist aber eigentlich gar nicht so wichtig.« Es musste einen Grund haben, dass Lolly sich so ausweichend und fast entschuldigend für ihr Auftauchen hier äußerte.
    »Hast du es mal auf der Burg versucht? Er könnte um diese Zeit dort sein.«
    »Ich wollte erst hier nachsehen. Im Dorf heißt es, er kommt oft hierher – früh am Morgen oder spät am Nachmittag. Die Straßenbauer sehen ihn häufig.«
    »Finden die das nicht merkwürdig?«
    »Irgendwie komisch ist das schon. Kommt ihnen jedenfalls so vor.«
    »Und uns nicht?«
    »Wir finden nichts Merkwürdiges an dem, was Declan tut. Oder, vielleicht richtiger, an allem, was er tut. Wir haben uns daran gewöhnt.«
    »Und das wär’s dann auch?«
    »Wenn er will, dass jemand erfährt, warum er es so und nicht anders macht, dann sagt er es ihm. Jedenfalls sehe ich das so.«
    »Wart mal, mir fällt gerade ein, fahr erst später zur Burg hoch. Er könnte jetzt unten am Moor sein, Schilf schneiden. Muss erst trocknen, bevor er damit Dächer ausflickt.«
    »Danke für den Tipp. Ich kann ihn auch ein anderes Mal aufsuchen.« Kitty wartete, ob noch mehr kam. Und es kam. »Und du?«, fragte Lolly, »willst du sehen, ob vom alten Haus noch was auftaucht?«
    »Nein. Ich habe mich damit abgefunden. Ist mir egal, ob was zum Vorschein kommt oder nicht. Ich habe jetzt ein weit besseres Heim. Doch was ist mit dir? Darf man fragen, was nicht so wichtig ist, was du ihm sagen wolltest?«
    »Ach, nichts, wirklich nichts Besonderes.«
    »Nun machst du es richtig spannend.«
    »Na schön, dann sag ich dir’s, kannst ja davon halten, was du willst.« Lolly setzte sich neben Kitty auf die Abbruchkante der Klippe. Mit dem Schuhabsatz stützte sie sich leicht auf dem Gestein ab; es war ein eingeschliffener Reflex, sie brauchte immer etwas, worauf sie sich stützen konnte.
    Kitty fiel auf, dass die Freundin ein Kleid anhatte. Tagsüber ging sie sonst nie so umher. Es war das Hellblaue aus Leinen, frisch gebügelt, man schnupperte es förmlich. Dieses Blau brachte das Blau ihrer Augen noch mehr zur Geltung – erhöhte, wie jeder sagen würde, ihre Verführungskräfte. Was immer man darunter verstehen mochte.
    »Im Norden hinter Connemara wird ein Dachdecker gesucht. Dort baut man Ferienhäuser. Aaron ist im Internet drauf gestoßen, ich hab die Anzeige ausgedruckt und will sie Declan geben. Man plant, die Bungalows mit Reet zu decken, die Urlauber sollen sich wie in alten Zeiten fühlen. Hier in der Gegend gibt es für ihn nichts mehr zu tun, wenn er mit der Arbeit bei dir fertig ist.«
    Kitty schaute sie von der Seite an. Herausfordernd reckte Lolly den Kopf etwas nach oben und erwartete eine Erwiderung. Kitty fühlte sich nicht bemüßigt, dazu etwas zu sagen. Sie begnügte sich damit, das blaue Kleid angelegentlich zu betrachten und die gehobene Strahlkraft der Augen auf sich wirken zu lassen.
    Lolly wiederum tat völlig gleichgültig, schaute aber Kitty unverwandtan. »Schließlich bin
ich
eine alte Freundin von ihm. Irgendwie muss man dem armen Kerl doch helfen, so völlig am Boden, wie er dieser Tage ist.«
    Kitty richtete den Blick wieder zur See. Ihre Stimme war ruhig. »Wirklich, du bist ihm eine gute Freundin, Lolly, machst dir sogar Sorgen, wo er als Nächstes Arbeit findet. Ich hoffe, der Mann weiß das zu schätzen.«
    Nicht ganz so von oben herab sagte Lolly: »Hier gibt’s für ihn nichts weiter zu tun. Nichts hält ihn hier. Warum sollte er nicht einfach weggehen, wie er es immer gemacht hat? Ein Stück weg von hier findet er schon etwas, das sich lohnt. Hat er doch stets so gehalten. Ich kann da bloß noch drüber lachen.« Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, lachte sie los, und es klang sogar ziemlich echt.
    Kitty wollte schon das Thema wechseln, aber Lolly redete weiter. »Wie närrisch wir damals alle waren. Aber da waren wir viel jünger, richtig junge Dinger waren wir damals. Vergöttert haben wir ihn. Der große dunkle Held war er für uns, der aus ’ner anderen Welt kam.« Erneut lachte sie auf, diesmal nicht ganz so überzeugend. »Er schien nichts weiter im Kopf zu haben als … na, du weißt schon, was. Auch die Schwingen unserer Schutzengel boten keinen Schutz, wahrgenommen haben wir den jedenfalls nicht. Er war gar nicht bloß auf das eine aus; es ging so was Verführerisches von ihm aus, als wäre er der Apfel aus dem Garten Eden, der zum

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